Politik

Lieber Merz als Söder

Zwei prominente CDU-Politiker sprechen sich für ihren Parteichef als Kanzlerkandidaten der Union aus. Was es damit auf sich hat


Friedrich Merz ist seit Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU.

Friedrich Merz ist seit Januar 2022 Bundesvorsitzender der CDU.

Von Natalie Kettinger

MÜNCHEN / BERLIN - Diese Aussagen dürften die Verantwortlichen in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Markus Söder und seiner CSU-Zentrale ganz genau nachgelesen haben: Zwar wird der nächste Bundestag erst im Spätsommer 2025 gewählt - doch schon jetzt sind die ersten CDU-Politiker in Sachen K-Frage vorgeprescht und haben sich für ihren Parteichef Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten der Union ausgesprochen.

"Ich halte Friedrich Merz für den besten Kandidaten, um dieses Land wieder nach vorne zu bringen", zitiert der "Spiegel" den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden und Chef der Grundsatzkommission, Carsten Linnemann. "Für mich gibt es keine andere Option."

Ähnlich äußerte sich demnach der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thorsten Frei: Er sehe in Merz "den exzellenten Kandidaten". Er warnte zudem vor Machtkämpfen in den eigenen Reihen: "Die CDU hat bei der vergangenen Bundestagswahl vor allem auch deshalb Vertrauen eingebüßt, weil Armin Laschet in der Breite der Partei der Rückhalt fehlte." Das dürfe nicht wieder geschehen. "Fraktion und Partei werden dieses Mal geschlossen hinter Merz stehen."
Bringen sich hier Vorreiter der Christdemokraten gegen Markus Söder in Stellung? Zwar behauptet der CSU-Chef nach dem gescheiterten Versuch, Laschet die Kandidatur abspenstig zu machen, wieder eisern, sein Platz sei in Bayern. Doch genau das hatte er auch vor der letzten Bundestagswahl wie ein Mantra wiederholt - um Laschet dann doch herauszufordern (und schließlich durch zahllose Sticheleien zu demontieren).

"Ich würde den ganzen Vorgang gar nicht so hoch hängen", sagt Jörg Siegmund von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing der AZ. Bei den Statements handle es sich um Einzelstimmen aus der CDU, und die habe es bei früheren Wahlen auch schon gegeben, "lange bevor sich die Gremien beider Parteien dann mit der Kandidatenfrage befasst haben".

Lese man die Äußerungen von Linnemann und Frei genau, erkenne man: "Es ist ein persönliches Votum für Friedrich Merz, aber keine Aufforderung an ihn oder die Partei, die Kandidatur jetzt auch offiziell zu verkünden", so der Demokratie-, Parlamentarismus- und Wahlforscher.

Doch was wollen die beiden mit ihrem Vorstoß zu einem derart frühen Zeitpunkt erreichen? Es seien verschiedene Motive denkbar, sagt Jörg Siegmund. "Am ehesten scheint es ein Versuchsballon zu sein, um die Reaktionen innerhalb, aber vor allem auch außerhalb der Partei auf eine Kanzlerkandidatur von Friedrich Merz zu testen."

Auch, dass aufstrebende junge CDU-Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen oder Daniel Günther in Schleswig-Holstein mit der Festlegung auf Parteichef Merz in die Schranken gewiesen werden sollen, sei möglich, sagt Siegmund.

"Oder das genaue Gegenteil steckt dahinter: Durch eine zu frühe Debatte über einen potenziellen Kanzlerkandidaten Merz könnte dieser auch ,verbrannt' werden, was den Weg für andere mögliche Kandidaten freimachen würde."

Nichts Genaues weiß man also nicht. Und auch, wie die Christsozialen über das christdemokratische Bekenntnis zu deren Vorsitzendem denken, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Eine Anfrage der AZ an die CSU-Landesleitung wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.