Heidenheim-Trainer im AZ-Interview

Frank Schmidt: "Wir glauben an die Sensation gegen Bayern"


Frank Schmidt führte den 1. FC Heidenheim aus der Oberliga in die 2. Bundesliga. Heute trifft er im Pokal-Viertelfinale auf den FC Bayern.

Frank Schmidt führte den 1. FC Heidenheim aus der Oberliga in die 2. Bundesliga. Heute trifft er im Pokal-Viertelfinale auf den FC Bayern.

Von Tabitha Nagy

Der FC Bayern trifft heute im DFB-Pokal-Viertelfinale auf Heidenheim und Trainer Frank Schmidt, der schon als Spieler mit Vestenbergsgreuth triumphiert hat.

München - AZ-Interview mit FC Heidenheim Trainer Frank Schmidt: Der 45-Jährige führte den Club aus der Oberliga in die 2. Bundesliga. Seit 2007 ist er Trainer in Heidenheim. 1994 warf er Bayern als Spieler des TSV Vestenbergsgreuth aus dem Pokal. Jetzt steht er dem FC Bayern erneut gegenüber, diesmal als Trainer. Im Interview spricht er über das bevorstehende DFB-Pokal-Viertelfinale, seine Vorbilder und den FC Bayern.

AZ: Herr Schmidt, Sie haben schon einmal das Pokalwunder gegen den FC Bayern geschafft: 1994 als Spieler des TSV Vestenbergsgreuth in der 1. Runde. Was können Sie an Ihre Spieler weitergeben?
FRANK SCHMIDT: Ich will meine Spieler nicht mit ollen Kamellen langweilen. Aber eins ist Fakt: In dem Spiel 1994 waren die Voraussetzungen ähnlich wie diesmal. Wenn du am Anfang vielleicht noch nicht an deine Chance glaubst, wird dieser Glaube mit jeder Minute, in der das Spiel offen ist, größer. Das macht den Pokal aus. Die Hoffnung des Außenseiters - und die Angst des Favoriten, dass es schiefgehen könnte. 1994 war einer dieser Abende. Wir haben gut verteidigt, kurz vor der Halbzeit das 1:0 erzielt. Und je länger das Spiel dauerte, desto mehr haben wir gefightet. Wir hatten den Sieg verdient.

Haben Sie die Szenen von damals noch genau vor Augen?
Ja, absolut. Wir mussten mit dem Ersatztorhüter spielen, weil sich unser Stammkeeper beim Aufwärmen den Finger ausgekugelt hatte. Und dann spielen wir gegen Bayern tatsächlich zu null! Natürlich vergisst man auch die Tage nach dem Spiel nicht. Wir haben ein Buch erhalten mit sämtlichen Pressestimmen aus der ganzen Welt, der Sieg hat unheimliche Wellen geschlagen. Roland Stein, der ja das entscheidende Tor erzielt hatte, sollte am nächsten Tag ein Radio-Interview geben. Aber er war verschollen. Antenne Bayern hat ihn überall gesucht. Es war verrückt und einmalig.

Pokalwunder 1994: Vestenbergsgreuth gewinnt mit Frank Schmidt gegen den FC Bayern.

Pokalwunder 1994: Vestenbergsgreuth gewinnt mit Frank Schmidt gegen den FC Bayern.

DFB-Pokal-Viertelfinale gegen FC Bayern

Was bedeutet die Partie an diesem Mittwoch (18.30 Uhr/Sky live) gegen Bayern für den 1. FC Heidenheim?
Seit der Auslosung wird man nicht mehr mit dem Alltagsgeschäft in der 2. Liga konfrontiert, sondern nur noch mit Bayern. Ich habe die Partie symbolisch in eine Schublade gepackt und erst nach dem Magdeburg-Spiel am Wochenende (0:0, d. Red.) wieder herausgeholt.

Ganz logisch: Es ist etwas ganz Besonderes, für die meisten Spieler wird es das nicht mehr geben. Und wenn man schon im Viertelfinale ist, will man seine Chance nutzen. Auch gegen Bayern. Das ist unsere DNA. Manchmal gibt es Situationen, die man vorher nicht so erwartet. Das sind die schönsten Momente. Wir glauben daran, dass die Sensation gegen Bayern gelingen kann. Ich freue mich auch als Trainer extrem auf das Spiel.

Auf welche Stars der Bayern denn besonders?
Es gibt einige bodenständige Spieler, die auch aus der Region kommen. Thomas Müller oder Mats Hummels, den ich schon mal kurz kennenlernen durfte in seiner Zeit bei Borussia Dortmund. Da gibt es eine schöne Geschichte, die erzähle ich Ihnen jetzt einfach.

Gerne.
Als ich vor einigen Jahren mal wieder mit meinem Auto unterwegs war, um irgendwo in Westdeutschland ein Spiel anzuschauen, habe ich mich in Dortmund mit Sven Mislintat (früher Chefscout bei Dortmund, d. Red.) getroffen. Hummels kam auf dem Trainingsgelände zu uns und sagte: "Ah, der Trainer von Heidenheim. Sagen Sie doch bitte schöne Grüße an Marc Schnatterer! Ich bin ein Riesenfan von ihm. Ich stelle ihn immer im Managerspiel auf, und er holt viele Punkte." Das hat Hummels extrem sympathisch gemacht.

Hummels verehrt Marc Schnatterer vom FC Heidenheim

Der von Hummels verehrte Schnatterer ist Ihr Kapitän. Sie sagten mal, er sei der "Traum aller Schwiegermütter".
Das stimmt. Marc spielt schon seit der Regionalliga bei uns, er war in jeder Liga Leistungsträger. Er ist ein sehr emotionaler Spieler, der über Waffen verfügt. Einen so starken rechten Fuß wie er haben nicht viele Spieler in Deutschland. Und er ist eben bei allen Müttern sehr beliebt, weil er einfach überall gut ankommt und meist die richtigen Worte wählt.

Wie wollen Sie gegen Bayern auftreten? Ähnlich wie der SC Freiburg zuletzt?
Freiburg hat es zweimal geschafft, gegen Bayern unentschieden zu spielen. Natürlich beschäftigt man sich damit. Aber wir haben unseren eigenen Stil. Und wir sind auch keine Mannschaft, die Catenaccio spielen kann. Leidenschaftlich verteidigen, den Ball erobern und möglichst schnell nach vorne spielen - das ist unser Plan. Und wir wollen bei Standardsituationen gefährlich werden. Da hat Schnatterer große Qualitäten.

Schmidts Vorbilder: Volker Finke, Christian Streich und Jürgen Klopp

Sie hätten nach Ende Ihrer aktiven Karriere ja fast bei einer Versicherung angefangen.
Korrekt. Ein Freund von mir, der mir die Stelle angeboten hatte, nachdem sein Vater verstorben war, sagt mir noch heute, dass ich mindestens genauso erfolgreich bei der Versicherung gewesen wäre. Aber Fußball ist das, was ich am besten kann. Meine Passion.

Haben Sie ein Vorbild?
Am Anfang meiner Trainerkarriere habe ich gesagt, dass ich der Volker Finke von Heidenheim werden will. Heute ist es fast unmöglich, so lange bei einem Verein zu bleiben (Schmidt ist seit 2007 bei Heidenheim, d. Red). Christian Streich geht auch in diese Richtung. Was die Authentizität angeht, ist Jürgen Klopp einer, mit dem ich mich identifizieren kann. The Normal One. Aber ich möchte niemanden kopieren.

Herr Schmidt, ganz ehrlich: Was passiert bei einem Sieg?
Ich überlege mir besser nichts. Als wir neulich das Spiel gegen Union Berlin gedreht haben, war ich mit meinen Jungs bei den Fans und habe den Diver gemacht. Dabei habe ich mir die Rippen geprellt und konnte zwei Wochen nicht schlafen. Klar: Wenn das Wunder passiert, wird uns was einfallen. Denn feiern können wir in Heidenheim auch.

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