CSU-Vorsitzender selbstkritisch

Horst Seehofer: "Auch ich habe Fehler gemacht"


"Die Regierung funktioniert", sagt Horst Seehofer über die Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Die Regierung funktioniert", sagt Horst Seehofer über die Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Von Guido Verstegen / Online

Im Münchner Presseclub gibt sich Horst Seehofer selbstkritisch - und Markus Söder einen Korb. Seine Absage will der scheidende CSU-Vorsitzende aber ganz anders verstanden wissen.

München - Zu Beginn der Interview-Runde im Münchner Presseclub - seiner letzten als CSU-Chef, so zumindest die Ankündigung - spielt Horst Seehofer mit seinem Image als Unberechenbarer. "Ich bin noch nicht zurückgetreten", sagt er und lächelt vieldeutig. Der Amtsverzicht sei erst für den 19. Januar angekündigt, "man sollte immer den Termin abwarten".

Vielleicht halte er auf dem eigens angesetzten Sonderparteitag auch einfach nur ine Rede - und setze sich dann wieder. Doch mehr als eine Stichelei in Richtung seines einstigen Erzrivalen Markus Söder, der nun sein doppelter Nachfolger wird - erst als Ministerpräsident, im Januar als Parteivorsitzender -, ist das (wohl) nicht. Auch, wenn er Söder zum Schluss noch eine Absage erteilt.

Seehofer: Allein im Asylstreit

Im Großen und Ganzen gibt sich Seehofer im Presseclub versöhnlich und sogar ein bisschen selbstkritisch. Eine der Ursachen für den Verlust der absoluten Mehrheit im Oktober, räumt er ein, "hat was mit mir zu tun". Über den Asylstreit mit der CDU im Sommer sagt der Bundesinnenminister dann zur Erklärung: Inhaltlich stelle er nichts in Frage. Bei Stil und Form habe man jedoch Fehler gemacht, "auch in der Wortwahl, auch ich".

Von den Führungsfiguren seiner Partei fühlte er sich in dieser Situation offensichtlich im Stich gelassen. Zunächst hätten Vorstand, Landtagsfraktion und Staatsregierung seinen Kurs in der Migrationspolitik unterstützt. Einstimmig. Doch dann habe er "zu spät erkannt, dass ich in einer Baumkrone saß, die Leiter war weg und es kam keiner mehr vorbei, um den Baum zu gießen".

Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt der Mann, der bald nur noch Bundesminister ist, hingegen nichts kommen (was auch schon ganz anders war). Angesichts der Krisen in der Welt, sei er "froh, dass wir Angela Merkel haben. Sie hat Reputation und die Stärke, Dinge zusammenzuführen."


Seehofer: "Die Regierung funktioniert"

Über seine Auseinandersetzungen mit der Kanzlerin sagt er nur: "Das ist der unvermeidbare Gang des Lebens. Das ganze Leben ist eine Baustelle." Er gehe davon aus, dass die Regierung bis zum Ende der Legislatur halte. Auch Merkel habe ja erklärt, dass sie bis 2021 im Amt bleibe. "Die Regierung funktioniert." Es gebe keinen Anlass anzunehmen, dass sie auf der Strecke bis 2021 in Gefahr komme.

Wichtiger seien die Wahlen dazwischen, Europa etwa und Sachsen. "Das sind Daten, die was auslösen können. Aber nicht die Auflösung, sondern personelle Veränderungen und so weiter." Ins Detail geht er nicht.

In Sachen Sozialpolitik ist er wortreicher. Lange spricht er über eine Grundsicherung für arme Rentner, die es dringend brauche. Diese solle die Rentenversicherung direkt anweisen, den Menschen der Gang aufs Sozialamt so erspart bleiben. Sie sollten eine Rente bekommen, "von der man leben kann". "Eine große Sozialreform für Menschen, die ihr Leben lang viel geleistet haben", nennt Seehofer diesen Vorstoß.

Seehofer fehlt beim Neujahrsempfang

Der CSU schreibt der scheidende Chef ins Auftragsbuch, ihr ökologisches Profil zu schärfen und die Frauen-Präsenz zu erhöhen. Parteifreunde, die mit Seehofer darüber beim Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten diskutieren wollten, werden allerdings enttäuscht sein. Horst Seehofer kommt nicht: "Ich werde nichts sagen (gemeint ist zur söderschen Politik, d. Red) und im Regelfall nicht erscheinen."

Dualismus nennt Seehofer das, wenn er und Söder sich möglichst nicht öffentlich begegnen. Der sei notwendig, damit nicht ständig über den Stand der Beziehung zwischen den beiden spekuliert werde: "Dualismus als beste Versicherung gegen Missinterpretationen - und besser als ein 30-jähriger Krieg." Eine Anspielung auf die Dauerfehde zwischen den heutigen Ehrenvorsitzenden Theo Waigel und Edmund Stoiber.

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