Russischer Angriffskrieg

Faktencheck zu Toten in Butscha: Falsche Vorwürfe aus Moskau


Wolodymyr Selenskyj besucht die zerstörte Stadt Butscha in der Nähe von Kiew.

Wolodymyr Selenskyj besucht die zerstörte Stadt Butscha in der Nähe von Kiew.

Von Vom dpa-Faktencheck-Team

Leichen auf den Straßen und gegenseitige Anschuldigungen: Die Ukraine zählt über 400 tote Zivilisten. Moskau spricht von inszenierten Bildern. Sind die Leichen echt? Ein Faktencheck.

Die Bilder aus dem Kiewer Vorort Butscha mit Leichen auf den Straßen sorgen international für Entsetzen. Doch die russische Seite versucht, in den sozialen Netzwerken Zweifel an der Echtheit der Aufnahmen zu säen.

Die Ukraine zählt im Gebiet rund um die Hauptstadt über 400 tote Zivilisten und macht dafür die vor kurzem abgezogenen russischen Truppen verantwortlich. Moskau bestreitet das und spricht von einer "Fälschung".

Behauptung: Angebliche Leichen auf Bildern sollen lebendige Menschen sein.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Die Bilder aus Butscha gehen seit dem Wochenende um die Welt. Bereits am Sonntag reagierte das Verteidigungsministerium in Moskau und deutete auf Telegram an, die Aufnahmen könnten gefälscht sein. Dazu wurde ein mittlerweile in sozialen Netzwerken weit verbreitetes Video veröffentlicht, welches das Verteidigungsministerium im Beitragstext als "verwirrend" bezeichnet. Die Gründe demnach: Eine Leiche bewege darin ihren Arm. Später richte sich ein Leichnam auf, was der Blick in den Rückspiegel des Autos bei der Aufnahme verrate.

Hebt die Leiche ihre Hand?

Das verbreitete Video zeigt eine Fahrt durch die Jablunska-Straße des Kiewer Vororts Butscha, in der viele Leichen zu sehen sind. Das Szenario ist besser in einer vollständigen Version der Aufnahme erkennbar, die vom ukrainischen Verteidigungsministerium verbreitet wurde. Darin ist bei höherer Auflösung zu sehen, dass es sich bei der angeblichen Hand um einen Wassertropfen handelt. Durch den Fahrtwind bewegt sich dieser Tropfen auf der Windschutzscheibe nach oben.

In weiteren Aufnahmen der Jablunska-Straße liegt der Leichnam zudem immer an derselben Stelle. Am wechselnden Wetter ist erkennbar, dass alle Aufnahmen zu unterschiedlichen Tageszeiten entstanden sein müssen.

Steht ein Toter wieder auf?

Später im Video soll sich eine Leiche wieder aufrichten. Das sei im Rückspiegel zu sehen, nachdem das Auto weitergefahren ist, schreibt das Moskauer Verteidigungsministerium. In den sozialen Netzwerken behaupten Nutzer sogar, die Leiche mit der angeblich gehobenen Hand und der sich Aufrichtende seien identisch. Es handelt sich aber nicht um denselben Toten.

Im vollständigen, ungeschnittenen Video wird das deutlich, da der Rückspiegel-Blick erst 40 Sekunden nach der vermeintlichen Handbewegung kommt. Das Auto ist in der Zeit etwa 100 Meter weitergefahren. Neben unterschiedlicher Kleidung zeigt ein weiteres von unabhängigen Medien aufgenommenes Video zudem, dass die beiden Leichen an unterschiedlichen Positionen liegen.

Ein Aufrichten ist im besser aufgelösten Video des ukrainischen Verteidigungsministeriums auch bei verlangsamter Wiedergabe nicht zu erkennen. Der Eindruck entsteht vermutlich nur, weil die meisten Außenspiegel eine Krümmung haben, um das Blickfeld zu vergrößern. Die Leiche gerät bei der Fahrt ins Zentrum des Rückspiegels.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.