Straubing-Bogen

Brustkrebs und der Kampf gegen die Zeit und eine Krankenkasse


Symbolbild: Angelika Warmuth/dpa

Symbolbild: Angelika Warmuth/dpa

Anna Binder (Name geändert) ist ratlos. 2011 wurde bei ihr eine Vorstufe von Brustkrebs diagnostiziert. Es folgten viele Arzt- und Krankenhausbesuche, Eingriffe und Operationen. Letztlich wurde eine Brust ausgehöhlt, die zweite muss bald folgen. Anna Binder will den Eingriff allerdings erst durchführen lassen, wenn sie sicher ist, wie ihre Brüste rekonstruiert werden können. Doch darüber streiten sie und ihre Krankenkasse sich nun schon seit Monaten.

Bereits 2011, nach der Amputation ihrer ersten Brust, erkundigte sich Binder bei einem Plastischen Chirurgen in München nach den verschiedenen Möglichkeiten einer Rekonstruktion. "Ich fühle mich noch nicht alt genug, um ohne Brüste zu leben", betont sie. Ein Implantat kommt laut Arzt für sie allerdings nicht infrage. Ihre Haut sei durch die Operationen zu dünn, um ein Silikonkissen zu halten. Mit einem Implantat habe sie sich allerdings sowieso nie wirklich anfreunden können, sagt die 52-Jährige. Sie leide an verschiedenen Allergien und fühle sich nicht wohl mit dem Gedanken. Viel mehr als die Allergien stört sie jedoch die Gefahr der Kapselfibrose. Dabei stößt der Körper das Implantat ab. Eine Abwehrreaktion, die bei bis zu 80 Prozent der Patientinnen auftritt.

Sie habe sich viel zu diesem Thema informiert, habe Kongresse und Vorträge besucht. "Aber für mich hat sich nichts wirklich rund angefühlt", bekräftigt sie. Bis ihre Gynäkologin sie auf ein neueres Verfahren aufmerksam machte: das Lipofilling.

Bei diesem Verfahren wird in mehreren Sitzungen Eigenfett gespritzt und so die Brust nach und nach aufgebaut. Ein Verfahren allerdings, das Anna Binders Krankenkasse, die Barmer GEK, und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kategorisch ablehnen.

"Die aktuelle Datenlage ist nicht ausreichend"

"Die GEK stößt an die Grenzen ihrer Möglichkeiten, Frau Binder zu unterstützen", sagt Stefani Meyer-Maricevic, Pressesprecherin der Barmer GEK Bayern. Denn das Lipofilling sei eine noch recht neue, nicht überprüfte Methode. Deswegen sei Anna Binders Antrag auf die Übernahme der Kosten für die Methode von der Barmer an den MDK weitergeleitet worden.

"Das Verfahren des Lipofillings kann vom MDK bisher grundsätzlich nicht befürwortet werden. Die aktuelle Datenlage ist nicht ausreichend, um einen klinischen Nutzen und eine medizinische Notwendigkeit sicher zu belegen", heißt es dazu vom stellvertretenden Geschäftsführer des MDK Bayern, Max Peter Waser. Anna Binders Antrag wurde vom MDK also abgelehnt.

"Im Ablehnungsschreiben ist überhaupt nicht auf meine Atteste oder Argumente eingegangen worden." Anna Binder ist verzweifelt. Baldmöglichst sollte ein Termin feststehen, für die Aushöhlung der zweiten Brust. Ohne die Zusicherung, die Brust sofort mit der ihr einzig logisch erscheinenden Methode rekonstruieren lassen zu können, verschiebt sich dieser Termin allerdings immer weiter.

Der Streit um die Behandlung ist für Anna Binder psychisch eine enorme Belastung. "Reicht es denn nicht, eine solche Krankheit zu haben", fragt sie sich immer wieder. Zur Angst vor dem Krebs kommt auch die Auseinandersetzung mit den Sachbearbeitern der Barmer. Bei zahlreichen Telefonaten sei der Ton der Mitarbeiter immer unverschämter geworden, sagt sie. Eine Sachbearbeiterin habe sie sogar gefragt, ob ihr ihre Brüste denn wirklich so wichtig seien. Eine anmaßende Frechheit, findet die 52-Jährige.