Kultur

"Ballet Revolutión" im Circus Krone

Die Tanzrevolution aus Kuba ist zurück - lässiger und brillanter denn je


Das Ballet Revolucion - hier 2018 in Basel.

Das Ballet Revolucion - hier 2018 in Basel.

Von Vesna Mlakar

Diese Show ist Körperkult auf höchstem bewegungstechnischen Niveau. Vom ersten Moment an verbreitet eine individuell herrlich heterogene Gruppe von 19 Männern und Frauen kubanisches Lebensgefühl - ganz ohne Folklore-Touch und je nach Choreografie in Schläppchen, Turnschuhen, barfuß oder auf Spitzenschuhen.

Es sticht ins Auge, dass alle Mitwirkenden bestens in der karibischen Ballettmetropole Havanna sowohl im klassischen als auch im modernen Tanz ausgebildet wurden. Das Tolle an "Ballet Revolutión" ist aber der permanente Stilmix.


Die absolute Selbstverständlichkeit und Bravour, mit der man hier bewusst die jeweils persönlichen Stärken in Technik und Ausdruck der Protagonisten immer wieder neu und anders kombiniert, hat elektrisierende Sogkraft. Da steckt Poesie, Witz, lateinamerikanisches Temperament, karibischer Rhythmus und enorm viel gute Laune drin. All' das wirkt ansteckend. Manchmal konkurrieren die Tänzer auch miteinander. Dabei verständigen sie sich mit so betont lässigen Blicken und Gesten, als wären sie auf einem öffentlichen Platz oder in einer Bar zum gemeinsamen Abtanzen zusammengekommen.

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Das Ensemble der von Roclan González Chávez und Aaron Cash choreografierten Show "Ballet Revolucion".

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Die Tänzer in Havannas Altstadtviertel Belen.

Dazwischen fordern Roclan González Chávez und Aaron Cash - die beiden Choreografen der Produktion - die Tänzer mit richtig gut gemachten Duos, Trios und Quartetten heraus. Sie lassen das Ensemble in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen emotionale Spannungen ausloten. Zum Schluss hat jeder Zuschauer seine Lieblinge - lauter tanzende Superhelden, deren wunderbare Gabe das Vertreiben von Sorgen durch körperliche Hochleistungen ist.

Es macht kaum einen Unterschied, ob jemand gerade solistisch im Mittelpunkt steht oder ob es ein bzw. mehrere Paare eng aneinandergeschmiegt oder in kunstvollen Hebungen leidenschaftlich knistern lassen. Langeweile kommt keine Sekunde auf. Nie entsteht der Eindruck, dass kraftvolle Sprünge, virtuose Drehungen, grazile Armbewegungen, hohe Beine und anmutige Arabesken zum bloßen Selbstzweck verkommen. Auch coole Hip-Hop-Einlagen, kleinteilig-fetzige Beinarbeit, Saltos oder roboterartige Moves sind längst noch nicht alles, was die Truppe zu bieten hat. Geklotzt und geprotzt wird mit scharfen Waffen. Und die sind bei der kubanischen Tourneekompanie "Ballet Revolutión" nun einmal Energie, Präzision, Musikalität, virtuose Mühelosigkeit und athletisch durchtrainierte Körper.


Seit fünf Jahren kleidet Modedesigner Jorge González die Akteure in heiße Kostüme - oder er lässt den Blick auf die Sixpacks frei. Da hält ein Herr im Publikum seiner Frau schon mal kurz die Hand vor die Augen, wenn am Ende einer der Top-Ballerinos in knappen samtenen Hotpants auftritt, um zu "Purple Rain" von Prince - einem der fünf Song-Hits, die in jeder Vorstellung gespielt werden - seine Pirouetten in den Raum zu schrauben. Neben sechs hervorragenden Tänzerinnen sind die famosen Männer diesmal in der Überzahl.

Mitreißend ist der kubanische Exportschlager zudem, weil er durchweg von einer Live-Band aus vier Top-Musikern und den beiden im internationalen Songrepertoire versierten Sängern Weston Foster und Rachel Matthews live begleitet wird. Deren Präsenz lässt sich anfangs nur ab und an in der Dunkelheit und hinter Lichteffekten erahnen. Später werden sie auf ihren farbig beleuchteten Podien prominenter ins Licht gesetzt.

Auf Anhieb schafft es Drummer Fabian Sirgado Perez bereits im ersten Teil des zweistündigen Programms die Stimmung im Rund des Circus Krone mit einer langen, rein akustisch furiosen Solonummer zum Kochen zu bringen. Eine Tanzshow, die keine Wünsche offenlässt. Was will man im verregneten Münchner Frühling mehr?

Noch bis So, 30. April, im Circus Krone, Karten: Münchenticket