Fledermauszählung im Lamer Winkel

Kleine Hufeisennase eine „kleine Sensation“


Vor wenigen Tagen fand die Fledermauszählung in den Winterquartieren im Landkreis Cham statt.

Vor wenigen Tagen fand die Fledermauszählung in den Winterquartieren im Landkreis Cham statt.

Markus Schmidberger blättert seinen Winterquartierordner durch und aktualisiert ihn mit einigen Eintragungen. Vor wenigen Tagen war er zusammen mit Valerie Scholl, Praktikantin von der Chamer FOS, der Biologiestudentin Ronja Weiss, die ihre Bachelor-Arbeit über die Fledermäuse verfassen will, und "Bundesfreiwilligendienstler" Dominik Stelzl im Lamer Winkel, um eine Bestandserhebung in den Winterquartieren der Fledermäuse vorzunehmen. Obwohl der Tag mit Schneetreiben und schlechten Straßenverhältnissen begonnen hatte, bereitete Markus Schmidberger der Zähltermin zunehmend Freude, weil in den alten Bergwerksstollen mehr "Schläfer" kopfüber von der Decke hingen, als er erwartet hatte.

Dass Fledermäuse im Winter Ruhe brauchen, weiß inzwischen (fast) jedes Kind. Dennoch rührt der LBV-Geschäftsstellenleiter unentwegt die Werbetrommel für das nötige Verständnis für die kleinen Säuger. "Wir brauchen Leute, die uns auch im Sommer melden, wenn sie Fledermäuse gesichtet haben. Viele sind immer noch der Meinung, dass ihr Haus dann zum Schutzgebiet erklärt wird", weiß Markus Schmidberger. Dem ist natürlich nicht so. Für die Erkenntnisse über die Entwicklung der Population ist es wichtig, so viele Daten wie möglich zu sammeln. "Deshalb braucht keiner davon zurückschrecken, den LBV zu informieren. Die Mitarbeiter sind außerordentlich froh über Meldungen", bekräftigt Schmidberger. Im Übrigen soll man Fundtiere wegen der Verletzungsgefahr nur mit Handschuhen anfassen. Zurück zum Winterquartierordner: Er enthält alle Winterunterkünfte im Landkreis Cham, die er jedoch zum Schutz der Säuger nicht an die große Glocke hängen möchte. Die drei größten davon sind Monitoring-Quartiere, die besonders im Fokus der Bestandserhebung stehen. Dieses bekam auch am Montag Besuch von der LBV-Delegation, die positiv überrascht war, dass das Schloss diesmal nicht aufgebrochen war. Ein Schild mit Informationen über die schützenswerten "Wintergäste" hatte wohl die ungebetenen Eindringlinge abgehalten, die bisher fast jedes Jahr nach Mineralien schürften. Markus Schmidberger war erleichtert, dass sich die Investition für das Gitter gelohnt hat. Natürlich sollen auch die Mineralogen zu gegebener Zeit zum Zuge kommen. Auf dem Schild steht nämlich ausdrücklich: "Im Winter sperren wir zu, im Sommer ist offen".

Letztes Jahr zählte Markus Schmidberger in dem Bergwerksstollen 34 Säuger. Eine Seltenheit sind dort die unbändig vielen Arten, nämlich neun von 17 im Landkreis nachgewiesenen Spezies, wobei Mopsfledermäuse eine der großen Raritäten darstellen. "Fledermäuse sind standorttreu", bestätigt der Naturfreund. Dies wurde durch die Beringung von Säugern herausgefunden. Ihre Lebensdauer beträgt im Schnitt in freier Wildbahn fünf bis acht Jahre. "Forschungen belegen, dass sie ihren Artgenossen mitteilen, wo geeignete Winterquartiere sind", klärte Markus Schmidberger seine Begleiter auf.

Letztes Jahr war der Hit der Zählung, dass die Kleine Hufeisennase, eine Fledermaus, die 1977 im Sommer in Martinsneukirchen im Landkreis Cham zum letzten Mal nachgewiesen wurde und als ausgestorben gilt, in dem besagten Bergwerksstollen im Lamer Winkel nach 35 Jahren wiederentdeckt wurde. "Bayernweit gibt es nur einige Kolonien im Alpenraum, die meilenweit entfernt sind. Wir nehmen deshalb an, dass der Einzelgänger aus Tschechien hierher gekommen ist. In Luftlinie 30 Kilometer entfernt befindet sich nämlich jenseits der Grenze ein Quartier", suchte Markus Schmidberger nach einer Erklärung.

Für die LBVler war es am Montag eine kleine Sensation, dass derselbe Vertreter dieser ausgestorbenen Art am selben Platz in der Höhle von der Decke baumelte. "Insgesamt habe ich 47 Exemplare verschiedener Gattungen gezählt. So viele waren noch nie drin. Das ist bisher das beste Jahr", freute sich der Geschäftsstellenleiter. Da in den Vorjahren immer wieder ein Exemplar wahrscheinlich unabsichtlich von der Decke gestoßen wurde, und das Tier dies in der Regel mit dem Leben bezahlte, war die verordnete Ruhe für die Untermieter sicherlich ein Gewinn. Die ungewöhnliche Hangposition eines Großen Mausohrs in der kühlen Vorhalle und einige nicht tiefschlafende Tiere waren ein Hinweis auf aktuelle Flugbewegungen, die wohl der Tatsache geschuldet waren, dass es letzte Woche ungewöhnlich warm war.

Nicht alle Gattungen rücken sich beim Winterschlaf "auf die Pelle". Untypisch wäre, wenn eine Nordfledermaus und eine Wasserfledermaus die unmittelbare Nachbarschaft teilen. Auf einem Fleck "kuschelten" sich in dem Stollen sieben große Mausohren als Cluster aneinander. "Heuer observieren wir alle Quartiere, sogar die Bierkeller", gab der Umweltreferent mit Blick auf seinen Ordner zu verstehen. Die gesamte Inventur hat also einige Tage gedauert. Als Endergebnis lässt sich festhalten: Der Lamer Winkel hat sich mit seinen Arten hochstabilisiert. Das Ergebnis in einem der drei Quartiere toppte alle bisherigen Zählungen, in den anderen beiden wurde die schon im letzten Jahr zufriedenstellende Summe der Schläfer wiederholt. Lediglich in einigen Kleinquartieren stellte Markus Schmidberger eine Negativtendenz fest.