Expertin im AZ-Interview

Fastenzeit: So geht bewusstes Essen


Sarina Hunkel: "Als Teenager war ich Emotions-Esserin und litt unter Gewichtsschwankungen. Je öfter ich Radikaldiäten versuchte, desto unsicherer und unglücklicher wurde ich eigentlich, vor allem mit meinem eigenen Körper."

Sarina Hunkel: "Als Teenager war ich Emotions-Esserin und litt unter Gewichtsschwankungen. Je öfter ich Radikaldiäten versuchte, desto unsicherer und unglücklicher wurde ich eigentlich, vor allem mit meinem eigenen Körper."

Von Guido Verstegen / Online

Sarina Hunkel erklärt in einem Arbeitsbuch, wie man in 40 Tagen zum Besser-Esser mutiert - und so zufriedener mit seinem Körper und sich selbst wird. Die AZ hat sie dazu befragt.

Die Ökotrophologin Sarina Hunkel (29) arbeitet als freie Journalistin und eröffnet im April ihr eigenes Yoga-Studio "Dschungel" in Frankfurt am Main.

AZ: Frau Hunkel, für wen ist Ihr Buch gedacht? Menschen, die sich, beispielsweise in der Fastenzeit, bewusster ernähren wollen oder welche, die schon viele Diäten ausprobiert haben und unbedingt abnehmen wollen?
SARINA HUNKEL: Sowohl als auch. Das Buch funktioniert wie ein Coach, mit dem der Leser selbst aktiv wird. Er wird mit ganz viel Wissen ausgestattet, stellt sich Challenges und macht spannende Experimente. Alle Ergebnisse, Gedanken und Lösungen schreibt er direkt in sein Arbeitsbuch. Man könnte sagen, dass er zum Autor seines eigenen und individuellen Ernährungsratgebers wird.

Wie funktioniert das?
Das ist natürlich nur möglich, indem er sich mit seinem eigenen Körper auseinandersetzt, sich mit seinen Bedürfnissen, Vorlieben, Gewohnheiten und Verhaltensmustern beschäftigt. Und sie auch mal ganz bewusst hinterfragt. Die Pfunde purzeln ganz nebenbei und kommen auch nicht wieder zurück. So werden Diäten für immer hinfällig. Überhaupt halte ich eine Ernährungsweise, die für alle funktioniert, für Unsinn. Der Mensch ist einfach zu komplex, um ihm ein Konzept aufzudrücken, das Low Carb oder Intervallfasten heißt.

"Getränke werden gerne vergessen, wenn es um gesunde Ernährung geht", sagt Sarina Hunkel.

"Getränke werden gerne vergessen, wenn es um gesunde Ernährung geht", sagt Sarina Hunkel.

Das sagt Sarina Hunkel über "leere Kalorien"

Haben Sie mit solchen Diäten selbst Erfahrungen gemacht?
Als Teenager war ich Emotions-Esserin und litt unter Gewichtsschwankungen. Je öfter ich Radikaldiäten versuchte, desto unsicherer und unglücklicher wurde ich eigentlich, vor allem mit meinem eigenen Körper. Erst das Wissen durch mein Ökotrophologie-Studium hat mich sicherer gemacht. Und natürlich brauchte es jede Menge Erfahrungen und einen Austausch mit anderen, damit ich an den Punkt gelangte, ganz bewusst und selbstbestimmt zu essen. Genau das möchte ich mit meinem Buch weitergeben.

Abgesehen von Tipps rund ums Essverhalten, raten Sie auch dazu, die Getränke, die man im Laufe des Tages zu sich nimmt, genauer unter die Lupe zu nehmen. Warum?
Getränke werden gerne vergessen, wenn es um gesunde Ernährung geht. Oft haben die aber ganz schön viele Kalorien. Das Schlimme: Sie machen dabei noch nicht mal satt! So etwas wird auch als leere Kalorien bezeichnet, weil sie dem Körper nichts bringen, als Zucker, der sich nachher womöglich als Fett um die Hüfte verewigt. Haben Sie gewusst, dass ein Glas Cola in etwa so viele Kalorien hat wie eineinhalb Scheiben Toastbrot? Oder zwei Latte Macchiato ungefähr so gehaltvoll sind wie ein Teller Nudeln?

Hunkel: "Pure Lebensmittel sind ein großes Geschenk der Natur"

Welche Fehler machen Menschen sonst beim Essen oft?
Bewusst zu essen ist schon ein guter Anfang. Oft handeln wir aber aus Gewohnheit. Wir essen den Teller leer, obwohl wir vorher schon satt waren, weil wir es als Kind so gelernt haben. Ein Vorschlag ist, mit eingefleischten Verhaltensmustern zu brechen und einfach mal was auf dem Teller übrig zu lassen. Oder wir greifen gerne zu Fertiglebensmitteln, die uns aber jegliche Intuition rauben.

Denken Sie, nur durch Verzicht auf verarbeitete Lebensmittel und das bewusstere Essen kann man schon abnehmen?
Ja. Egal ob Äpfel, Tomaten, Kartoffeln, Joghurt, Forellen oder Hähnchen - pure Lebensmittel sind ein großes Geschenk der Natur. Und wenn man sie als solches lernt zu sehen, indem man ihren Geschmack und ihre Textur bewusst wahrnimmt und sich überlegt, wie sie überhaupt auf den Teller kamen und wer daran beteiligt war, dann ist schon ganz schön viel getan. Und wenn erst einmal die Qualität und nicht mehr die Quantität im Vordergrund steht, schmilzt das Fett wie von selbst.

Sarina Hunkel ist auch Yogalehrerin. Sie empfiehlt: "15 Minuten früher aufstehen und mit ein paar Sonnengrüßen in den Tag starten. Es ist nie zu spät für gute neue Gewohnheiten."

Sarina Hunkel ist auch Yogalehrerin. Sie empfiehlt: "15 Minuten früher aufstehen und mit ein paar Sonnengrüßen in den Tag starten. Es ist nie zu spät für gute neue Gewohnheiten."

Fragen Sie sich mal: Warum esse ich gerade eigentlich?

Sich fast zwei Monate so intensiv mit den eigenen Essgewohnheiten zu beschäftigen, klingt aber schon ein bisserl anstrengend. Welchen Ausgleich empfehlen Sie?
Für mich als Ernährungs-Nerd ist es vielmehr eine wirklich spannende Herausforderung. Aber ja, ich verstehe auch, dass es anstrengend sein kann, weil man doch sehr tief geht und teilweise Aufgaben löst, die nicht allzu gesellschaftsfähig sind. Ich rate zu Bewegung, am besten an der frischen Luft. Das macht den Kopf frei und senkt das Stresslevel. Genauso wie Yoga, das neben gutem Essen meine große Leidenschaft ist. Denn es bringt einen ganz nah zu sich selbst und hilft dabei, den eigenen Körper anzunehmen und bewusst zu spüren.

Essen hat ja oft auch mit Langeweile oder Frust zu tun. Was raten Sie Menschen, die oft aus solchen Gründen zu Keksen oder Schokolade greifen?
Da habe ich eine ganze Liste mit Ablenkungen zusammengestellt, aus der man sich frei bedienen kann: Zähneputzen, Tee kochen, Spazierengehen ... Leider kratzt das meist nur an der Oberfläche, aber es hilft zumindest fürs Erste. Grundsätzlich ist es wichtig, sich mal zu fragen: Warum esse ich gerade eigentlich? Und: Bin ich glücklich? Und wenn nicht, wie kann ich es werden?

So klappt's mit der Ernährungsumstellung

Sarina Hunkel hat fünf Tipps zusammengestellt, die Menschen, die an ihren Ess-Gewohnheiten etwas ändern wollen, helfen...

1. Fragen Sie sich, warum Sie etwas an Ihrer Ernährung ändern möchten und was Sie davon haben, anders zu essen.

2. Wenn Sie etwas essen, reflektieren Sie, ob Sie gerade wirklich hungrig sind oder ob nicht gerade aus anderen Gründen essen - etwa aus Langeweile, Traurigkeit oder Gewohnheit. Ist dem so, suchen Sie nach den Wurzeln.

3. Eignen Sie sich fundiertes Wissen über Ernährung an, um zu verstehen, wie Ihr Körper überhaupt funktioniert - und um sich von Mythen und Dogmen frei zu machen.

4. Greifen Sie zu puren und möglichst unbehandelten Lebensmitteln.

5. Trinken Sie mehr Wasser und vermeiden Sie Stress!

Sarina Hunkels Arbeitsbuch ist genau das: ein Buch, mit dem der Leser arbeiten muss. Fragen beantworten, über sich selbst nachdenken, Wünsche formulieren, das eigene Verhalten beobachten. Selbstreflexion spielt bei der Ernährungsumstellung diesem Leitfaden zufolge eine große Rolle. An wissenswertem Lesestoff rund um Ernährungsmythen und Inhaltsstoffe mangelt es aber dennoch nicht. - "Essgewohnheiten ändern in 40 Tagen" (12,99 Euro, 136 Seiten) ist im Trias-Verlag erschienen.

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