Landauer Zeitung

Wegen Mordes riskiert er sein Leben


Von Redaktion idowa

Landau.In der ZDF-Krimiserie "Der Alte" löste Charles M. Huber (54) viele Jahre Kriminalfälle nach Drehbuch. Jetzt hat es der Schauspieler mit einem echten Mord zu tun. Das Drehbuch schrieb die Wirklichkeit. Und diesmal ist keine Kamera dabei.

Das Opfer ist Christl K. (+ 68) aus Landau/Isar. Im Jahr 2000 war sie nach Warrang im Senegal ausgewandert, heiratete den 30 Jahre jüngeren Oumar B. Kurz vor Weihnachten 2010 erkrankte Christl unter mysteriösen Umständen, worauf sich ihre Familie mit Charles M. Huber in Verbindung setzte, der aus einem Nachbardorf in Niederbayern stammt, im Senegal die Hilfsorganisation "Afrika direkt e.V." betreibt und auch mit Christl K. befreundet war. Ihren Tod am 31. Dezember in einer Klinik in Dakar konnte auch Huber nicht mehr verhindern. Aber er ist sicher, dass es sich um einen Mord handelt - und ermittelt nun auf eigene Faust:

Herr Huber, Sie ermitteln im Senegal in einem mysteriösen Todesfall. Und zwar dieses Mal nicht als Schauspieler, sondern in der Realität!
Charles M. Huber: Das stimmt. Und dieser Fall wird immer mysteriöser.

Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass Sie in einem echten Mordfall ermitteln?
Charles M. Huber: Nun, was soll ich tun? Die Verwandten haben mich gebeten, ob ich helfen kann. Ich kenne die Ermordete noch aus meiner Heimatstadt in Niederbayern. Und die Verwandten sind hier hilflos. Wer kennt sich denn in Afrika aus? Mit der Sprache, mit der Mentalität, mit den Behörden. Ich bin schon lange hier, bin hier auch politisch tätig. Afrika ist mein Feld, von der Politik über das soziale Engagement bis zum kulturellen Engagement. Und es ist, glaube ich, nachvollziehbar, dass es mich einfach interessiert, wie ein Mord hier passieren kann. Es ist wirklich eine unerfreuliche Geschichte.

Die Ermordete, Christl K., hat sich in einen Mann aus dem Senegal verliebt, ihn geheiratet und auch einen Ehevertrag gemacht, in dem Monogamie und Gütertrennung vereinbart wurde. Kann man also davon ausgehen, dass sie das Geld mit in die Ehe gebracht hat?
Charles M. Huber: Oumar, so heißt der Witwer, ist 30 Jahre jünger als sie und arbeitslos. Ich gehe davon aus, dass es eine einseitige Liebesheirat war.

Und Sie gehen von einem Mord aus?
Charles M. Huber: Ich habe gestern im Zuge meiner Ermittlungen noch mit einer Zeugin vor Ort gesprochen. Sie hat mir erzählt, was Christl für Infusionen verabreicht wurden. Ihre Hände und Füße waren anschließend blau. Das war am 18. Dezember. Und am 29. Dezember wurde sie erst eingeliefert. Dann wurden ihr vorher noch Drogen verabreicht, so wie es aussah. Das Ganze ist wirklich unglaublich.

Hat das der Ehemann gemacht? Oder wer hat ihr die Drogen und Infusionen gegeben?
Charles M. Huber: Ich war nicht dabei. Auf alle Fälle muss es jemand aus ihrer unmittelbaren Umgebung gewesen sein. Und da kommen nur drei Personen infrage: Der Ehemann, ein Freund des Ehemannes und die Haushaltshilfe. Das waren die einzigen Personen, die sich im Haus aufgehalten haben. Entweder einer von denen oder alle zusammen müssen es gewesen sein. Es geht auch um eine Droge, die hier unter der Hand gehandelt wird, um Leute, die aufbegehren, mundtot zu machen. Es gab in dieser Ehe immer wieder Streit um Geld, da er natürlich immer Geld von ihr wollte. Und mit dieser Droge konnte man sie "ruhig stellen". Es ist ein weißes Pulver, es sieht so aus, als ob es kein Naturprodukt ist, aber es ist hier im Land bekannt. Diese Droge wurde ihr gegeben. Das erklärt auch den verwirrten Geisteszustand, den sie kurz bevor sie starb bzw. teilweise auch in den letzten vier Wochen hatte. Und äußerst mysteriös ist auch der angebliche Arzt, der herbeigerufen wurde. Der mit viel zu großen Cowboystiefeln kam und den niemand kannte. Mit Sicherheit war das kein echter Arzt. Da wurde ihr dann eine Infusion verabreicht, nach dieser Infusion wurden ihre Hände und Beine blau. Ich habe von der Zeugin heute Fotos bekommen, die sind unglaublich. Dazu kommen nämlich noch Ödeme, die sich an anderen Körperstellen ausgebreitet haben. Am Arm, am Gesäß, an den Beinen, das sieht schlimm aus. Diese Fotos sind jetzt auch, nachdem die Familie Strafanzeige erstattet hat, Gegenstand der Ermittlung.

Was interessant ist, dass Sie im Fernsehen einen Polizisten gespielt haben und jetzt tatsächlich als eine Art privater Polizist recherchieren.

Charles M. Huber:
Das ist schon richtig. Ich habe hier mittlerweile einen Bericht erstellt über den gesamten Tagesablauf, in dem jede Stunde aus den letzten Wochen der Toten verzeichnet ist, die ich mittlerweile ermittelt habe. Ich weiß nicht, ob das mit meiner Fernsehkarriere zu tun hat, aber ich denke, dass man so etwas machen muss.

Wenn man in Drehbüchern immer wieder gelesen hat, wie gewisse Sachen funktionieren, geht einem das in Fleisch und Blut über. Auch wenn man kein echter Polizist ist. Man kennt den Ablauf.
Charles M. Huber: Das ist richtig. Auf jeden Fall weiß ich, wie in Deutschland der Ablauf ist. Wobei hier natürlich noch dazu kommt, dass die rechtliche Situation zum Teil eine andere ist. Strafrechtlich gibt es Unterschiede. Ich ermittle hier eher wie ein niederbayerischer Polizist (lacht). Ich habe ja auch ein paar Ehrentitel. (Huber ist Ehrenkommissar der bayerischen Polizei, die Red.).

Ist an den Witwer von Christl schon irgendetwas ausbezahlt worden?
Charles M. Huber: Nein, die beiden hatten Gütertrennung vereinbart, und ihr Konto ist in Deutschland. Auch das Haus gehört ihm offiziell nicht. Aber, und da sind wir wieder in Afrika, das interessiert ihn einfach nicht. Ihr gehörte ein großes Haus am Meer, das mehrere 100000 Euro wert ist. Ich gehe von einer einseitigen Liebesheirat aus. Das ist halt so, wenn jemand hier eine 30 Jahre ältere Frau heiratet. Und er nimmt sich das Haus jetzt. Ob er ein Recht darauf hat oder nicht. Er hat das Haus jetzt vermietet, da ist eine Art Bordell mit Prostituierten und Drogendealern drin, und dagegen kann die Familie von Deutschland aus nicht viel tun. Ich habe bei meinen Recherchen dort kürzlich erst einen stadtbekannten Drogenhändler gesehen.

Wenn man diese Geschichte als Drehbuch lesen würde, wäre sie hanebüchen.
Charles M. Huber: Aber die Wirklichkeit ist noch viel kreativer. Und extremer.

Was denken Sie, wie lange Sie noch ermitteln werden?
Charles M. Huber: Das weiß ich noch nicht. Ich stelle ja hier die Nachforschungen an, weil ich auch persönlich in die Sache involviert bin. Die Frau kommt aus einem Ort, zehn Kilometer entfernt von meiner Heimat in Niederbayern. Sie hat mir hier im Senegal zur Einweihung ein Kaffeetassenservice geschenkt. Ich kenne sie, wir haben denselben Dialekt gesprochen. Und ich weiß, wenn sich die Verwandten hier nur an die Polizei in der Hauptstadt wenden, passiert überhaupt nichts. Darum haben die mich auch kontaktiert und gebeten zu helfen.

Ist der Senegal ein sehr gefährliches Land?
Charles M. Huber: Nein, ganz im Gegenteil. Senegal ist eigentlich ein sehr sicheres Land. Aber wie überall driftet auch hier die Schere zwischen arm und reich stark auseinander. Und die Bandagen werden härter. Aber ich weiß in 30 Jahren nur von vier Mordfällen. Und dabei ging es immer um Haus und Grund. Wie eben auch in diesem Fall. Aber grundsätzlich ist es ein sehr sicheres Land. Darum siedeln sich auch viele Europäer an, weil es ganz anders ist als in Ostafrika. In Nigeria ist es zum Beispiel wesentlich gefährlicher. Aber hier ist so etwas außergewöhnlich, und die Leute betrachten es auch als eine große Schmach für ihre Dorfgemeinschaft, was hier passiert ist. Ich habe mich politisch immer sehr stark für dieses Land engagiert. Ich baue hier auch für meinen Verein "Afrika direkt e.V." eine große Schule. Das würde ich sicherlich nicht tun, wenn das ganze hier eine einzige No-go-Area wäre.

Umso tragischer, dass es dort jetzt so einen schlimmen Mordfall gibt.
Charles M. Huber: Es ist tragisch, dass es ihn gibt, dass er mich betrifft und dass ich weiß, dass sich niemand anders dafür eingesetzt hat.

Die Polizei vor Ort ist nicht involviert?
Charles M. Huber: Die Polizei vor Ort ist informiert, aber sie tut nichts. Gar nichts. Vielleicht jetzt, durch den Druck, den ich mache. Ich habe ja auch Beziehungen zur Regierung. Und da mittlerweile auch Druck auf mich ausgeübt wird, bin ich mittlerweile auch persönlich an der Auflösung des Falles interessiert. Ich bin in diesem Land bekannt, man weiß, dass ich nicht ängstlich bin. Und ich nehme die persönlichen Bedrohungen in Kauf. In dieser Geschichte muss ich mit allem rechnen. Aber ich gelte hier als unnachgiebiger Mann. Und darum wissen die ganz genau, mit wem sie es zu tun haben. Ich trainiere hier den Verein für Ringer, Amateur- und Profiringer, ich bin im Kampfsport sehr versiert und das schreckt die Leute immer ein bisschen ab. Aber einer Kugel kann ich natürlich mit einem Handkantenschlag auch nicht ausweichen. Aber daran denke ich einfach nicht. Ich muss die Geschichte im Sinne der Familie, auch im Zuge der Eigentumsabsicherung, zu Ende führen.