AZ-Konzertkritik

Element of Crime im Circus Krone


Die Element of Crime-Stammbesetzung seit 2002: David Young, Richard Pappik, Sven Regener und Jakob Ilja.

Die Element of Crime-Stammbesetzung seit 2002: David Young, Richard Pappik, Sven Regener und Jakob Ilja.

Von Tabitha Nagy

Element of Crime spielen auf ihrer "Schafe, Monster und Mäuse"-Tour im ausverkauften Circus Krone.

München - Das hat man ja auch selten: Bevor die Ohrwürmer von Element of Crime sich im Kopf breitmachen, hat man schon einen neuen: "Serotonin" von der sehr guten Vorband Isolation Berlin tanzt noch am nächsten Morgen durchs Gehirn.

Das 2012 gegründete und groß gefeierte Quartett ist im Vergleich zu Element of Crime natürlich jugendlich, die Musik etwas bis deutlich wilder, die Texte aber ebenso angenehm und klug wie die der Älteren. Und beide Bands fallen nicht zuletzt durch die schönen Texte zu ihren Liedern auf.

Die Texte sind bei Element of Crime seit Jahrzehnten schon deutsch, schön, schräg, kitschfrei und ziemlich einzigartig - nur hat man immer seine Liebe Not, Bekannten klar zu machen, dass der Bandname völlig in die Irre führt. Die wittern immer eher eine Metalband. Neinnein, ruft man: Die machen mal angerockte, meist melancholische Musik mit, wie gesagt, sehr originellen Texten. Doch die Bekannten hören schon weg, bevor sie überhaupt hingehört haben. - Die Tragik einer Band mit langer Geschichte.

Das neue Album: "Schafe, Monster und Mäuse"

Element of Crime haben ihr Album "Schafe, Monster und Mäuse" im Herbst bei einem Studio-Konzert beim Bayerischen Rundfunk vorgestellt. Nun konnte man fast alle Songs des Albums im ausverkauften Circus Krone als Teil eines ganzen Konzertprogramms hören, und es war ganz wunderbar.

Und ähnlich wie beim Isolation Berlin-Sänger Tobias Bamborschke fragt man sich auch bei Sven Regener, was von seiner Stimme wohl am nächsten Morgen übrig ist, nachdem er mehr als zwei Stunden lang so rau und so schön gesungen hat.

Element of Crime im Circus Krone

"Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang", das auch das Album eröffnet, geht noch arg im Klangmatsch unter, aber die Sound-Probleme geben sich bald, und der Stampfer "Ein Brot und eine Tüte" rumpelt dann ins Ohr, wie es sich gehört.

Die beiden sehr ruhigen Stücke "Gewitter" und "Stein, Schere, Papier" kommen direkt hintereinander, was besser passt als auf dem Album, wo sie an zwei Stellen emotionale Löcher reißen - schön, aber eben doppelt schmerzhaft.

Schmerzhaft ist auch die Beinakrobatik, die man vollführen muss, wenn man seinen Sitzplatz am Gang und offensichtlich am Highway to Helles hat und dem nicht abreißenden Strom von Bierholern den Weg freimachen muss.

Bei "Nur so" mit kommt Sven Regener bei der Zurordnung zum richtigen Album durcheinander, was nach mehr als 30 Jahren Bandgeschichte und mehr als einem Dutzend Alben schon mal passieren kann. "Was die Zeit mit einem macht", sagt Regener launig entschuldigend. Richtig viel sagt er nicht, verliert sich manchmal, kriegt aber am Ende immer irgendwie die Kurve und erhält bald für jedes leicht verzögerte "Vielen Dank!" nach den Liedern eigenen Applaus vom elegant mitgealterten Publikum.

Überraschungen und Höhepunkte

Zwei schöne Überraschungen des Abends: Für "Karin, Karin" kommt Sven Regeners Tochter Alexandra auf die Bühne, die auch auf der Platte die zweite Stimme beisteuert. Und die Band spielt den rockigen Titel "Robert Zimmermann" aus dem Film "Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe" - der nicht zuletzt wegen des Soundtracks von Element of Crime so großartig ist.

Der Hauptteil des Konzerts endet mit "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin", das Lied, das auch das aktuelle Album so schön wie markant abschließt. Da hätte man stimmungsmäßig gut aufhören können. Dann aber kommt als erste Zugabe "Weißes Papier", einer dieser Songs für die Ewigkeit. Solang irgendwo auf dieser Welt Herzen brechen und ihre Besitzer dennoch trotzig weitermachen, wird dieses Lied gültig und gut sein.

Wunderbares Konzert mit vielen Zugaben

Und dass man Element of Crime ohne ihren schwungvollen Hit "Delmenhorst" nicht gehen lässt, ist eh klar. Es folgen noch drei, vier ruhige bis sehr ruhige Stücke wie das ganz frühe "Geh doch hin" vom ersten deutschsprachigen Album "Damals hinterm Mond" aus dem Jahr 1991.

Ganz zum Schluss will die Band nach der vermeintlich wirklich letzten Zugabe eigentlich schon von der Bühne gehen, aber Regener schultert noch mal die Gitarre, die Band greift auch noch mal zu den Instrumenten und spielt "Nur mit dir", schön und versöhnlich.

Die Zuschauerschlange bewegt sich zur S-Bahn, wo sie sich an der Hackerbrücke mit den Frühlingsfest-Heimkehrern mischt. So sieht der größtmögliche Stimmungskontrast aus. Aber: Beide Seiten strahlen.

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