Grüne beklagen

Zunahme von Straftaten gegen Kommunalpolitiker


"Kein Platz für Hass" steht auf dem Plakat eines Demonstranten auf einem Pappschild.

"Kein Platz für Hass" steht auf dem Plakat eines Demonstranten auf einem Pappschild.

Von dpa

Hass und Hetze, Bedrohungen und Anfeindungen, Erpressungen und vereinzelt sogar Gewalt - all dem sind auch Kommunalpolitiker im Freistaat immer öfter ausgesetzt. Die Zahl der Fälle steigt.

Die Landtags-Grünen beklagen eine massive Zunahme von Straftaten gegen Kommunalpolitiker in Bayern. Sie berufen sich dabei auf Antworten des Innenministeriums auf parlamentarische Anfragen. Demnach wurden im Jahr 2021 insgesamt 267 Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger registriert. Darunter sind Fälle von Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung, aber auch von Nötigung, Bedrohung und Erpressung. Damit habe sich die Zahl im Vergleich zum Jahr zuvor mehr als verdoppelt, klagen die Grünen. Es spiegele sich auch in Bayern eine bundesweite negative Entwicklung wider. Die Zunahme der Fälle sei erschreckend.

In den Kommunen engagierten sich Menschen mit großer Leidenschaft und enorm viel persönlichem Engagement im Bürgermeisteramt oder als ganz überwiegend Ehrenamtliche im Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag, sagte der Grünen-Abgeordnete Johannes Becher. "Es muss uns alle miteinander wachrütteln, wenn genau diese Menschen immer öfter Opfer von Beleidigung, Hass, Hetze und teilweise sogar körperlicher Gewalt werden", betonte er. "Diese Entwicklung darf nicht so weitergehen."

105 Straftaten fanden online statt

Unter den 267 Straftaten waren laut Innenministerium 32 sogenannte Gewaltdelikte mit insgesamt 44 Opfern - auch Erpressungen werden in der Statistik als Gewaltdelikte erfasst. 119 der Taten wurden durch sogenannte Reichsbürger oder Selbstverwalter begangen. 105 Straftaten fanden online statt, etwa über Mails, Beiträge in sozialen Netzwerken oder Kommentarspalten im Internet. Allein 50 Fälle standen laut Ministerium im Zusammenhang mit dem Thema Corona-Pandemie.

Bei 179 Straftaten gelang es den Behörden, den oder die Täter zu ermitteln. Unter den insgesamt 195 ermittelten Personen waren 136 Männer. Die Mehrzahl der Täter war zwischen 40 und 59 Jahre alt.

"Amts- und Mandatsträgern auf kommunaler Ebene schlagen immer wieder Beleidigungen, Drohungen, zum Teil auch Hass und in Einzelfällen sogar Gewalt entgegen", berichtet das Innenministerium in der Antwort auf Bechers Anfrage. Aber nicht nur im Netz, auch in der analogen Welt sei eine Zunahme solcher Vorfälle festzustellen.

"Angriffe auf Demokratie"

"Angriffe auf Amts- und Mandatsträger sind immer auch Angriffe auf die Demokratie", betont das Innenministerium. "Es darf nicht toleriert werden, dass sich Bürgerinnen und Bürger aus Angst vor Anfeindungen und Hetze nicht oder nicht mehr für öffentliche Ämter zur Verfügung stellen beziehungsweise in der Ausübung ihres Mandats eingeschränkt werden." Durch effektive Maßnahmen gegen Bedrohungen müssten sich alle Betroffenen unterstützt und sicher fühlen können. Das 2020 durch die Justiz eingeführte Online-Meldeverfahren für Amts- und Mandatsträger für Online-Straftaten werde weiter rege genutzt.

Viele der in der Statistik erfassten Täter seien so genannte Reichsbürger und Selbstverwalter - gegen diese müsse der Rechtsstaat weiter konsequent vorgehen, betonte Becher. Möglich sei aber auch, dass auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft angestaute Unzufriedenheit und Hass an Mandatsträgerinnen ausließen. "Vor allem das Internet und soziale Medien dienen hier als vermeintlich rechtsfreier Raum, in dem man schon mal Dinge schreiben kann, die man niemals einem Menschen ins Gesicht sagen würde", kritisierte er. Nötig sei "ein Schulterschluss zur Stärkung der Demokratie vor Ort".