Kanu-Freestyle

"Hauptsache, ich habe Spaß"


Schätzt auch die Donau als Trainingsort: Raphael Scheu vor dem Anlegeplatz des Straubinger Kanu-Clubs. (Foto: mein)

Schätzt auch die Donau als Trainingsort: Raphael Scheu vor dem Anlegeplatz des Straubinger Kanu-Clubs. (Foto: mein)

Von Franziska Meinhardt

Von Freitag bis Sonntag werden viele junge Leute mit kurzen, bunten Booten das Ufer an der Isarwelle in Plattling bevölkern. Denn am Wochenende findet die Deutsche Kanu-Freestyle Meisterschaft statt, die zugleich auch die deutsche Qualifikation für die Weltmeisterschaft im August in den USA ist. Auch ein Straubinger wird dabei sein: Raphael Scheu vom Straubinger Kanu-Club. Im vergangenen Jahr hatte der damals 15-Jährige bei der Bayerischen Freestyle Meisterschaft in München für eine Überraschung gesorgt: Gleich bei seinem ersten Wettkampf holte sich der junge Autodidakt den Junioren-Meistertitel (wir berichteten). Auch der Bayerische Kanuverband wurde auf den sympathischen Kanuten aufmerksam und ernannte ihn zum Freestyle-Paddler des Jahres 2012.

Bei den Wettkämpfen am Wochenende geht es für ihn auch um die Aufnahme in die Nationalmannschaft. Dass seine drei Konkurrenten fast zwei Jahre älter sind als er, macht dem Playboater nichts aus: Für ihn zählen Spaß und Kameradschaft. Einen guten Platz will er natürlich trotzdem erreichen.

Gäuboden aktuell: Am Freitag triffst du auf die deutsche Elite bei den Junioren im Kanu-Freestyle. Hast du deine Konkurrenten schon kennengelernt?

Raphael Scheu: Ja, ein bisschen. Ich habe sie beim Training in Plattling getroffen. Es sind hauptsächlich drei, die sehr, sehr gut und bereits Mitglieder der Nationalmannschaft sind. Mit mir sind wir zu viert - das würde also genau passen, weil vier Junioren in die Nationalmannschaft aufgenommen werden.

Wer sind die anderen Jungs und wie schätzt du deren Können ein?

Raphael: Der Beste, der wahrscheinlich unangefochten wieder den ersten Platz belegen wird, ist Yannick Münchow aus Nordrhein-Westfalen. Er ist NRW-Freestyle-Meister und zweiter Deutscher Meister. Auch ein guter Konkurrent ist Adrian Mattan aus Baden-Württemberg. Ich habe von einigen gehört, dass er sich stark verbessert hat. Und Nils Sommer fährt auch sehr gut.

Das dürfte also spannend werden. Hast du sie schon mal auf dem Wasser gesehen?

Raphael: Ja, auf Video bei YouTube habe ich sie schon fahren sehen.

Wie schätzt du deine Chancen ein?

Raphael: Der Gründer vom Kanuteam Baden, Helmut "HeWo" Wolff, glaubt, dass ich Zweiter werde. Persönlich denke ich aber eher, dass ich Dritter werde.

Deine Konkurrenz ist fast zwei Jahre älter als du: Nils Sommer wird dieses Jahr 18, die anderen sind bereits 18. Du bist Anfang Februar 16 geworden. Findest du das nicht ungerecht?


Raphael: Das war bei der Bayerischen auch schon so. Ich denke, das wird schon. (lacht) Es gilt halt immer das Alter am Anfang des Jahres, da bin ich dann auch irgendwann im Vorteil.

Du hast dich ja wieder ohne Trainer selbst auf den Freestyle-Wettkampf vorbereitet. Hast du dir jetzt mal Tipps von den anderen Fahrern geholt?

Raphael: Ich habe mal zusammen mit Nils Sommer trainiert. Das hilft schon, weil einem jemand, der mehr Erfahrung hat, sagen kann, was man falsch macht. Außerdem habe ich in Plattling den amtierenden Freestyle-Weltmeister, den Briten James "Pringle" Bebbington getroffen, er hat mir beim Phoenix Monkey geholfen. Ich sprach ihn an, weil ich den Move einfach nicht hinbekommen habe. Dann hat er mir gesagt, dass ich den Kopf in eine andere Richtung drehen muss und es hat auf Anhieb geklappt! Und ich wurde schon vom Kanuteam Baden zum Training nach Plattling eingeladen. Die haben mir auch einiges beigebracht.

Vergangenes Jahr in München warst du noch ein Außenseiter: Keiner kannte dich, als du gestartet bist, und dann hast du auch noch ordentlich Punkte abgeräumt...

Raphael: Ja, genau. Das war eine Überraschung für manche. Einer hat mir danach gesagt, er hätte eigentlich gedacht, er würde Bayerischer Meister.

Hat er dir das übel genommen?

Raphael: Nein, überhaupt nicht. Das Verhältnis untereinander ist sehr kameradschaftlich.

Welche neuen Moves hast du gelernt?

Raphael: Ich kann jetzt auch den Loop und den Space Godzilla, das ist im Grunde ein verdrehter Loop, also eine Art Radschlag in der Luft.

Und diese Moves funktionieren jedes Mal?

Raphael: Ja. Außerdem kann ich den McNasty und den Phoenix. Der Back Loop funktioniert noch nicht ganz sauber, da haut es mich noch regelmäßig aus der Walze heraus. Auch am Luna Orbit - auch Back McNasty genannt - arbeite ich noch.

Reicht dir die Donau noch zum Trainieren?

Raphael: Ich war jetzt öfter in Plattling an der Isarwelle, aber die Donau ist wie bisher ein schöner Trainingsort.

Was halten deine Eltern von deinem Hobby?

Raphael: Freestyle-Fahren finden sie gut, Wildwasser nicht so (lacht).

Ist Freestyle-Fahren ungefährlich?

Raphael: Es ist meist ungefährlich, das hängt vom Ort ab. Bei sehr großen Walzen ist es dementsprechend gefährlicher. In Plattling kann man auch Anfänger reinschicken, das Schlimmste, das dort passieren kann, ist, dass man schwimmt und vielleicht danach eine Erkältung hat.

Kannst du dich an deine Anfänge an der Plattlinger Welle erinnern?

Raphael: Ja, die Welle sieht am Anfang schon beeindruckend aus, aber sie ist einfach nur groß, und wenn man dort kentert, ist man gleich aus dem Boot heraus.

Wie stellst du dir vor, wie es weitergehen könnte?

Raphael: Nächstes Jahr, wenn die 18-Jährigen nicht mehr für die Junioren fahren, könnte ich Deutscher Meister werden. Auf internationaler Ebene gibt es aber viele professionelle Paddler. Und Kajak ist nicht wie Fußball: Vom Kanufahren lässt es sich definitiv nicht leben. Aber ich will es weiter als Hobby betreiben. Ob ich jetzt in die Nationalmannschaft komme oder nicht, ist sekundär. Hauptsache, ich habe Spaß!

Aber willst du sehen, wie weit du kommst?

Raphael: Definitiv. 2014 ist EM, mal schauen, was ich da schaffe. Da sind die Junioren auch sehr stark besetzt. Es gibt Leute wie Bren Orton, die fahren über 1000 Punkte in einem Lauf, weil sie Kombos machen, zum Beispiel einen Luna Orbit und einen Loop, oder einen McNasty und direkt darauf einen Phoenix Monkey. Das ist extrem schwierig.

Du bist im Straubinger Kanu-Club sehr aktiv. Hast du auch andere Kanuten vom Freestyle überzeugen können?

Raphael: Ja, zum Beispiel Tobias. Er fährt seit einigen Monaten Kanu, und gleich nach ein paar Wochen ist er in Freestyle eingestiegen. Er fühlt sich super wohl dabei.

Du bist sozusagen sein Trainer?

Raphael: Ja, kann man so sagen.

Hoffst du bei der DM auf viele Zuschauer, die du kennst und die dir die Daumen drücken?

Raphael: Nein, lieber nicht, sonst wäre ich noch nervöser! (lacht).

Danke für das Gespräch und toi, toi, toi!

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Bei einem "Air Loop" wird das Boot komplett aus dem Wasser herausgehoben. (Foto: privat)

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Wasserkontakt erwünscht: Raphael Scheu in der Plattlinger Isarwelle. Bei einem Freestyle-Wettkampf geht es darum, während eines Laufs von 45 Sekunden möglichst viele Figuren ("Moves") zu machen: Je spektakulärer sie sind, desto mehr Punkte gibt es. (Foto: privat)