AZ-Kommentar

Box-Krimi zwischen Anthony Joshua gegen Andy Ruiz jr.: Hart, schmerzhaft, gut


Box-Highlight in New York: Anthony Joshua gegen Andy Ruiz jr.

Box-Highlight in New York: Anthony Joshua gegen Andy Ruiz jr.

Von Bernhard Lackner

AZ-Sportchef Matthias Kerber über die Boxsensation in New York.

Auf der einen Seite Muskelberg Anthony Joshua, dessen Körper aussieht, als habe ihn ein Bildhauer der Antike in Stein gemeißelt. Auf der anderen Seite Andy Ruiz jr. mit einer Physis, die darauf schließen lässt, dass er mehr Zeit in Fast-Food-Läden zubringt als in Trainingshallen. Selten in der Boxgeschichte sah ein Kampf vorentschiedener, ungleicher aus als dieser.

Doch Boxen ist kein Schönheitsbewerb und bodygebuildete Muckis gewinnen keine Kämpfe. Genau das ist die Faszination dieses Sports, er ist immer für Sensationen gut, für hammerharte Aufreger. Das Herz, der Wille, - also letztlich das Mentale - kann immer über die rein physische Stärke triumphieren. In kaum einem anderen Sport muss man so hart und schmerzhaft dafür bezahlen, wenn einem das andauernde Schultergeklopfe, die kritiklose Bewunderung zu Kopf steigt. Joshua war bereits als der Retter des Schwergewichts hochgepriesen worden.

Ruiz hat dem Boxsport eine Lehre erteilt

Er sollte die vermeintliche Langeweile, die sich durch die Dominanz der Klitschko-Brüder breitgemacht hatte, beenden und den Sport zu alter Herrlichkeit führen, die Zeiten von Muhammad Ali, Joe Louis, Mike Tyson aufleben lassen. Joshua hatte sich mehr mit zukünftigen Gegnern wie WBC-Weltmeister Deontay Wilder und deren Schwächen beschäftigt als mit seinen eigenen. Er prophezeite Wilder eine baldige Niederlage - jetzt ist er es, der sich aus dem Ringstaub erheben muss.

Es ist Zeit, dass wirklich die glorreichen Zeiten aufleben, dass die Besten der Besten gegeneinander antreten, auch mehrmals. Dass sich die Boxer nicht hinter TV-Verträgen und Managern verstecken, sondern kämpfen, weil sie der Beste - und nicht der Schönste oder Reichste - sein wollen. Ruiz hat Joshua, aber auch dem Boxsport an sich, eine Lehre erteilt. Eine harte, eine schmerzhafte, aber vor allem eine gute.