Mainburg/Kelheim

Haftpflichtversicherung für Asylbewerber?


Keine 50 Euro pro Kopf würde eine Haftpflichtversicherung für Asylbewerber bei der Versicherungskammer Bayern kosten.

Keine 50 Euro pro Kopf würde eine Haftpflichtversicherung für Asylbewerber bei der Versicherungskammer Bayern kosten.

Bei der Bürgerversammlung zur geplanten Notunterkunft in Elsendorf tauchte nun die Frage auf, ob Asylbewerber eine Haftpflichtversicherung haben? Die Antwort: Nein - genauso wenig wie etwa ein Drittel der Bundesbürger, die damit ihr gesamtes Vermögen riskieren. Aber warum denkt niemand an die Tausende von Flüchtlingen, die ins Land strömen und wahrscheinlich noch nie etwas von einer privaten Haftpflichtversicherung gehört haben?

Der Fall hatte für einiges Aufsehen gesorgt. Vor fast genau einem Jahr knallte ein Asylbewerber in Geisenfeld auf seinem Fahrrad mit defekten Bremsen in ein Auto. Zum Glück ist nichts weiter passiert. Der Mann kam mit leichten Blessuren davon. Er erholte sich schnell. Doch für den Fahrzeughalter hatte der Bagatellunfall Folgen. Er drohte auf seinem Schaden von fast 5.000 Euro sitzenzubleiben. Später zahlte seine Assekuranz über die Vollkasko. Es blieben aber die Eigenbeteiligung in Höhe von 500 Euro, die Kürzung des Schadenfreiheitsrabatts und höhere Beiträge in den Folgejahren.

Archus Neumayer sen. hat diese Frage keine Ruhe mehr gelassen. "Die wichtigen Versicherungen wie bei Krankheit oder Haftpflicht, sind für jeden Bürger absolut notwendig", sagt der frühere Elsendorfer Vizebürgermeister. Das gilt seiner Auffassung nach natürlich auch für Asylbewerber, worauf er die Vertreter des Landratsamt immer wieder hingewiesen habe. Doch von der Reaktion der Beamten auf seine Anfragen zeigte sich Neumayer ein ums andere Mal enttäuscht: "Kennen wir nicht, gibt es nicht, nicht erforderlich", bekam er nach eigener Aussage immer wieder zu hören.

Im Landkreis Miesbach sind Asylbewerber haftpflichtversichert

Doch Neumayer gab nicht nach und stellte ganz einfach eigene Recherchen an. Und siehe da, es gibt Landkreise, die das Problem längst erkannt haben. So zum Beispiel Miesbach, wo inzwischen sämtliche dort untergebrachte Asylbewerber haftpflichtversichert sind. Das hat der dortige Kreistag Ende September so beschlossen.

Ist die Meldung von Asylbewerber an die Assekuranz nicht furchtbar kompliziert? Vor allem bei den "Kurzzeitgästen" in den Notunterkünften, die oft nur wenige Wochen bleiben? Wird das nicht ein neues bürokratisches Monster? Keineswegs, sagt Archus Neumayer. Denn gemeldet werden müssen zu den halbjährlichen Stichtagen 1. Juli und 31. Dezember jeweils nur die aktuellen Belegungszahlen in den Unterkünften. Das Antragsformular passt übrigens auf eine einzige DIN A4-Seite. Da könnte sich so manche Behörde eine Scheibe abschneiden.

Ganz ähnlich und völlig unbürokratisch handhabt das übrigens schon seit Jahresbeginn der Bayerische Landessportverband (BLSV). Nehmen Asylbewerber am Sportangebot eines Vereins teil, genießen diese automatisch und ohne Mitgliedschaft den vollen Versicherungsschutz der ARAG Sportversicherung. Der Vereinskassier muss diese nicht einmal namentlich nach München in die BLSV-Zentrale melden. Vereinsmitglieder müssen die Asylbewerber erst dann werden, wenn sie an Wettkämpfen oder am Spielbetrieb teilnehmen wollen.

Aber die Kosten! Als erfahrener Kommunalpolitiker weiß Archus Neumayer sen. nur zu gut, dass das ein Totschlagsargument sein kann. Nach althergebrachtem, heute leider ein wenig in Vergessenheit geratenem parlamentarischen Brauch, kümmerte sich der frühere Elsendorfer Vizebürgermeister auch um die Finanzierung. Er ließ sich von der Versicherungskammer Bayern ein Kostenangebot unterbreiten. Und siehe da: Der finanzielle Aufwand ist durchaus überschaubar.

Der Jahres(netto)beitrag für eine speziell für Asylbewerber angebotene private Haftpflichtversicherung beläuft sich auf 35 Euro je Einzelperson, inklusive Versicherungssteuer also 41,65 Euro. Ohne Beitrag mitversichert sind familienangehörige Kinder bis zum 18. Lebensjahr. Die Versicherungssumme beläuft sich auf maximal fünf Millionen Euro pauschal für Personen-/Sach- und/oder Vermögensschäden.

Der Landkreis Miesbach hat sich bereits Ende September dazu entschlossen, seine Asylbewerber zu versichern. Die Kosten beliefen sich auf rund 80.000 Euro. Und in Kelheim? Dort ist noch nichts entschieden, wie es aus dem Landratsamt hieß. Bei derzeit etwa 1.750 Flüchtlingen zwischen Altmühltal und Hallertau kämen etwas mehr als 70.000 Euro zusammen. Angesichts eines am Montag verabschiedeten Kreishaushalts mit einem Gesamtvolumen von 127 Millionen Euro eine durchaus überschaubare Summe - möchte man meinen.