Deine Knie zittern, die Hände werden feucht und dein Mund ist staubtrocken. Gleich musst du vor deiner Klasse ein Referat halten. Aufregung und Panik sind da alles andere als hilfreich. Doch keine Angst! Profi-Sprecher und Lebens-Coach Thomas Friebe erklärt im Interview, wie du ein überzeugendes Referat hältst.

Herr Friebe, wie wird mein Referat - abgesehen vom Inhalt - erfolgreich?

Thomas Friebe: Der Mensch hat Angst vor dem Unbekannten. Daher stellst du dir vor einem Referat häufig die Frage "Werde ich mich blamieren?" Eine Hilfe ist, das Unbekannte vorwegzunehmen. Male dir den optimalen Ausgang der Situation aus. Ganz nach dem Motto "Wie wünsche ich mir die Situation?" Schließe deine Augen und stelle dir dein Klassenzimmer und deine Mitschüler vor. Deine positive Einstellung muss fühlbar sein. Du kannst dein Referat im Kopf mit geschlossenen Augen oder vor dem Spiegel durchgehen und schöne Musik dazu hören. Fühle dich einfach wohl dabei! Kurz vor der Präsentation kannst du auf diese positive Emotion zurückgreifen. Diese Technik nennt man "Audiovisualisierung".

Wie kann ich mich kurz vor einer Präsentation beruhigen?

Die Atmung spielt bei Vorträgen eine sehr wichtige Rolle. Atme vorher ein paar Mal tief in deinen Bauch ein, sodass der Bauch nach außen geht. Versuche zusätzlich bei einigen Atemzügen, doppelt so lange auszuatmen als ein. Dadurch kommt genau so viel Sauerstoff in deine Lungen, wie du brauchst. Das kannst du mit Hilfe einer Stoppuhr schon ein paar Tage vorher üben, um einen Rhythmus zu finden. Das beruhigt Nerven und Körper. Ein paar Minuten vor deinem Referat gehst du am besten kurz irgendwohin, wo du nicht gestört wirst. Stell' dich breitbeinig hin und strecke die Arme in die Luft - wie bei einem Rock-Konzert. Das ist eine sogenannte "Power-Pose". Nach ein paar Minuten steigt der Testosteron-Wert in deinem Körper und die Konzentration des Stresshormons Cortisol sinkt. Dadurch fühlst du dich selber besser und dein Umfeld nimmt dich als souveräner wahr.

Was mache ich, wenn die Aufregung während eines Referats stärker wird?

Du konzentrierst dich einfach auf das Thema. Dadurch blendest du alles um dich herum aus. Du kannst dir vorher schon Stellen für sinnvolle Pausen überlegen und markieren. In diesen Pausen atmest du bewusst und tief ein. Oder du denkst dir eine Frage aus, die du zur Not jederzeit stellen kannst.

Wie kann ich die Zuhörer für mich gewinnen, wenn die Aufmerksamkeit schwindet?

Versuche, plötzlich leiser zu sprechen oder eine starke Pause zu machen. Wenn zum Beispiel Mitschüler tuscheln, kannst du aufhören zu reden und sie einfach anschauen. Durch den Blickkontakt fühlen sie sich ertappt und werden sofort aufhören.

Wie kann ich das Publikum für mich gewinnen und langweilige Inhalte interessant darstellen?

Ein guter Tipp ist, durch die Sprache Bilder zu erzeugen. Nutze Vergleiche und Metaphern, mit denen das Publikum etwas anfangen kann. Zusätzlich kannst du die Zuhörer miteinbeziehen. Stelle gleich zu Beginn eine Frage, bei der sich jeder persönlich angesprochen fühlt. Ein Beispiel: Wie viele Kilometer fahrt ihr jeden Tag in die Schule? Zeige den Zuhörern, dass sie etwas von deinem Vortrag haben. Außerdem solltest du dich gleich am Anfang fragen, was du mit deinem Referat erreichen willst. Setze also am Anfang schon dein Ziel fest.

Welche Tipps gibt es gegen eine zittrige oder zu hohe Stimme?

Hier zählt erneut die Vorarbeit. Die Audiovisualisierung kann dir auch bei dieser Angst helfen. Oder du nimmst dich mit deinem Smartphone auf und hörst dir deinen Vortrag danach an. Die Selbstwahrnehmung ist meist sehr unterschiedlich zur Fremdwahrnehmung. Es kann gut sein, dass du dich gar nicht so anhörst, wie du erwartet hast. Dann kannst du gezielt an den Dingen arbeiten, die dich noch stören.

Übungen für ein lockeres Mundwerk

1. Schnauben wie ein Pferd:

Lass deine Lippen flattern wie ein Pferd, wenn es schnaubt. Das entspannt die Gesichtsmuskeln. "Diese Übung mache ich 20 Mal am Tag", erklärt Profi-Sprecher Thomas Friebe

2. "Stäbchen essen":

Du nimmst ein Ess-Stäbchen quer zwischen deine Zähne, ohne dass die Mundwinkel das Stäbchen berühren. In dieser Haltung bleibst du zwei Minuten lang. Die Wirkung beschreibt der Profi-Sprecher so: "Dadurch verändern sich die biochemischen Stoffe in deinem Körper und das Glückshormon Dopamin wird ausgeschüttet. Du trickst also dein Gehirn aus. Dadurch, dass du so tust, als hättest du gute Laune, wird sich dein Gemütszustand ins Positive verändern."

3. Wilde Grimassen:

Suche dir kurz vor deiner Präsentation eine ruhige Ecke und probiere alle Grimassen aus, die du kennst. Am besten bewegst du jeden Muskel. Du kannst dein Gesicht zusätzlich mit den Fingerspitzen sanft massieren, um die Durchblutung anzuregen.

4. Zungengymnastik:

Versuche, mit geschlossenem Mund zu gähnen. Stell dir vor, du hättest einen Tischtennisball auf dem hinteren Ende deiner Zunge. Dadurch öffnet sich dein Rachen und Muskeln, Kelhkopf und Stimme werden locker. "Damit verleihst du deiner Stimme eine natürliche Tiefe", sagt Thomas Friebe.

Thomas Friebe...

• ...hat eine Ausbildung bei "Radio IN" in Ingolstadt absolviert und war später Redaktionsleiter und Chefredakteur beim Ingolstädter Regionalfernsehen INTV.

• ...litt am Anfang seiner Ausbildung zum Radio-Volontär unter extremer Mikrofonangst. Die hat er erfolgreich überwunden, indem er sich mit der Angst beschäftigt und auseinandergesetzt hat.

• ...machte seine Sprechertätigkeit im Jahr 2001 zum Hauptberuf.

• ...ist Sprecher bei "Wer wird Millionär", "Klein gegen Groß", "Anwälte im Einsatz" und für Marken wie Mercedes, L'Oréal und Telekom.

• ...spricht den Helden Desmond Miles "Assassin's Creed", den Feuergott Ragnaros in "World of Warcraft" und den durchgeknallten Wissenschaftler Richtofen in "Call of Duty".

• ...hat mit Autor Brian Tracy den Bestseller "Transform" geschrieben.

• ...will mit seinem Blog "Redemut" anderen Menschen helfen, Ängste des Alltags zu überwinden. Den Blog findest du im Internet unter www.coach-friebe.de.