Wörth an der Donau

Ein Happy-End für drei völlig hilflose Igelbabys


Mitte August hatten sich "Katja", "Sandra" und "Anna" schon prächtig entwickelt. (Foto: Schmautz)

Mitte August hatten sich "Katja", "Sandra" und "Anna" schon prächtig entwickelt. (Foto: Schmautz)

Von Redaktion idowa

(mas). Am 1. August fand Felix, der sechsjährige Sohn der Familie Schmautz, mitten im Rasen des eigenen Gartens drei völlig hilflose kleine Igelbabys. Von der Mutter leider keine Spur ! Die Babys waren unterkühlt. Sofort reagierte die Familie, hörte sich um und bekam von einer Nachbarin einen Tipp: "Ich kann mich an einen Bericht in der Donau-Post erinnern. Da gibt es jemanden in Sulzbach, der sich um kranke oder hilflose Igel kümmert !" Die Telefonnummer war bald gefunden. Der Kontakt wurde aufgenommen. Und schon machten sich Vater und Sohn auf in Richtung Sulzbach.

Igel-Spezialistin Uli Bauer richtete derweil schon alles Notwendige her. Die kleinen Igel wurden sofort gewogen und kamen in einen Behälter, der mit einer Wärmflasche ausgestattet war. Auch Spezialnahrung stand schon bereit. Für Uli Bauer und ihre Tochter Melanie standen dann mühsame Tage bevor, denn die Igelbabys mussten alle zwei Stunden - Tag und Nacht - gefüttert werden.

Die Igel "Anna", "Sandra" und "Katja" wogen zwischen 44 und 49 Gramm und waren rund fünf Tage alt. Die Überlebenschancen bezifferte Igelmutter Uli Bauer auf rund 40 Prozent. Sie kümmerte sich rührend um die Kleinen. Und das mit Erfolg ! Alle drei nahmen stetig zu.

Am 3. September kamen sie dann zurück an ihren Geburtsort Wörth. Sandra (523 Gramm) wird nun im Wörther kinder-reich, an einem stillen Plätzchen weitab vom Spielplatz der Kinder, ausgewildert. Anna (427 Gramm) und Katja (460 Gramm) kamen zurück in den Garten, in dem sie gefunden wurden.

Igel sind Einzelgänger, müssen ab einem gewissen Gewicht getrennt werden. Insgesamt werden die Igel nun eine Woche in einem Gehege gehalten, um sie langsam an die "Wildnis" zu gewöhnen. Pünktlich um 18.30 Uhr werden sie gefüttert. Kommende Woche wird dann das Gehege entfernt. Dann können sich die Igel entscheiden, ob sie bleiben oder sich in der Nähe ein Nest bauen wollen. Als Starthilfe wird auch weiterhin eine Futterbox für sie bereitstehen.

Aus den drei hilflosen Igelbabys wurden also stattliche Igel, die in wenigen Wochen für den Winterschlaf bereit sein werden. Jener beginnt für die Männchen Anfang Oktober, für die Weibchen Ende Oktober, für die Jungigel, die heuer geboren wurden, Mitte November.

Uli Bauer ist sehr engagiert, half beispielsweise im Jahr 2011 gut 100 Igel um zu überleben und sich anschließend in der freien Natur zurechtzufinden. Vor wenigen Wochen wurde sie für ihr Engagement auch vom Donaustaufer Bürgermeister Sommer geehrt. Gerne stand die "Igelmutter" Rede und Antwort.

Frau Bauer, wie kamen Sie zu diesem "Job"?

Uli Bauer: Vor ein paar Jahren fand ich selbst einmal einen kleinen Igel, der Hilfe bedurfte. Ich brachte ihn zum Tierarzt, jener nahm sofort Kontakt zu einem Igelspezialisten auf. Dieser bat mich, die Pflege selbst zu übernehmen, weil er aus allen Nähten platzen würde. Jedoch leitete er mich an, gab mir Tipps und Literatur. Und so ging es los ! Zuerst waren es vier, dann elf, danach irgendwann rund 100 Igel pro Jahr. Inzwischen bin ich im weiten Umkreis bekannt. Auch das Tierheim gibt meine Adresse weiter. Beispielsweise bis aus Burglengenfeld oder aus dem Raum Straubing werden Igelbabys oder verletzte Tiere zu mir gebracht. Die Pflege und Aufzucht ist sehr zeitintensiv, man muss Tag und Nacht bereit stehen. Jeder Schritt muss protokolliert werden.

Wie schaffen Sie es, das enorme Arbeitspensum zu erledigen? An Schlaf ist da ja kaum zu denken...

Uli Bauer: Mir ist bewusst, dass die Igel ohne Hilfe nicht überleben würden. Und das verleiht ungeahnte Kräfte. Aber ich hätte da einen ganz anderen Traum: Und zwar würde ich gerne mithelfen, ein Igelkrankenhaus einzurichten. Dazu wäre ein Gebäude nötig, in dem die Igel unter fachmännischer Anleitung gepflegt werden. Dort könnten auch Vorträge und Seminare abgehalten werden. Doch leider habe ich bisher noch niemanden gefunden, der mich in organisatorischer Hinsicht unterstützen würde. Ich hätte viele freiwillige Helfer an der Hand, aber keinen, der den Aufbau mit übernehmen würde. Der Landkreis hat mir sogar zugesichert mitzuhelfen, wenn ein Konzept stehen würde. Doch so etwas erfordert viel Zeit, vor allem es zu Papier zu bringen ! Ich kann das nicht alleine bewerkstelligen. Ich bin sicher, dass pro Jahr mindestens 200 hilfsbedürftigen Igeln geholfen werden könnte.

Worauf muss man achten, wenn man beispielsweise ein Igelbaby findet?

Uli Bauer: Meistens findet man nicht eines, sondern gleich drei bis sieben Stück. Das Wichtigste ist, dass man sehr rasch handelt. Es geht, meist um Stunden, die über Leben und Tod entscheiden. Es gilt, sofort einen Fachmann zu kontaktieren. Die Igel werden dann beispielsweise von mir oder unter Anleitung gepflegt. Wenn sie dann schwer genug sind, kommen sie wieder an ihren Heimatort zurück. Falls das jemand nicht möchte, habe ich auch Leute bei der Hand, welche die Auswilderung übernehmen würden. Ich habe umfangreiches Material, vieles davon habe ich selbst zusammenstellt oder verfasst. Die Auswilderung ist kein Problem. Ich stehe täglich von 8 bis 22 Uhr für Fragen bereit. Aber man muss sich im Klaren sein, dass ein Igel ein Wildtier und kein Haustier ist. Das Tier sollte in Ruhe gelassen werden. Ständiges Streicheln, herumreichen oder herzeigen ist für einen Igel nicht förderlich.

Warum sind Igel gefährdet?

Uli Bauer: Die Lebensräume für Igel oder auch andere heimische Tiere werden immer kleiner. Ein ausgewachsener Igel bewegt sich in einer Nacht in einem Radius von bis zu drei Kilometern. Immer mehr Igel wagen sich nun aus Not in die Wohngebiete. Dort finden sie unter anderem Nahrung in Komposthaufen. Igel ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Käfern und auch von Maden. Sie sind also wichtige Nützlinge ! Ein ausgewachsener Igel frisst in einer Nacht ungefähr 200 Gramm. Da kann man sich natürlich vorstellen, welche Menge an Nahrung er finden muss. Tut er das nicht, muss er auf Schnecken und Regenwürmer zurückgreifen. Eigentlich würde dies nur zehn Prozent seiner Nahrung ausmachen, doch da er von seinen Hauptnahrungsmitteln nicht mehr genügend findet, muss er sich vor allem damit begnügen. Wer sich für das Thema interessiert, ist auf der Homepage http://www.pro-igel.de/ bestens aufgehoben.