Landkreis Regensburg
Eine Frau wacht über den Bock: Seit über 15 Jahren in einer Männerdomäne
22. September 2015, 9:47 Uhr aktualisiert am 22. September 2015, 9:47 Uhr
Dass der Kneitinger Bock bei Alt und Jung, Mann und Frau gleichermaßen beliebt ist, liegt ja nicht nur am traditionellen Rezept und der handwerklichen Brauweise. Auch die Brauer selbst sorgen mit ihrem Gefühl, Wissen und Können dafür, dass der besondere Sud jedes Jahr ein bisschen anders schmeckt und doch unverwechselbar bleibt. Bei der Stiftungsbrauerei in der Kreuzgasse sorgt Brauerin Gisela Regn dafür, dass der Laden so läuft, wie er soll. Inzwischen seit über 15 Jahren.
"Freilich ist das ein Männerberuf", schmunzelt die 46-Jährige, die aus Auerbach in der Oberpfalz stammt. Aber seit sie ihre Lehre gemacht hat, habe sich vieles verbessert, vieles sei einfach leichter geworden. "Früher gab es ja nur die Holzfässer, die haben mit 30 Litern Inhalt fast einen Zentner gewogen. Und die musste man von Hand bewegen." Ein modernes KEG-Fass aus Alu und Kunststoff wiegt mit demselben Inhalt nur noch etwa 34 Kilo. Trotzdem bleibt es ein technischer Beruf, und dafür muss man sich interessieren.
Einen "Girls'Day" gab es damals noch nicht
Gisela Regn wurde diese Neugier in die Wiege gelegt. Der Vater war Sägewerker und sie konnte als Kind viel Zeit mit ihm verbringen: "Ich bin im Sägewerk groß geworden." Gerne hätte sie dann auch einen Handwerksberuf ergriffen, "Zimmerer oder Mechaniker wollte ich lernen, aber das waren noch andere Zeiten". Wenn eine Frau mit zupackt, "da sagen die Leut', wir leben noch hinterm Mond", das hörte sie bei etlichen Bewerbungsgesprächen. Einen "Girls'Day", bei dem Mädchen für technische Berufe begeistert werden sollen; sowas konnte sich damals niemand vorstellen. Und so musste sie sich allein durchschlagen, als Monteurin oder Lastwagenfahrerin.
Erst mit 30 bekam sie dann die Chance, bei Kneitinger in die Lehre zu gehen. Heute ist sie die dienstälteste Gesellin in der Produktionsanlage, abgesehen von den beiden Spezialisten, die den Sud einkochen. "Aber sonst muss bei uns jeder alles können" - derzeit acht Gesellen und zwei Lehrlinge folgen ihr da aufs Wort. "Ein schöner Beruf", schwört sie. Weil der Lohn zum Teil flüssig ist, Haustrunk heißt das, "hat man als Bierbrauer viele Freunde und eine große Familie".
Braumeister Albert Kellner muss sich immerhin blind auf seine Mannschaft verlassen können. Wenn Bestellungen einlaufen, Lieferungen hergerichtet werden, wenn abgefüllt oder filtriert wird, dann muss ein Rad ins andere greifen. Die Lagerkeller, wo aus dem Sud letztlich das goldgelbe bis kräftigbraune Elixier herangärt, sind das eigentliche Herz der Brauerei. Pumpen, Schläuche und Rohre, alles peinlich sauber gereinigt, halten den Bierkreislauf am Sprudeln. Und seit Juli liegt hier unten auch der Bock, das klassische Regensburger Winterbier und Allheilmittel gegen Trübsinn, Langeweile und sonstige herbstliche Sperenzchen. Anders als ein schneller gereiftes Sommerbier, konnte der Bock wieder gut sieben Wochen an seinem malzig-frischen Aroma arbeiten.
Etwas süßer und dafür nicht so herb
"Heuer haben wir ihn auch wieder etwas süßer gemacht", berichtet die Brauerin, "letztes Jahr war er zu herb". Mit 6,5 Prozent Alkohol und 16,8 Prozent Stammwürze ist er inzwischen zum Großteil schon bei den Wirten angekommen. Entweder vom Fass oder in der Flasche kann man ihn genießen. Wie lange die insgesamt rund 600 Hektoliter dieses Jahr halten werden, das hängt immer auch stark davon ab, wie groß der Zuspruch bei den Bockanstichen sein wird. Die beginnen übrigens traditionell am 1. Oktober im Stammhaus; der Oberbürgermeister höchstpersönlich schwingt den Klüpfel.