Verbandspräsident tritt ab

Meidinger will mit Plakaten an Schulen für Lehrerberuf werben


Der Freistaat "macht einiges mehr richtig, als andere Länder", sagt Heinz-Peter Meidinger.

Der Freistaat "macht einiges mehr richtig, als andere Länder", sagt Heinz-Peter Meidinger.

Von dpa

Ohne Entspannung beim Lehrkräftemangel werden sich auch andere Probleme im deutschen Bildungssystem kaum lösen lassen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands wirbt zum Abschluss seiner Amtszeit dafür, den Beruf attraktiver zu machen und fordert: Werbeplakate an jede Schule.

Der akute Lehrkräftemangel bremst nach Einschätzung des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, auch die Lösung vieler anderer Probleme im Bildungssystem aus. Es gebe riesige Herausforderungen, "und da ist dieser Lehrkräftemangel natürlich wie eine bleierne Decke, die auf allem liegt", sagte Meidinger der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies etwa auf die mehr als 200.000 ukrainischen Kinder und Jugendlichen, die von den Schulen aufgenommen wurden, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, schlechte Lese- und Matheergebnisse bei Grundschülern und die notwendige individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern.

Zugleich warb der scheidende Verbandspräsident anlässlich der Wahl seines Nachfolgers an diesem Freitag bei aller Krisenstimmung auch für einen positiven Blick auf das deutsche Bildungssystem und den Lehrerberuf. "Es kann einer der schönsten Berufe sein. Man bekommt enorm viel zurück. Es ist ein sehr sinnstiftender, gesellschaftlich wichtiger Beruf. Und deswegen hat die Politik die Aufgabe, dass sie dieses Berufsbild wieder attraktiv macht."

Meidinger tritt nicht mehr an

Eine Delegiertenversammlung des Deutschen Lehrerverbands wählt an diesem Freitag in Berlin einen neuen Verbandspräsidenten. Der aus einer Lehrerfamilie stammende Meidinger tritt nach sechs Jahren an der Spitze nicht mehr an. Die Amtzeit des ehemaligen Leiters eines Gymnasiums im bayerischen Deggendorf endet offiziell am 30. Juni. Nachfolger wird voraussichtlich der Augsburger Schulleiter Stefan Düll.

In anderen Ländern sei Bildung extrem teuer, in Deutschland kostenfrei. "Also ich würde insofern die Kirche im Dorf lassen. Im internationalen Vergleich kann Deutschland durchaus noch gut mithalten mit seinem Schulsystem", sagte Meidinger. Er sieht aber Herausforderungen, die es in diesem Ausmaß in der Vergangenheit nicht gegeben habe. Der Lehrkräftemangel sei der größte seit 50 Jahren. "Und was natürlich besonders schlimm ist, es ist kein Ende abzusehen." Experten rechnen mit einer anhaltend angespannten Lage über die nächsten zehn bis 20 Jahre. "Früher haben sich Phasen des Lehrermangels und Phasen der Lehrerarbeitslosigkeit abgewechselt."

Kurzfristig gehe es darum, Quereinsteiger zu gewinnen, Lehrkräfte von anderen Aufgaben durch mehr Verwaltungspersonal, Sozialarbeiter und IT-Personal zu entlasten, Lehrerinnen und Lehrer in Teilzeit zu motivieren, wieder aufzustocken oder Pensionäre, wenn sie möchten, länger arbeiten zu lassen.

Modernisierung des Berufsbildes

Insgesamt müsse der Lehrerberuf aber langfristig attraktiver, moderner und herausfordernder gemacht werden. "Also diese jetzige Praxis, ich entscheide mich für einen Beruf und das ist die Einbahnstraße dann. Ich mache am ersten Tag des Berufslebens dasselbe wie am letzten. Die ist für junge Menschen heute nicht mehr attraktiv. Wir müssen uns da eine Modernisierung des Berufsbilds vorstellen."

Der scheidende Verbandspräsident sprach sich zudem für eine große Werbeaktion aus: "Also ich wundere mich, warum nicht an jeder Schule ein Plakat hängt, auf dem gesagt wird "Lehrkräfte gesucht, kommt zu uns" und auch deutlich gemacht wird, was das für ein erfüllender Beruf ist. Im Gegenzug müsste allerdings die Politik dann tatsächlich auch Maßnahmen ergreifen, damit dieser Beruf wieder attraktiv wird."