Viechtach/Rio

Tom Schmidberger ist bereit für seine zweiten Paralympics


Bereit für Rio: Tom Schmidberger bei der Einkleidung der deutschen Paralympioniken.

Bereit für Rio: Tom Schmidberger bei der Einkleidung der deutschen Paralympioniken.

Im September nimmt Tom Schmidberger an seinen zweiten Paralympics teil. Als Führender der Weltrangliste im Rollstuhltischtennis zählt er zu den Favoriten, will sich selbst aber nicht unter Druck setzen. Beim Thema Doping wird der Viechtacher emotional.

Wenn Tom Schmidberger über die Paralympischen Spiele 2012 in London spricht, dann funkeln auch noch knapp vier Jahre später seine Augen. "Das war etwas ganz Besonderes für mich", erzählt der 24-jährige Viechtacher. "Es gibt Europameisterschaften und Weltmeisterschaften", zählt er auf. "Aber das Feeling bei Olympia ist nicht zu übertreffen." In London holte Schmidberger im Einzel Bronze und Silber mit dem Team. Für ihn persönlich wurden die Spiele mit der Abschlussfeier gekrönt, bei der er für die deutsche Mannschaft die Fahne tragen durfte. "Das war Wahnsinn, eine Riesen-Ehre für mich", blickt er zurück. Der deutsche Behindertensportverband (DBS) wollte damals ein "Zeichen in Richtung Jugend setzen", Schmidberger habe "zu einer Reihe von Hoffnungsträgern" gezählt. Hoffnungsträger für die Paralymischen Spiele 2016 in Rio.

Diese Paralympics, die vom 7. bis 18. September stattfinden, sind nun nur noch wenige Wochen entfernt. Noch ist Schmidberger relativ gelassen. Er befindet sich in der letzten Phase der Vorbereitung. Jetzt gehe es nur noch darum, sich nicht mehr zu verletzen oder krank zu werden, um die Teilnahme keinesfalls zu gefährden.

Hinter dem Bayerwäldler liegen vier Jahre, in denen er seine Medaillensammlung ausgebaut hat. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in China holte er Silber im Einzel und Gold mit dem Team. Bei der Europameisterschaft 2013 in Lignano (Italien) holte er zweimal Gold und wurde im selben Jahr zu Deutschlands Behindertensportler des Jahres gewählt. Im vergangenen Jahr bei der EM im dänischen Vejle wurde er im Einzel Vize-Europameister und verteidigte den Titel im Teamwettbewerb.

Schmidberger will "seine beste Leistung abrufen. Dann ist viel möglich"

Somit ist Schmidberger - aktuell führt er die Weltrangliste an - sowohl im Einzel als auch im Team an Position eins gesetzt bei den Spielen in Rio. Unter Druck setzt ihn das aber nicht. "Es wäre nicht gut, wenn man zu Paralympischen Spielen fliegt und mit Silber nicht mehr zufrieden sein könnte", sagt er. Das Entscheidende für ihn: "Ich will meine beste Leistung abrufen und versuchen cool zu bleiben. Dann ist viel möglich und es kann auch bis ganz nach oben gehen."

In der Nacht von 31. August auf 1. September fliegt die deutsche Paralympics-Mannschaft von Frankfurt aus nach Rio. Auf Schmidberger kommt dann eine besondere Herausforderung zu: "Erstmals kommen die klimatischen Veränderungen und das Jetlag zusammen. Bislang musste ich mich immer nur mit einem von beiden auseinandersetzen", erklärt er. Vor zwei Jahren flog er deshalb schon einmal zu einem Turnier nach Costa Rica. "Um die Bedingungen in Südamerika kennen zu lernen", wie er sagt. Damals sei ihm die Umstellung gut gelungen. Allerdings, so Schmidberger, komme bei den Paralympics das Mentale noch zusätzlich dazu, was die Aufgabe noch einmal erschwere.

Die Olympischen Spiele verfolgt Schmidberger aktuell interessiert vor dem Fernseher. Gerade wenn Tischtennis läuft, steige die Nervosität langsam und das Kribbeln beginne. "Dann muss ich daran denken, dass in wenigen Wochen ich an der gleichen Platte bin und um Medaillen kämpfe." Er sei sehr gespannt, wie die Organisation vor Ort ist: "Da hat London vor vier Jahren auf jeden Fall Maßstäbe gesetzt, was die Betreuung und den Ablauf anbelangt." Schmidberger sieht es als Vorteil, dass das Ganze Drumherum bei den Paralympics für ihn nicht mehr neu sei, weil er es schon einmal miterlebt hat: "Da kann mich nichts mehr umwerfen und ich kann die Eindrücke einfach auf mich wirken lassen."

Vorbereitung in drei Phasen

Seine Vorbereitung hat Schmidberger in drei Phasen gegliedert. Zunächst, im Februar und März, trainierte er mit maximaler Belastung, "um zu schauen, wo ich körperlich stehe". Ab April hat er dann wettkampfnäher trainiert. Es stand das Finale um die deutsche Meisterschaft an und er spielte zwei internationale Turniere. "Das waren drei brutale Monate", blickt er zurück. Danach gönnte er sich erst einmal drei Wochen Urlaub. "Das war auch bitter nötig", sagt er. Im Juli war er noch eine Woche in der Türkei, um noch einmal bei heißen Temperaturen zu trainieren. Seit Mitte Juli hat er die Intensität runtergefahren, mehr im koordinativen und technischen Bereich gemacht. "Ich bin zufrieden mit meiner Vorbereitung und bin komplett im Plan", so die Einschätzung Schmidbergers.

Emotional wird Schmidberger, als die Sprache auf das Thema Doping kommt. "Dazu habe ich eine ganz klare Meinung", sagt er. "Ich sehe, wie viel Privates wir bekannt geben müssen. Das machen wir, um für sauberen Sport zu garantieren. Aber es ist mittlerweile die Grenze des Zumutbaren erreicht. Einige Maßnahmen sind bereits unter der Grenze der menschlichen Würde. Dopingsünder machen den Sport kaputt." Robert Harting habe mit seiner Kritik an DOSB-Präsident Thomas Bach ("Er ist für mich Teil des Doping-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems. Ich schäme mich für Thomas Bach.") vielen Sportlern aus der Seele gesprochen. Dass nun alle russischen Paralympioniken ausgeschlossen wurden, während russische Olympioniken zum Teil in Rio mit dabei waren, hält Schmidberger aber für den falschen Weg: "Entweder man sperrt alle oder gar nicht. Aber dass die paralympischen Sportler ausgeschlossen werden, geht nicht. Leider hat das IOC zu diesem Thema keine klare Meinung vertreten."

Fokussiert auf Rio: Tom Schmidberger, hier bei den Paralympics 2012 in London.

Fokussiert auf Rio: Tom Schmidberger, hier bei den Paralympics 2012 in London.