Serie: Wie schmeckt's?

"Weltkriegswein" von 1916 geköpft


Ein Wein der mehr als 100 Jahre alt ist - kann man sowas noch trinken? Und vor allem: Wie schmeckt das? Das wollte ich herausfinden.

Wo gibt es 100 Jahre alten Wein zu kaufen?

Es gibt spezielle Auktionen für alte Weine. Und es gibt Händler, die alte Weine im Angebot haben. Wer googelt, der findet… Einen guten Überblick liefert zum Beispiel die Seite winesearcher.com. Am besten ist es natürlich, wenn man den Wein nicht für teures Geld selber kaufen muss. Ich hatte die Gelegenheit, einen solchen Wein bei einer Raritätenprobe anlässlich des 70. Geburtstags von Rudi Knoll zu probieren. Er ist einer der profiliertesten deutschen Weinjournalisten, wurde schon mal als der deutsche Weinpapst bezeichnet - und ist einer meiner langjährigen Freunde.

Wieviel kostet sowas?

Das kommt sehr auf den konkreten Wein an. Bei richtig guten Flaschen können das schon mehrere tausend Euro sein.

Welche Weine kann man überhaupt über Jahrzehnte lagern?

Nur sehr gute Tropfen sollten lange gelagert werden. Weine, die richtig alt sind und noch gut schmecken, gehören meist zu einer von drei Gruppen: Gehaltvolle trockene Rotweine mit viel Gerbstoff und Säure, Weiß- oder Rotweine mit viel Restsüße und Säure oder likörartige Weine, die einen hohen Alkoholgehalt haben. Ausnahmen bestätigen aber die Regel: Wenn zum Beispiel ein trockener Weißwein sehr hochwertig ist, dann kann er auch länger lagern.

Woran merkt man, dass ein Wein zu alt ist und man ihn nicht mehr trinken sollte?

Keine Angst: Sie merken auch als ungeübter Weintrinker, wenn das Zeug im Glas nicht mehr wirklich genießbar ist. Solche Weine schmecken dann sauer, bitter, muffig, modrig - vertrauen sie einfach Ihrem Geschmacksempfinden.

Wie schmeckte der Wein von 1916?

Ein Jahrgang aus dem ersten Weltkrieg, aus Frankreich: Chateau Latour - Bordeaux, oder genauer gesagt: Pauillac. Hochwertige Weine wie dieser Grand Cru Classé sind für ihre Lagerfähigkeit bekannt und werden von Sammlern sehr geschätzt, der amerikanische Weinkritiker Robert Parker vergibt regelmäßig Höchstbewertung für die Weine des Guts - und das zu Recht, wie ich beim Probieren des 1916er feststellen durfte: der Wein war samtig, roch etwas noch gefallen Blättern im Herbstwald und frisch geschaufelter Erde. Er war würzig, mit dem typischen Duft von vollreifen Beeren im Spätsommer. Seine Säure und seine Gerbstoffe hatten ihn vor dem Verfall bewahrt. Der Wein war - ein Erlebnis!