Serie: Sport in der Region

Mit Krav Maga gegen tätliche Angriffe aller Art gewappnet


Markus Moors zeigt mithilfe seiner Frau Manuela, wie man sein Gegenüber schnell entwaffnet.

Markus Moors zeigt mithilfe seiner Frau Manuela, wie man sein Gegenüber schnell entwaffnet.

Von Felix Hüsch

Stellt euch vor, ihr werdet angegriffen oder bedroht und es heißt: "Geld oder Leben!". Wenn ihr weder Geld noch Leben geben wollt, solltet ihr vorbereitet sein. Training für den Ernstfall bietet der KravMaga-FightClub Straubing.

Markus Moors steht regungslos da. Seine Frau Manuela richtet eine Waffe auf ihn und ist kurz davor, abzudrücken. Plötzlich dreht Markus den Oberkörper so, dass er mit der Hand des gestreckten linken Arms den Schlitten der Waffe zu fassen bekommt. Die rechte Hand platziert er hinter der Waffe, die nach wie vor in Manuelas Händen liegt. Dann geht er auf sie zu, deutet einen Tritt zwischen ihre Beine an, entreißt ihr die Waffe und läuft davon. Das alles dauert nicht länger als zwei Sekunden.

Training im Straubinger KarateDo

"Gibt es noch irgendwelche Fragen", will Moors wissen, als er sich nach ein paar Schritten wieder zu seiner Frau und der Gruppe umdreht. "Wichtig ist, dass die linke Hand auf dem Teil des Schlittens liegt, der die Patronenhülsen auswirft. So kann euer Gegenüber nicht mehr nachladen und ihr reduziert die Chance, erschossen zu werden." Was Moors zuvor szenisch dargestellt hat, war eine Technik des israelischen Selbstverteidigungssystems Krav Maga. Zusammen mit seiner Frau gibt der 39-Jährige zweimal die Woche Selbstverteidigungskurse im ersten Stockwerk des KarateDo in Straubing.

Da draußen im echten Leben die Regeln der Straße gelten und man in verschiedene missliche Lagen geraten kann, setzen die beiden in jedem Training neue Schwerpunkte. "Heute trainieren wir Entwaffnung und Befreiung aus bestimmten Griffen. Nächste Woche ist Bodenkampf dran", erklärt Markus Moors. Damit sich beim Simulieren des Ernstfalls niemand verletzt, stehen Schutzkissen und Schoner für den Intimbereich zur Verfügung. Bei den Waffen handelt es sich lediglich um Attrappen - auch wenn Originalgröße und -gewicht gegeben sind.

Derzeit hängen überall in Straubing Poster, die zum KravMaga-Basicseminar für Einsteiger einladen. Durch eine ähnliche Werbung wurden Manuela und Markus vor neun Jahren auf den Sport aufmerksam. "Wir waren zusammen im Fitnessstudio und haben ein Plakat gesehen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon viele Kampfsportarten ausprobiert. Judo, Karate, Kickboxen - der klassische Weg sozusagen", erinnert sich Markus. Heute gibt das Paar an fünf Standorten regelmäßiges Training und gelegentliche Basic-Seminare. Neben Straubing fand der KravMaga-FightClub auch in Deggendorf, Landshut, Passau und seit 2015 in Regensburg ein Zuhause.

Trainerteam wird vergrößert

Nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland sei das Interesse an dem Selbstverteidigungssystem in den letzten zehn Jahren stark gestiegen. Vor allem erachteten es immer mehr Frauen als wichtig, sich im Falle eines Angriffs wehren zu können. In der Gäubodenstadt trainiert Moors heute um die 50 Mitglieder. "Der Großteil kommt allerdings eher unregelmäßig. Viele wurden von der Grippewelle erwischt oder haben nur ab und zu Zeit. Deshalb ist es gut, dass Krav Maga kein Wettkampfsport ist". Manuela und Markus machen das Training an den fünf Standorten nicht zu zweit. Manche Teilnehmer ließen sich zu Trainern ausbilden. Dafür müsse man seit anderthalb Jahren dabei sein und eine direkte Ausbildung mit Prüfung absolvieren. Man darf hoffen, so Moors, bald über ein 10-köpfiges Trainerteam zu verfügen.

Aber wie wahrscheinlich ist es eigentlich, auf der Straße angegriffen und zum Beispiel mit einem Messer bedroht zu werden? Das ist wohl davon abhängig, in welcher Stadt man lebt - und welchen Job man hat. Markus Moors blickt seit nunmehr 15 Jahren auf diverse Tätigkeiten im Security-Bereich zurück. Auch mit Opfern von Gewalttaten hatte das Ehepaar Moors schon zu tun. An einen Fall erinnern sie sich ganz genau: "Es war eine junge Frau, die bei einem Messerangriff verletzt und zudem vergewaltigt wurde. Als wir das erste Mal mit ihr die Verteidigung in einem Fall wie ihrem durchgenommen haben, ist sie weinend aus dem Raum gelaufen. Wir wussten noch nichts von ihrem Schicksal. Heute ist sie psychisch wieder soweit stabil, dass man mit ihr Messerabwehr trainieren kann. Krav Maga kann Opfern von Gewalttaten viel Selbstbewusstsein zurückgeben."

Vielseitige Kampftechnik

Krav Maga erfüllt nicht nur seinen Zweck als Mittel der Selbstverteidigung und Deeskalation bei Privatpersonen. Beim Militär bildet es einen wichtigen Teil der Nahkampf-Ausbildung und bei der Polizei bringt man unter anderem Eigenschutz und Personenschutz damit in Verbindung. "Polizisten trainieren aber auch oft Jiu Jitsu. Problem bei dieser japanischen Technik ist, dass sie uralt ist. Krav Maga ist deutlich moderner und vor allem anpassungsfähiger", erklärt Moors.

Die US-Amerikaner haben wie so oft ihre ganz eigene Interpretation von Krav Maga. Sie nutzen es oftmals als reinen Ersatz zum Fitnessstudio. Dem steht Moors kritisch gegenüber. Er hoffe, mit seiner Arbeit mehr bewirken zu können, als nur ein bisschen Fitnesstraining. Wenn der Fokus nicht auf der Selbstverteidigung liegt, wäre man "da draußen nicht vorbereitet", wenn man angegriffen wird. "In Passau hatten wir mal einen Teilnehmer, der am Anfang 125 Kilo gewogen hatte und durch regelmäßiges Training bald nur noch 85 Kilo wog. Das ist natürlich gut, sollte aber nur als netter Nebeneffekt gesehen werden."