Österreicher in der NFL

Sandro Platzgummer: "Gib dein Bestes und arbeite"


Der Österreicher Sandro Platzgummer, hier noch in der Uniform der Raiders Tirol, hat es zu den New York Giants in die NFL geschafft.

Der Österreicher Sandro Platzgummer, hier noch in der Uniform der Raiders Tirol, hat es zu den New York Giants in die NFL geschafft.

Von Magnus Rötzer

In einer virtuellen Presserunde sprach der österreichische American-Football-Spieler der New York Giants, Sandro Platzgummer, über seine Chancen beim bevorstehenden Cut des Kaders, seinen berühmten Mitspieler Saquon Barkley und über das Leben eines NFL-Profis in der aktuellen Situation.

Sandro Platzgummer ist im Kreise seiner Familie, als er sich Ende April dieses Jahres ein Baseballcap der New York Giants aufsetzt. Die Familie - sichtlich stolz - applaudiert, alle Anwesenden strahlen vor Freude. Im Anschluss wird der junge Österreicher von jedem Familienmitglied herzlich umarmt. Zu dem Zeitpunkt weiß der Tiroler Runningback: Er hat es in die umsatzstärkste Liga der Welt, die NFL, geschafft.

Zuvor war Platzgummer Teil des International Player Pathway Programm (IPP), bei dem sich talentierte, nicht in den USA geborene Footballspieler für eines der 32 Franchises der NFL empfehlen können. Dort wusste der Österreicher zu überzeugen und erhielt doch tatsächlich einen Anruf eines Profiteams.

Was Platzgummer im April aber auch weiß: Es wartet noch jede Menge harte Arbeit auf ihn, um es auch tatsächlich in den finalen Kader des Teams aus "Big Apple" zu schaffen. Unzähligen Einheiten im Trainingscamp des vierfachen Super-Bowl-Champions folgt nun der Cut am 5. September. Dann entscheidet sich, wie es für das österreichische Talent weitergeht. Selbst wenn er dem 53-köpfigen Kader nicht angehören sollte, wäre Platzgummers Traum längst noch nicht ausgeträumt. Der 23-Jährige wäre dann zwar in der kommenden Saison nicht einsatzberechtigt, könnte aber weiterhin bei den Giants mittrainieren.

In einer Videokonferenz mit idowa und anderen europäischen Medienvertretern sprach Sandro Platzgummer am Mittwochabend über…

... die Unterschiede zwischen American Football in Österreich und den USA:

"In den USA gibt es nichts mehr, worüber man sich beschweren kann. Es gibt so viele Dinge, die man in Österreich nicht hat, aber gerne hätte, um besser Football spielen zu können und bessere Erfolge auf dem Feld zu erzielen. Bei den Giants hat man einfach alles. Es ist alles geregelt, man muss sich eigentlich um nichts mehr kümmern außer um Football. Die Professionalität ist höher und demnach auch das Niveau."

... die Möglichkeit, es als Returner über die Special Teams in den finalen Kader zu schaffen:

"Das wird für mich der wichtigste Weg sein. Als Runningback ist es sehr schwierig, weil auch sehr talentierte Runningbacks da sind. Vor allem spielen die talentiertesten Spieler meistens weniger in den Special Teams. Es ist auf jeden Fall essenziell für mich, über die Special Teams ins Team zu kommen. Speziell heuer ist es schwierig, da die Pre-Season-Spiele nicht stattfinden. Aber ich gebe mein Bestes und versuche im Training so viel aufzusaugen wie ich kann."

... über den bevorstehenden Cut des Kaders am 05. September:

"Die Cuts gibt es nunmal in der NFL. Die Story kann noch so lange sein, aber es kann auch schnell wieder zu Ende sein. Das ist die Realität, mit der man rechnen muss. Ich glaube, ich habe mein Bestes gegeben in der Situation und ich werde jede Entscheidung von den Coaches und vom Management respektieren und freue mich auf alles, was dann kommt. Es ist jetzt mein erstes Jahr in der NFL und ich sehe das als Lernjahr an. Es gibt nur wenige Spieler, die im ersten Jahr sehr erfolgreich sein können. Dass ich heuer überhaupt auf das Feld komme, ist allgemein eine relativ geringe Wahrscheinlichkeit."

... seinen Kollegen und Star-Runningback Saquon Barkley:

"Saquon ist eine tolle Persönlichkeit. Wenn man ihm auf dem Spielfeld zuschaut und sich denkt, was für ein Starspieler er schon bei den Giants ist, dann würde man nie meinen, dass er so ein korrekter und bescheidener Typ ist. Er behandelt mich und alle anderen Rookies, die noch ‚No Names' sind, ganz normal und ist extrem freundlich. Er ist ein toller Teamkollege und ich glaube, er wird ein toller Leader für das Team sein."

... New York Giants Headcoach Joe Judge:

"Er ist ein sehr korrekter Coach. Er versucht auch mir zum Beispiel persönlich Tipps zu geben. Er geht immer übers Feld, schaut nach jedem Spieler. Er ist immer sehr gut vorbereitet und macht alles sehr detailliert. Es ist wie in der Schule: Die besten Lehrer sind meistens auch die strengsten und die, die eine gewisse Persönlichkeit haben. Er ist auf jeden Fall einer der strengeren Coaches, aber auch ein sehr, sehr guter Coach und ich glaube, er wird uns heuer sehr weit bringen."

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Get better everyday #bigblue

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... über das Leben als Football-Profi in den USA in der aktuellen Corona-Situation:

"Die NFL hat für heuer keine 'Bubble' (geschützte Zone, um Teammitglieder vor dem Virus zu schützen; Anm. d. Red.) geplant, weil es bei so vielen Spielern und einem so großen Staff absolut nicht möglich ist, das zu realisieren. Auch wenn man mal einen Tag frei hat, ist man trotzdem auf dem Teamgelände. Man hat jeden Tag diesen Corona-Test. Deshalb glaube ich, ist es schon relativ sicher. Wenn jemand positiv getestet werden würde, würde das sofort auffallen. Jeder hat Tracker an, mit denen man weiß, wie nahe er an anderen Spielern war. Es wird keine 'Bubble' in diesem Sinne geben, aber man hat schon genaue Vorgaben, was man nicht machen sollte und darf."

... über die Möglichkeit für andere europäische Spieler, es in die NFL zu schaffen:

"Ich bin natürlich sehr froh, in der Position zu sein, dass ich anstatt im College in Europa gespielt habe und es trotzdem dorthin geschafft habe, wo ich jetzt bin. Aber ich denke, es ist immer noch der einfachste Schritt, in die USA zu einem Highschool- oder College-Team zu kommen und hier abzuliefern. In Europa gibt es natürlich nicht so viele Scouts wie hier in den Staaten. Aber ich denke auch, dass es keine falschen Schritte gibt. Ich würde sagen: Gib dein Bestes und arbeite. Versuche auch, das beste Coaching zu kriegen, entweder in Europa oder in den Vereinigten Staaten."