Sport in der Region

Bodybuilding: "Keine Chance mit halben Sachen"


Beim Bodybuilding kommt es nicht nur auf das richtige Training an.

Beim Bodybuilding kommt es nicht nur auf das richtige Training an.

Von Bastian Häns

Im Rahmen unserer Serie "Sport in der Region" waren wir dieses Mal mit Bodybuilder Philipp Ruge unterwegs. Wie der Tagesablauf eines Bodybuilders so ist, wann man besser kein Wasser trinkt und welchen Preis ein Deutscher Meister bekommt, das erfahren Sie in unserem Interview.

Disziplin. Wenn es darum geht, was für das Bodybuilding wichtig ist, dann geht es immer wieder darum. Beim Training natürlich, vielmehr aber noch bei Lebensstil und Ernährung. "Es ist schon ein 24 Stunden-Sport. Nur ein bisschen Training reicht nicht: Man muss sich perfekt und zeitgenau ernähren, damit man alle Nährwerte zusammenbekommt - und zudem sehr gesund essen. Das ist in der Endphase einer Diät sogar wichtiger als das Training", sagt Christian Daems, Trainer von Bodybuilder Philipp Ruge, Leiter des Fitnessstudios Vitadrom in Straubing und selbst ehemaliger Athlet. Das Verhältnis in dieser Endphase ist deutlich: In etwa macht 70 Prozent die richtige Ernährung aus, nur 30 Prozent das Training selbst.

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Beim Bodybuilding kommt es nicht nur auf das richtige Training an.

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Beim Bodybuilding kommt es nicht nur auf das richtige Training an.

Der Sport hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die Ernährung, vor allem die Nahrungsergänzungsmittel werden von Jahr zu Jahr besser. "Es gibt in der heutigen Zeit viel mehr und viel bessere Nahrungsergänzungsmittel", erzählt Daems. Das Training sei jedoch immer dasselbe. Im Prinzip könnte man auf diese speziellen Mittel verzichten, vor allem bei der Eiweißzufuhr ist dies aber mit sehr schwierig: "Das ist relativ grausam. Wenn man 300 Gramm Eiweiß am Tag braucht, sitzt man vor einem Berg aus Fleisch", sagt Daems.

Neben Disziplin ist beim Bodybuilding auch Geduld gefragt: "Es geht nicht in drei Wochen, wie es sich vielleicht der eine oder andere vorstellt." Viel mehr als fünf Kilogramm reine Muskelmasse pro Jahr zuzunehmen, ist auf seinem Level sehr schwer, auch wenn man alles dafür macht. "Ich bin auf einer gewissen Spitze. Fünf Kilo hören sich brutal wenig an, aber es wird immer schwieriger, umso mehr man aufbaut und seinen Körper optimiert", sagt Ruge. Bodybuilding ist ein permanenter Verbesserungsprozess, der bei entsprechender Motivation nie aufhört. "Das ist wie bei einem Bildhauer an seiner eigenen Skulptur", erklärt Daems mit den Worten des wohl berühmtesten Bodybuilders - Arnold Schwarzenegger.

"Eat, sleep, train, repeat"

"Eat, sleep, train, repeat" - ein gewöhnlicher Tag läuft bei Ruge so ab: "Ich stehe auf, frühstücke, gehe in die Arbeit, trainiere danach eineinhalb Stunden, koche, esse, gehe einkaufen, koche für den nächsten Tag vor und gehe wieder ins Bett." Der 22-Jährige bereitete sich gut 20 Wochen auf die vergangene Meisterschaft vor. Grundsätzlich trainiert man aber immer weiter. "Das ist schon eine Leistung", lobt sein Trainer. "Wir konnten nicht vorhersehen, dass ich mich am Ende sogar für die deutsche Meisterschaft qualifiziere", sagt Ruge.

Doch wo liegt der Reiz bei dem Sport nun genau? "Was ich mega finde, ist, dass du ein Ziel vor Augen hast", erklärt er. Man trainiere nicht für irgendeine Sommerfigur, das Ziel sei, das gesamte Jahr relativ gut auszusehen und am Wettkampftag in absoluter Top-Form zu sein. Der Fakt, dass Bodybuilding kein Teamsport ist und man selbst für seinen Erfolg zuständig ist, gefällt ihm ebenfalls: "Wenn du dein Ziel nicht erreichst, ist es möglich, dass du nicht alles gegeben hast. Den Pokal, den man vielleicht am Ende gewinnt, hat man sich ganz alleine verdient", erzählt der ausgebildete Sport- und Fitnesskaufmann. Wichtig seien aber natürlich auch die Leute, die hinter im stehen, etwa sein Trainer.

Ruge hat andere Sportarten hinter sich gelassen, um sich ganz seinem neuen Hobby zu widmen: "Früher habe ich noch Eishockey und Tischtennis gespielt. Mit 14 bin ich das erste Mal in ein Fitnessstudio gegangen. Es hat mir einfach mega Spaß gemacht und ich habe gemerkt, dass sich mein Körper verändert." Sein Ziel sei immer gewesen, sein "Hobby zum Beruf zu machen". Das habe er geschafft. "Ich wollte anfangs eigentlich gar nicht selbst die Wettkämpfe zu bestreiten, sondern andere darauf vorbereiten", erzählt er. "Mir hat das Ganze dann selbst so viel Spaß gemacht, dass ich es schlussendlich auch durchgezogen habe."

Reiz und Reaktion

2016 bestreitete Ruge dann seinen ersten Wettkampf. "Ich habe fast jeden Tag trainiert, das Training ist aber eigentlich Nebensache. Wenn man den Sport wirklich mit Überzeugung macht, geht er daheim weiter", sagt er. Er müsse in der Vorbereitung die richtigen Lebensmittel einkaufen, diese dann selbst zubereiten und den Körper jeweils 24 Stunden am Tag optimal versorgen. "Auch der Schlaf ist sehr wichtig. Und Feierngehen ist mit Wasser auch nicht sehr spannend", sagt Daems. Mindestens acht Stunden sollte ein Bodybuilder pro Nacht schlafen, um dem im Training gesetzten Reiz eine Regenerationsphase zu geben, in der er wachsen kann. "Wenn man das nicht macht, kann man sich das ganze Training sparen", erklärt der Trainer und fügt hinzu: "Oder du bist relativ schnell im Übertraining, was man an Appetitlosigkeit und Mattheit merkt. Das ist ein Teufelskreis, aus dem man schwer wieder rauskommt."

Wenn man dann perfekt vorbereitet ist: Was wird bei einem Wettkampf eigentlich bewertet? "Das Auftreten und das Gesamtbild des Athleten", sagt Daems. "Grundsätzlich sollte es einfach gut aussehen. Was genau die Jury bewertet, da habe ich selber eigentlich keine Ahnung. Es sollte aber alles so symmetrisch wie möglich aussehen", sagt Ruge. Für das beste Aussehen versucht er in der Wettkampfwoche, dem Körper die Kohlehydrate zu entziehen und ihn zu entwässern. "Eigentlich trinkst du schon die Woche davor relativ wenig Wasser. Am Wettkampftag selbst trinke ich dann gar nichts mehr", erklärt er. Nichts wird dem Zufall überlassen, jeder Effekt bedacht. Über grundlegende bio-chemische Zusammenhänge sollte man Bescheid wissen. "Man muss sich mit dem Körper auseinandersetzen", sagt Raems. "Was bei mir funktioniert, muss aber noch lange nicht bei anderen funktionieren. Zudem verändert sich ja der eigene Körper auch", sagt Ruge.

Niederschläge in der Vergangenheit

In seinen Anfängen war er lange nicht so erfolgreich, wie jetzt. Er erinnert sich an die bayerische Meisterschaft vor zwei Jahren: "Ich habe auf der Bühne richtig starke Krämpfe bekommen und bin ganz, ganz weit hinten platziert worden. Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen und habe wieder angegriffen". Und das mit Erfolg. Beim Testwettkampf der internationalen süddeutschen Meisterschaft wurde er Vize-Meister, bei der Bayerischen wurde er ebenfalls Zweiter. Dadurch qualifizierte er sich für die Deutsche Meisterschaft, die er auf Platz vier abschloss. Die ersten sechs kommen ins Finale und dürfen dann sogar international bei Wettkämpfen starten. "Ich bin mehr als nur zufrieden mit meiner Platzierung. Ich habe alles gegeben und war in der besten Form meines Lebens", sagt Ruge. Am meisten haben wir uns dann auf das Essen danach gefreut. Da gibt es erst einmal ordentlich was zwischen die Kiemen", sagt Daems schmunzelnd.

Für seinen Schützling war es der letzte Wettkampf in diesem Jahr. Wie es weitergeht, weiß Ruge noch nicht. "Wir haben schon ein paar Pläne. Vielleicht starten wir in einer höheren Klasse. Dafür müsste ich aber eine Off-Season machen und richtig Muskeln aufbauen. Ich trainiere aktuell noch stärker, härter und besser."

Leben kann man von den sportlichen Erfolgen beim Bodybuilding nicht. "Bei der deutschen Meisterschaft bekommt man vielleicht eine Dose Eiweis als Preis. Man macht es einfach für die Erfahrung", sagt Daems. Gleichzeitig hat man neben dem Sport nicht mehr viel freie Zeit. "Man ist auf jeden Fall sehr eingeschränkt. Entweder man zieht es voll durch, oder man lässt es gleich. Mit halben Sachen hat man auf der Bühne keine Chance", sagt Ruge.