Proteste auf Madagaskar

Militär übernimmt Macht in Madagaskar

Der Putsch folgt auf wochenlange regierungskritische Proteste und Unruhen in dem Land.

Der Putsch folgt auf wochenlange regierungskritische Proteste und Unruhen in dem Land.

Von dpa

Nach wochenlangen regierungskritischen Protesten in Madagaskar hat das Militär nach eigenen Angaben die Macht in dem riesigen Inselstaat übernommen. Die Verfassung sei ausgesetzt und ein Präsidentschaftsrat aus Angehörigen der Armee und Gendarmerie eingesetzt worden, sagte Oberst Michael Randrianirina, Kommandant der Spezialeinheit Capsat, vor dem Präsidentenpalast in der Hauptstadt Antananarivo. „Wir ergreifen die Macht.“ Zuvor hatte das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen den geflohenen Präsidenten Andry Rajoelina in Gang gesetzt.

Augenzeugen berichteten von Jubel, Pfiffen und Hupkonzerten auf den Straßen der Hauptstadt. Als Soldaten in Militärfahrzeugen zum Präsidentenpalast fuhren, waren auch viele vor allem junge Menschen mit Fahnen unterwegs, manche nutzten die Gelegenheit zu Selfies. Während die Truppen bewaffnet waren, trat Randrianirinas zwar in Uniform auf, aber unmartialisch: Der Offizier trug eine schusssichere Weste, aber keine Waffen, als er von einem Zettel die Erläuterungen der Machtübernahme ablas.

Oberst Michael Randrianirina verlas die Erklärung zur Machtübernahme.
Oberst Michael Randrianirina verlas die Erklärung zur Machtübernahme.
Oberst Michael Randrianirina verlas die Erklärung zur Machtübernahme.
Demonstranten bejubeln Angehörige des Militärs auf Madagaskar, als diese den Sturz des Präsidenten ankündigen.
Demonstranten bejubeln Angehörige des Militärs auf Madagaskar, als diese den Sturz des Präsidenten ankündigen.
Demonstranten bejubeln Angehörige des Militärs auf Madagaskar, als diese den Sturz des Präsidenten ankündigen.
Auch wenn einige Menschen in Jubel ausbrechen - der Putsch markiert einen Bruch mit der verfassungsmäßigen Ordnung.
Auch wenn einige Menschen in Jubel ausbrechen - der Putsch markiert einen Bruch mit der verfassungsmäßigen Ordnung.
Auch wenn einige Menschen in Jubel ausbrechen - der Putsch markiert einen Bruch mit der verfassungsmäßigen Ordnung.
Einige Menschen nutzten die Gelegenheit für Selfies mit der Militäreinheit.
Einige Menschen nutzten die Gelegenheit für Selfies mit der Militäreinheit.
Einige Menschen nutzten die Gelegenheit für Selfies mit der Militäreinheit.
Bereits in der Vergangenheit spielte die Spezialeinheit Capsat eine Rolle bei Machtwechseln im Inselstaat.
Bereits in der Vergangenheit spielte die Spezialeinheit Capsat eine Rolle bei Machtwechseln im Inselstaat.
Bereits in der Vergangenheit spielte die Spezialeinheit Capsat eine Rolle bei Machtwechseln im Inselstaat.
Die Proteste schlugen teils in Gewalt um. (Archivbild)
Die Proteste schlugen teils in Gewalt um. (Archivbild)
Die Proteste schlugen teils in Gewalt um. (Archivbild)

Am Abend übertrug das Verfassungsgericht örtlichen Medienberichten zufolge Randrianirina das Amt des Staatsoberhaupts und begründete dies mit der aktuellen Vakanz der Position. Zugleich forderte das Gericht, dass neue Wahlen zu organisieren seien.

Die Einheit des Militärs hatte bereits am Wochenende erklärt, sie habe die Kontrolle über die Land-, Luft- und Seestreitkräfte des Inselstaates vor der südöstlichen Küste Afrikas übernommen. Zahlreiche Soldaten schlossen sich den seit Wochen vor allem für bessere Lebensbedingungen demonstrierenden jungen Menschen an. Das Präsidentenbüro hatte daraufhin einen Putschversuch angeprangert.

Die zivile Regierung bleibe in ihrer derzeitigen Zusammensetzung bestehen, hieß es weiter. Ein Oberster Gerichtshof für Reformen werde eingerichtet. Innerhalb von zwei Jahren soll ein Referendum abgehalten werden. „Wir werden einen Premierminister ernennen, der rasch eine Zivilregierung bilden wird“, hieß es.

Nach Wochen der Proteste und Unruhen bricht der Putsch nun mit der politischen Ordnung - und bedeutet daher eine Zuspitzung der Lage. Kurz vor der Ankündigung des Militärs hatten die Abgeordneten der Nationalversammlung von Madagaskar für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den außer Landes geflohenen Präsidenten Andry Rajoelina gestimmt. Die Abgeordneten wollten die Gültigkeit der Abstimmung durch das Verfassungsgericht des Inselstaates feststellen lassen.

Rajoelina hatte wenige Stunden zuvor auf seinem X-Profil die Auflösung der Nationalversammlung des Inselstaates per Dekret erklärt. Dies sei zur Wiederherstellung der Ordnung in dem Inselstaat und der Stärkung der Demokratie nötig, schrieb er. Der stellvertretende Parlamentspräsident Siteny Randrianasoloniaiko zweifelte die Legalität der Parlamentsauflösung an.

Wo sich Rajoelina derzeit aufhält, ist unbekannt. Er hatte am Montagabend in einer live übertragenen Videoansprache angegeben, er habe sich an einen sicheren Ort begeben müssen, um sein Leben zu schützen. Zu einem möglichen Rücktritt äußerte Rajoelina sich nicht. Stattdessen appellierte er an die Bevölkerung seines Landes, die bestehende Ordnung zu achten.

Einem Bericht des französischen Rundfunksenders RFI zufolge war Rajoelina bereits am Sonntag von einer französischen Militärmaschine ausgeflogen worden. Rajoelina hatte 2014 die französische Staatsbürgerschaft erhalten.

Bereits in der Vergangenheit spielte die Spezialeinheit Capsat eine Rolle bei Machtwechseln im Inselstaat: Bei einem Staatsstreich im Jahr 2009 hatte Capsat Rajoelina zur Macht verholfen. Von 2009 bis 2014 war Rajoelina zunächst Übergangspräsident. Von Januar 2019 bis September 2025 regierte er als Präsident.

Dass sich die Einheit auf die Seite der Demonstranten gestellt hat, hat ihnen in Madagaskar großes Ansehen unter der Bevölkerung eingebracht. Seit Ende September fordern vor allem junge Menschen mit teils gewalttätigen Demonstrationen den Rücktritt Rajoelinas. Hintergrund sind hohe Lebenshaltungskosten und mangelnde Perspektiven für die junge Generation. Auslöser der Aufstände waren Strom- und Wasserausfälle, Missstände im Bildungssystem sowie hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Armut.

Die Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die Proteste vor. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen waren nach UN-Angaben allein bis zur ersten Oktoberwoche mindestens 22 Menschen getötet worden.

Der Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) war wegen der Lage in Madagaskar am Montag bereits zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengetreten. Die Staatenorganisation sprach sich gegen jeglichen verfassungswidrigen Machtwechsel auf Madagaskar aus und rief alle Konfliktparteien zum Dialog auf.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.

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