Athen/Berlin

Mazedonien attackiert EU - "Ich habe verstanden, dass wir Europa egal sind!"


Mazedonien fühlt sich in der Flüchtlingskrise von der EU im Stich gelassen.

Mazedonien fühlt sich in der Flüchtlingskrise von der EU im Stich gelassen.

Mazedonien fühlt sich in der Flüchtlingskrise von der Europäischen Union im Stich gelassen.

Sein Land bezahle für die Fehler der EU, sagte Präsident Djordje Ivanov der "Bild"-Zeitung (Freitag). Als Nicht-EU-Land schütze Mazedonien Europa vor Griechenland, das Flüchtlinge einfach weitergeschickt habe, darunter viele mutmaßliche Islamisten. Dennoch bekomme Athen jetzt schon wieder 700 Millionen Euro von der EU, während Mazedonien keinen Cent sehe. "Ich habe verstanden, dass wir Europa egal sind."

Der Westbalkanstaat, der weder Mitglied in der Europäischen Union noch in der Nato ist, gilt als ein Schlüsselland in der Flüchtlingskrise. Nach Slowenien, Serbien und Kroatien hatte am Mittwoch auch Mazedonien entschieden, nur noch Flüchtlinge mit gültigem Reisepass und Visum passieren zu lassen. Damit ist die Balkanroute faktisch dicht.

Lager soll nicht gewaltsam geräumt werden

An der griechisch-mazedonischen Grenze harren Tausende Flüchtlinge aus, ihr Schicksal ist völlig ungewiss. Rund 800 Menschen haben das Aufnahmelager bei Idomeni inzwischen verlassen. Etwa 600 Migranten, unter ihnen viele Familien, hatten bereits am Donnerstag ihre Sachen gepackt, in der Nacht zum Freitag reisten rund 200 weitere ab, wie Reporter vor Ort berichteten. Dennoch waren am Freitagmorgen noch immer mehr als 12.500 Menschen in Idomeni.

Die Regierung in Athen plant vorerst nicht, das Elendslager gewaltsam zu räumen. Die Migranten werden in ihren Landessprachen informiert, dass die Westbalkanroute endgültig geschlossen ist. Ihnen wird geraten, in organisierte Aufnahmelager südlich der Grenze sowie im Raum Athen zu fahren.

Der griechische Bürgerschutzminister Nikos Tsokas zeigte sich im Fernsehsender Mega zuversichtlich, dass sich die Lage in Idomeni in ein bis zwei Wochen normalisieren werde. "Wir müssen die Menschen überreden, in andere Lager zu gehen. Gewalt wollen und werden wir nicht anwenden. Das wäre unmenschlich. Mit Tränengas geht das nicht."

Flüchtlingszustrom weiter ungebrochen


Unterdessen dauert der Flüchtlingszustrom von den griechischen Inseln im Osten der Ägäis zum Festland an. Am Freitagmorgen kamen rund 900 Menschen von den Inseln Lesbos und Chios in der Hafenstadt Piräus an. Die Nato setzt ihre Mission in der Ostägäis fort. Trotzdem kommen weiterhin täglich Hunderte Asylsuchende mit Schlauchbooten von der Türkei nach Griechenland.

Allein am 9. März waren es nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 3.340 Menschen. Insgesamt sind nach Angaben des UNHCR in den ersten neun Märztagen 13.661 Migranten aus der Türkei nach Griechenland gekommen. Zum Vergleich: Im gesamten März 2015 waren es 7.874.

Bulgarien hat seine militärische Präsenz an der Grenze zu Griechenland verstärkt, um ein Ausweichen von Flüchtlingen auf alternative Routen zu verhindern. Zudem stellt sich das Land darauf ein, einen Zaun an der Grenze zu errichten. "Wir haben die Bereitschaft, dies unverzüglich zu tun", sagte Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew im Staatsfernsehen. Bulgarien verlängert zudem den Zaun an der Grenze zur Türkei.

Der mazedonische Präsident warf insbesondere Deutschland schwere sicherheitspolitische Versäumnisse vor. "Bei der Humanität hat Deutschland sehr gut gehandelt. Aber bei der Sicherheit hat Ihr Land völlig versagt", sagte Ivanov der "Bild". So hätten mazedonische Behörden 9.000 gefälschte Pässe und Dokumente bei Flüchtlingen sichergestellt. Sein Land habe einen Austausch von Daten über mutmaßliche Dschihadisten angeboten, doch weder von deutscher noch von europäischer Seite sei darauf eingegangen worden.

Mazedonien sei aus Sicht der EU "nichts, kein EU-Land, kein Schengen, keine Nato. Niemand will uns", klagte Ivanov. Während die Türkei am Verhandlungstisch mit der EU sitze, sei Mazedonien lediglich "Teil der Speisekarte".