TTIP

Zeitplan wackelt: EU-Kommissarin rechnet mit langer Verzögerung


Die Proteste gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP nehmen zu. Auf politischer Ebene ist der Zeitplan für den Vertragsabschluss nicht mehr einzuhalten.

Die Proteste gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP nehmen zu. Auf politischer Ebene ist der Zeitplan für den Vertragsabschluss nicht mehr einzuhalten.

Von Manfred Fischer / Onlineredaktion

Offensichtlich viel zu optimistisch hat Europa den Zeitplan für das Freihandelsabkommen TTIP aufgestellt. EU-Kommissarin Malmström macht nun klar: Bis zu einem Abschluss könnte es noch sehr lange dauern. Nicht nur wegen der Proteste.

Die Anti-TTIP-Proteste und der VW-Abgasskandal alarmieren die EU-Kommission. Die große Frage ist: Wie geht es nun weiter? Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström (47) stellte am Mittwoch ihre neue Strategie vor. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und zwei weiteren internationalen Medien stand die Schwedin danach Rede und Antwort.

Frage: Frau Kommissarin, am Wochenende sind in Berlin mindestens 150.000 Menschen gegen TTIP mit den USA auf die Straße gegangen. Macht es da überhaupt Sinn, eine neue Handelsstrategie auf den Weg zu bringen, die den freien Handel noch weiter ankurbeln soll?

Antwort: Handel ist ein wichtiger Teil des Wirtschaftsaufschwungs. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass gerade Deutschland als Exportnation diese Idee unterstützt. Die neue Strategie hat aber nicht nur zum Ziel, das Wirtschaftswachstum sowie Investitionen zu fördern und dabei neue Arbeitsplätze zu schaffen und bedeutende Bündnisse zu schließen. Sie ist auch ein politisches Instrument. Wir wollen die Verhandlungen transparent machen, wir wollen die Menschen mit einbeziehen. Und wir möchten zeigen, dass es nicht nur um Profit geht, sondern auch darum, mit ärmeren Länder zusammenzuarbeiten und ihnen zu einem weltweiten Handelssystem zu verhelfen. Das trägt dazu bei, die Armut zu bekämpfen.

Frage: Der VW-Abgasskandal hat das Vertrauensverhältnis zwischen den USA und Europa stark erschüttert. Welche Auswirkungen erwarten sie auf die Verhandlungen über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP?

Antwort: Die Auswirkungen gehen weit über TTIP und Europa hinaus. Das Ganze macht deutlich, wie wichtig es ist zu zeigen, dass die von uns gesetzten Standards auch überwacht werden und auf wirklich guten Prüfverfahren beruhen. (...) Um das Thema Abgasemissionen geht es bei den Verhandlungen nicht. Aber ich denke, auch in der europäischen Debatte klingeln jetzt ein wenig die Alarmglocken. (...) Die Amerikaner leben nicht in Höhlen. Sie haben ebenfalls sehr hohe Standards und manche sind sogar höher als unsere. Das zeigt, dass wir nicht immer die Besten sind.

Frage: Wann können die Verhandlungen über TTIP abgeschlossen werden? Die Staats- und Regierungschefs wollten ein Ergebnis noch vor Jahresende...

Antwort: Bei allem Respekt für die Staats- und Regierungschefs - dieses Jahr wird es nichts werden. Mit etwas Glück schließen wir die Verhandlungen bis Ende nächsten Jahres ab. Das hängt aber vor allem von der Situation in den USA ab. Die Frage ist: Hält die US-Regierung das Thema für zu heikel, um es im Wahljahr durchzudrücken oder denkt sie, dass sie zu einem Abschluss kommen und die Ratifizierung dann der nächsten Regierung überlassen kann? Ich weiß es nicht. (...) Wenn wir es nicht unter (US-Präsident Barack) Obama abschließen, werden wir eine Pause machen und sehen müssen, wie es mit der nächsten Regierung weitergeht.