Stehaufmanderl

Vor einem Jahr ist Matthias Keck gefallen - aber nie unten angekommen

Seit einem Sturz, sechs Meter in die Tiefe, ist unser Redakteur Matthias Keck querschnittsgelähmt. Trotzdem steht er mitten im Leben, nur halt im Sitzen.


An dem Absatz in der Mauer hinter ihm ist Matthias Keck vor einem Jahr ins Leere getreten.

An dem Absatz in der Mauer hinter ihm ist Matthias Keck vor einem Jahr ins Leere getreten.

Ein paar letzte Strahlen schickt die Sonne noch Richtung Burg Trausnitz. Matthias Keck steht oben an diesem 30. Mai vor einem Jahr, schaut runter. Auf die Stadt Landshut, sie liegt ihm zu Füßen, ach was, die ganze Welt tut das. Alles voller Möglichkeiten, wie das eben so ist mit 21 Jahren. Eine Stunde später balanciert Keck auf der Mauer dort am Prantlgarten entlang, sie ist schulterhoch auf der einen Seite, auf der anderen geht es sechs Meter in die Tiefe. Er tapst durch das Halbdunkel, der letzte Schritt seines Lebens geht ins Leere - auf der falschen Seite der Mauer. Dann fällt er.

"Das wars", denkt er nur. Kein Bedauern, keine Reue, keine Angst. Nur die Gewissheit, dass sein Leben gleich vorbei ist. Oben auf der Burg hat sich die Luft noch warm auf seiner Haut angefühlt. Jetzt rauscht sie nur so an ihm vorbei - kalt, schneidend, immer schneller, sechs Meter lang. Unten schlägt Keck in der Wiese auf, der Aufprall zerschmettert seinen elften Brustwirbel. Alles schwarz, bevor er doch noch die Augen öffnet. Er tastet nach seinen Beinen, spürt den Druck aber bloß in seinen Fingern. Ein Freund ruft den Krankenwagen, Keck röchelt. Jetzt nur liegenbleiben, nicht noch mehr kaputtmachen. Das hat er irgendwo mal gelesen. Einatmen. Stemmen gegen das tonnenschwere Gewicht, das ihn in die Wiese zu drücken scheint. Ausatmen, wach bleiben, Atemzug für Atemzug, Minute für Minute, überleben. Dann kommen die Sanitäter.

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