Cham

Willi Schmid soll für 5.606 Euro ins Ausland telefoniert haben - Sicherheitslücke Fritzbox


5.606,21 Euro hoch ist die Rechnung von Amplus an Willi Schmid.

5.606,21 Euro hoch ist die Rechnung von Amplus an Willi Schmid.

Von Jasmin Brandl

Willi Schmid zahlt nicht. "Sollen die mich doch verklagen", sagt er fröhlich und schüttelt den Kopf. Dass er noch lacht, nach all den Pleiten, Pech und Pannen seit er seinen Telefonanbieter gewechselt hat, ist wohl seiner Frohnatur zuzuschreiben. Und dem Umstand, dass er auf wohlgeordnete wirtschaftliche Verhältnisse blicken kann. "Wenn das, was mir passiert ist, einem Studenten passiert... Ja, der bringt sich doch um", sagt er.

Doch zurück ins Jahr 2012. Im Oktober entscheidet sich Schmid für einen Telefonanschluss bei Amplus. Er bucht ein "Rundum-Sorglos-Paket mit Hardware, mit Software, mit Technikern für Anschluss und Wartung", sagt er. Doch Rundum-Sorglos ist eine Farce.

Please, hold the line...

Was dann folgt ist eine lange Zeit des Wartens. Erst ein halbes Jahr später, am 16. Juni 2013, schaltet die Telekom die Leitung für den jetzt Amplus-Kunden Schmid frei. Das ist ein bisschen Schikane unter den Telekommunikationskonzernen. "Das kann ich ja noch nachvollziehen", sagt Schmid. Dass Amplus seinen Namen zunächst falsch schreibt, lässt ihn noch kalt. Sogar der Techniker, der es sich wie selbstverständlich in "gelben Crocs" hinter seinem Schreibtisch bequem macht, lässt ihn noch schmunzeln. Der junge Mann steckt an seiner Fritzbox lediglich zwei Kabel an und sagt dann Schmid, er soll bitte morgen anrufen, falls sein Telefon nicht geht. "Wie soll das bitte gehen?", entgegnet Schmid. "Sie werden doch ein Handy haben?", lautet die Antwort. Hat Schmid. "Aber lustig sind die schon." Richtig lustig findet er dann den Schmierzettel, den er dem jungen Techniker leiht, damit er darauf sein Anschlussprotokoll niederkritzeln kann. "Ich hab nur noch gelacht", erinnert sich Schmid. Ein Fresszettel.

Dann passiert erst mal nichts. Die Leitung bleibt tot. Über Wochen. "Wir haben uns regelmäßig bei Amplus gemeldet", sagt Schmid. Die Firma schickt dem Mann, der mangels Telefonie nicht ins Internet kommt, eine E-Mail, in der sie vier Termine nennt, an denen ein Techniker kommen könnte. "Könnte", betont Schmid. Nachdem der dritte Tag ohne Rückmeldung verstrichen ist, ist er erzürnt. "Du sitzt den ganzen Tag und wartest."

Nach sechs Wochen ohne Anschluss kommt endlich ein Techniker vorbei und kontrolliert die Leitung. Das Ergebnis: Das Telefonieren funktioniert - mit Einschränkungen. "Bei 70 Prozent der Gespräche hat es so laut geknackt, gehallt, gerauscht und gefiept, dass man nichts verstanden hat." Doch das ist noch nicht das Schlimmste. "Sobald ein Dritter während eines Gespräches anruft, war die Verbindung tot." Schmid schüttelt den Kopf. Er hat selbst eine Firma und will sich gar nicht vorstellen, was das für sein Unternehmen bedeutet hätte, wenn er sich mit seinem Geschäft auf das "Abenteuer Amplus" eingelassen hätte. "Da kannst zusperren", sagt er.

"Ihre Anlage ist kaputt"
Wieder verstreicht die Zeit. Amplus behauptet nun, seine Telefonanlage sei kaputt. "Die ist neu", entgegnet er. Trotzdem lässt er sie für 70 Euro aus eigener Tasche von einem Chamer Elektronikunternehmen prüfen. Das Ergebnis: Die Anlage funktioniert tadellos. Erst danach heißt es von Seiten des Teisnacher Unternehmens: "Dann ist vielleicht doch unsere Fritzbox kaputt." Es folgen neue Technikertermine, die verstreichen, weil kein Techniker auftaucht. Doch Schmid lässt nicht locker.

Fasziniert ist er von der "Abgebrühtheit der Damen", die er am Telefon hat. "Unsere Techniker arbeiten an dem Problem, bis März 2014 dürfte es gelöst sein", sagt ihm eine Amplus-Mitarbeiterin am Telefon, deren Namen Schmid nicht nennen will. Da ist es Oktober. "Sie werden doch noch warten können."

Im Januar 2014 erhält Schmid eine neue Fritzbox. Auf die Nachfrage, woran es den gehapert hätte, sagt der Mann vor Ort: "Da hat irgendwo ein Häkchen gefehlt." In der Übersetzung für Nichttechniker bedeutet das, dass das System falsch konfiguriert war.

Kaum geht das Telefon störungsfrei, erhält Schmid einen Brief. Hackern sei es gelungen, in seine Fritzbox einzudringen und sie für Auslandstelefonate zu missbrauchen. Damit ihm keine unnötig hohen Kosten entstehen, sperrt das Telekommunikationsunternehmen präventiv Verbindungen ins Ausland. "Gut, dass ich keine Freunde und Verwandten im Ausland habe, mit denen ich telefonieren möchte", denkt sich Schmid und runzelt die Stirn. "Von der Sicherheitslücke habe ich am 8. März erfahren", sagt er. Mit der Warnung des Unternehmens war der Hinweis verbunden, dass der Kunde - im eigenen Interesse - schnellstmöglich die Firmware der Fritzbox zu aktualisieren hat. Schmid checkt das. Sein Update ist aktuell. Er fühlt sich sicher. Rundum-Sorglos eben.

Zahlbar in acht Tagen
Die Quittung erhält er schon bei der nächsten Telefonrechnung. 5606,21 Euro will Amplus da von ihm. Ohne eine Auflistung, wofür eigentlich. "Zahlbar binnen acht Tagen ohne Abzug." Schmid kann nur noch lachen. Er hat das Verbindungsprotokoll seiner Fritzbox seit dem 17. Januar 2014 lückenlos dokumentiert. Es findet sich keine einzige Auslandsnummer darunter. Trotzdem will Amplus, dass er die Rechnung begleicht, schließlich trage der Kunde selbst die Verantwortung für solche Sicherheitslücken. Er habe selbstständig dafür zu sorgen, seine Software zu aktualisieren. "Eine Software, die auf dem von Amplus geforderten Stand ist, und für die ich in meinem Rundum-Sorglos-Paket zahle", erbost sich Schmid. Die Rechnung wird er auf keinen Fall zahlen. "Sollen die mich doch verklagen", sagt er und lächelt wieder.

Übrigens: Der Fall Schmid ist kein Einzelfall. 74 Amplus-Kunden sind betroffen, bestätigt das Unternehmen. "Bei meinem Anwalt stapeln sich die Fälle", sagt Schmid. "Ich mach mir bloß Sorgen, was das für den Breitbandausbau auf dem flachen Land bedeutet, den vielversprochenen", echauffiert sich Schmid. "Wenn dieses Unternehmen noch nicht mal meinen privaten Hausanschluss ordentlich managt, wie dann ganze Gemeinden ans schnelle Netz bringen?", fragt er.

Auf seiner Homepage weist Amplus auf den Telefonmissbrauch der Fritzboxen hin.

Auf seiner Homepage weist Amplus auf den Telefonmissbrauch der Fritzboxen hin.