Cham

Mißlinger: "Solche Situation auch noch nicht erlebt"


Trainer Uwe Mißlinger erklärt Gründe für die momentane sportliche Schieflage beim ASV Cham. (Foto: Fabian Roßmann)

Trainer Uwe Mißlinger erklärt Gründe für die momentane sportliche Schieflage beim ASV Cham. (Foto: Fabian Roßmann)

Von Fabian Roßmann und Redaktion idowa

Der 4:1-Sieg des ASV Cham gegen den 1. SC Feucht (idowa berichtete) war ein erster kleiner Schritt aus der Krise. Doch noch ist in Cham lange nicht alles in Ordnung. Im Interview mit idowa ließ Trainer Uwe Mißlinger vor der Partie tief in sein Seelenleben blicken.

Uwe, bislang lief es bei euch alles andere als rund. Ihr wolltet oben mitspielen, steht jetzt aber auf einem Abstiegsplatz. Worin siehst du die Hauptursachen für den momentan negativen Trend?

Mißlinger (43): Ich glaube, dass der dritte Platz im Vorjahr völlig falsche Ziele in den Köpfen einiger Leute und vor allem in den Köpfen der Spieler hervorgerufen hat. Ich habe auch das Gefühl, dass wir relativ selbstzufrieden und bequem zu uns sind und gemeint haben, es geht einfach so weiter wie letztes Jahr. Wobei man sagen muss, wenn man kritisch ist, dass die Rückrunde auch schon nicht das Gelbe vom Ei war. Und dann ergibt eben das Eine das Andere. Ich habe schon regelmäßig gewarnt, in der Vorbereitung und im Training das alles schon erkannt. Auch die Trainingsbeteiligung lässt zu wünschen übrig. Ich habe früh erkannt, dass es gefährlich für uns werden kann, aber die Spieler haben mir das nicht geglaubt. Sie haben weiterhin gedacht: Wir sind doch so gut. Wir sind auch nicht so schlecht, wie wir gerade dastehen. Und seit die Spieler erkannt haben, was Sache ist, spielt die Psyche eine entscheidende Rolle. Obwohl wir viele kopfballstarke Spieler haben, haben wir zum Beispiel letzte Woche wieder vier Standard-Gegentore bekommen, wo wir einfach daneben stehen und zuschauen. Jetzt liegen die Nerven wirklich blank.

Es gab ja vor der Saison auch den Trainerwechsel. Was hat sich dadurch verändert?

Mißlinger: Ich habe mit Sicherheit auch eine andere Anschauung, weil ich aus dem Verein komme und eventuell mehr von den Spielern verlange, als vorher von ihnen verlangt worden ist. Und dieser Anpassungsprozess hat von Anfang an gestottert. Jetzt glaube ich, dass wir auf einem guten Weg wären, aber jetzt ist viel Zeit verstrichen. Es fielen zuletzt auch entscheidende Leute aus, im Tor und Schmaderer im Angriff. Das sind viele, viele Dinge, die dann zusammenspielen und dann hast du die Soße beieinander so wie sie jetzt ist.

Und wie kann man als Trainer dagegen wirken?

Mißlinger: Das ist nicht einfach. Am Anfang siehst du zu wenig Einsatz. Dann hast du als Trainer nicht viele Möglichkeiten. Du kannst mahnen, du kannst drohen. Dann musst du deine Konsequenzen ziehen, wenn du ernst genommen werden willst. Das heißt, du musst dann Spieler auf die Bank setzen. Als nächstes kannst du den ein oder anderen suspendieren. Wenn dann diese Maßnahmen aber nicht greifen, dann hast du eigentlich verloren. Dann hast du alles auf eine Karte gesetzt und dann ist es vorbei. Und so ist es mir ergangen. Wenn du dann siehst, dass die Mannschaft willig wird und ihre Fehler einsieht, mehr Engagement in jeglicher Hinsicht zeigt, dann versuchst du, sie Woche für Woche psychologisch aufzubauen. Aber es ist dann wie bei Hase und Igel. Du machst etwas als Trainer, bist aber immer ein bisschen zu spät dran. Das ist für mich auch eine Situation, die ich so noch nicht erlebt habe und die mir auch massiv zusetzt.

Ist dann vielleicht auch die Mannschaft so zusammengestellt, dass es einfach nicht zusammenpasst?

Mißlinger: Das könnte man meinen. Aber wenn man ehrlich ist, dann hat es letztes Jahr auch gepasst - zumindest in der Vorrunde. Aber es war in der Vorrunde dann auch der Erfolg da und der Erfolg übertüncht vieles. In der Rückrunde hat man meines Erachtens nach genau das, was du sagst, gesehen. Aber da war das Polster an Punkten so groß, dass man es nicht so dramatisch gesehen hat. Die Rückrunde war eigentlich fatal, wenn man sie genau anschaut. Und auch mein Vorgänger hat schon immer gesagt, dass die Mannschaft unbedingt Auffrischung und neues Personal braucht.

Aber dazu fehlt in Cham das Geld.

Mißlinger: Ein bisschen Geld ist immer da. Aber es ist finanziell mit Sicherheit eine andere Liga in der wir uns im Vergleich zu den Konkurrenten im Landkreis bewegen. Ich will jetzt aber auch nicht jammern. Denn dafür haben wir eine Jugendarbeit, wie sie alle anderen nicht haben. Aber bezeichnend ist, wenn mit Brandl ein Spieler, der von Anfang an Stammspieler war, weil er eben besser ist als viele meiner Spieler, mit gesenktem Haupt zu mir kommt und sagt, er würde eigentlich lieber A-Jugend spielen. Dann weiß man, was los ist. Es macht anscheinend keinen solchen Spaß in der ersten Mannschaft zu spielen.

Wenn du in der letzten Rückrunde schon gesehen hast, dass vieles in die falsche Richtung läuft. Warum hast du dann den Trainerjob überhaupt übernommen?

Mißlinger: Das ist eine gute Frage. Zwei Fehler: Erstens habe ich gemeint, man kann das durch Maßnahmen korrigieren. Aber die sind fehlgeschlagen. Und das zweite ist, dass ich mich als Einheimischer auch dazu verpflichtet gesehen habe, dass ich das mache. Es ist nämlich nicht so, dass ich mich aufgedrängt hätte. Ich dachte, wir bekommen das hin. Die Verantwortlichen haben gesehen, wo es krankt. Und es ist dann einfacher, man holt einen Neuen, der reinhaut, als fünf, sechs neue Spieler. Denn das würde viel Geld kosten und wäre ein großer Aufwand. Und ich habe mir das auch zugetraut und sehe aber jetzt, dass ich da scheitere