Landshut/Freising

40-Jährige wollte Sohn vergiften: Gericht sieht „nur“ gefährliche Körperverletzung


Symbolfoto: Patrick Seeger/dpa

Symbolfoto: Patrick Seeger/dpa

Von kö

Vor Gericht ist Claudia H. glimpflich davongekommen. Die erste Strafkammer hat die 40-jährige Freisingerin, die im Januar versucht hatte, mittels eines manipulierten Holzkohlegrills ihren fünfjährigen Sohn mit in den Tod zu nehmen, wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Vom ursprünglichen Vorwurf des versuchten Totschlags musste die Kammer nehmen, weil H. "freiwillig vom Tötungsversuch strafbefreiend zurückgetreten ist". Ein Prozessbeobachter konnte im Verhalten von H. freilich keine freie Entscheidung erkennen. "Das war einfach nur Glück", murmelte der Mann nach der Urteilsverkündung. Auch Staatsanwalt Achim Kinsky hatte die juristische Einschätzung der Kammer nicht geteilt und für "eine feige Tat" eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen versuchten Totschlags gefordert. Unbestritten blieb aber für alle, dass die höchste Strafe für Claudia H. ohnehin der Tag sein wird, an dem ihr Sohn erfahren wird, dass seine Mutter versucht hat, ihn zu töten.

Durch die Rauchentwicklung des Grills wollte die Angeklagte erreichen, dass ihr schlafender Sohn durch das austretende Kohlenmonoxid vergiftet wird. Dies hätte - wie Claudia H. laut Staatsanwaltschaft gewusst und beabsichtigt hat - einen schnellen, innerhalb weniger Sekunden eintretenden und schmerzlosen Tod ihres Sohnes zur Folge gehabt. Das sei ihr wichtig gewesen, sagte sie vor Gericht. Der Fünfjährige wachte allerdings gegen 3 Uhr wider Erwarten auf und klagte, dass er es in dem Zimmer wegen des Rauches und der Wärme nicht aushalten würde. H. brachte ihn daraufhin zurück in sein Zimmer und legte ihn ins Bett - "ich wollte ihn ja nicht zwingen, zu bleiben". Sein Vater fand den Jungen dort gegen 15 Uhr schwer verletzt. Er war nicht ansprechbar und reagierte auch auf Schütteln nicht. Kurze Zeit später erlitt er einen kurzzeitigen Herz-Kreislauf-Stillstand und musste reanimiert werden.

Der äußere Sachverhalt stand für die Prozessbeteiligten fest. Strittig war jedoch, ob mit dem Zurückbringen des Jungen in sein Zimmer ein Rücktritt vom Tötungsversuch vorlag oder nicht. Für Verteidiger Joachim Schwarzenau war dies eindeutig der Fall. Der Junge sei sofort wieder eingeschlafen; seine Mandantin hätte ihn somit liegen lassen und ihren Plan damit weiter verfolgen können.