Pfleger bedroht
Nach Geiselnahme: Anklage gegen vier Patienten des BKH Straubing erhoben

Christoph Urban
Der Gang zur Pforte im BKH Straubing. Hierhin sollen die Patienten die Geisel geschleppt haben, um rausgelassen zu werden. (Archiv)

Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat Anklage gegen die vier Männer erhoben, welche im August 2024 zeitweise aus dem Bezirkskrankenhaus (BKH) Straubing geflüchtet waren. Das teilt die Staatsanwaltschaft am Freitag mit. Die Tatvorwürfe lauten demnach auf gemeinschaftliche Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Bei einer Verurteilung droht den Angeschuldigten die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.
Wie mehrmals berichtet, war den Patienten am 17. August 2024 die Flucht aus dem Bezirkskrankenhaus gelungen. Ihnen wird vorgeworfen, dabei einen Mitarbeiter als Geisel genommen zu haben. Sie sollen diesen mit Fäusten und Füßen zu Boden geschlagen, gefesselt und daraufhin mit einer spitzen Spiegelscherbe bedroht und misshandelt haben. Unter dem Eindruck der Drohung öffneten Kollegen des Mitarbeiters den Männern mehrere Pforten. Danach sollen sie den Mitarbeiter freigelassen haben und zu Fuß in Richtung des Stadtteils Alburg geflohen sein.
Die Flüchtigen konnten später binnen weniger Wochen alle wieder verhaftet werden. Zwei der vier Angeklagten befanden sich nach ihrer Flucht in Österreich in der Nähe von Graz. Nach ihrer Unterbringung in einer JVA in Österreich wurden diese nach Deutschland überstellt. Die beiden weiteren Flüchtigen befanden sich bei der Festnahme im bulgarisch-griechisch-türkischen Dreiländereck und wurden aus der Türkei nach Deutschland überstellt.
Laut Staatsanwaltschaft haben sich die Männer bislang nicht im Kern zu den Vorwürfen geäußert. Zudem muss sich einer der vier Angeschuldigten wegen unerlaubten Handels und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten. Die Angeklagten befinden sich derzeit in Straf- und Untersuchungshaft. Das Landgericht Regensburg hat nun über die Zulassung der Anklage zu entscheiden. Wann der Prozess genau stattfinden wird, steht noch nicht fest. Für die Männer gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Nach den Geschehnissen im vergangenen Jahr äußerte sich unter anderem Sozialministerin Ulrike Scharf im Gespräch mit unserer Mediengruppe zu der Flucht. Auch der Chefarzt des BKH Straubings sowie Klinikleiter Prof. Joachim Nitschke sprach über die Aufarbeitung und die Konsequenzen der Geiselnahme.
Im BKH Straubing werden rund 220 psychisch kranke Straftäter therapiert. Sie sind dort von einem Gericht untergebracht worden, weil sie zwar eine Straftat begangen haben, aber aufgrund einer psychischen oder Sucht-Erkrankung als vermindert schuldfähig oder schuldunfähig gelten.
Das BKH blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Eröffnet 1990, wurden dort fast 30 Jahre lang nur Straftäter, die nach Paragraf 63 StGB eingewiesen wurden, verwahrt. Das sind Patienten, die an einer psychischen Erkrankung leiden. Nach einer Reform des Maßregelvollzugs in Bayern werden im BKH Straubing seit 2020 auch Patienten nach Paragraf 64 StGB, also Suchtkranke, behandelt. Die vier Männer, gegen die nun Anklage erhoben wurde, waren wegen einer Suchterkrankung eingewiesen worden. Allerdings hatte die Klinik einen Therapie-Abbruch für sie beantragt, um sie zurück in eine JVA zu verlegen. Dieser Verlegung kamen sie mit ihrem Ausbruch zuvor.