Landau/Pöcking

Des Bankers Traum vom Bier aus aller Welt


Gerhard Steinbeißer hat seinen Bankjob reduziert, um dem Hobby als Sommelier zu frönen.

Gerhard Steinbeißer hat seinen Bankjob reduziert, um dem Hobby als Sommelier zu frönen.

Gerhard Steinbeißer hat seinen Bankjob reduziert, um dem Hobby als Sommelier zu frönen.

In einer weißüberzogenen Flasche mit dem Konterfei eines goldenen Drachens befindet sich eine für Gerhard Steinbeißer schier unermessliche Köstlichkeit: Das aus Belgien stammende Bier "Gulden Draak" - und es ist nur eines von vielen Bieren aus aller Welt, die der 51-Jährige im Kühlschrank hat. "Das da kommt aus Amerika", beginnt er die Aufzählung, stellt eine Flasche auf den hölzernen Tisch. Es folgen weitere, unterschiedliche Flaschenformen mit unterschiedlich farbigen Etiketten. "Das hier stammt aus Asien und hier haben wir eines aus Russland." Bier, vor allem Bier aus aller Welt, ist die große Leidenschaft von Gerhard Steinbeißer. Damit hat er sich einen Lebenstraum erfüllt: Nach der Ausbildung zum Biersommelier hat er 2010 in Pöcking bei Eichendorf eine kleine Gaststube eröffnet. Hier schenkt er sein eigenes Bier aus - und als Besonderheit Biere von allen Kontinenten der Welt. Seinen Bankjob mit Führungsposition hat er für das Hobby reduziert.

Sein Rezept zum Lebensglück klingt einfach. "Je älter du wirst, umso mehr überlegst du, was dir wirklich etwas gibt im Leben." So gesehen dürfte es Gerhard Steinbeißer nicht allzu schwer gefallen sein, eine durchaus risikoreiche Entscheidung zu treffen. Einst Kreditleiter und Prokurist bei einer Bank, fünf Tage die Woche beschäftigt, ist er mittlerweile nur noch Teilzeit-Banker - und stattdessen Hobbybrauer und Gastwirt aus Leidenschaft. Ein Kindheitstraum: Als Sohn eines Maurers und einer Bedienung hat Gerhard Steinbeißer schon als Bub die Mutter bewundert, wenn sie in den Wirtshäusern rund um Eichendorf ausschenken und die Gäste bedienen durfte: "Das fand ich schön und wollte es seitdem auch immer machen." Als Erwachsener hat der mittlerweile 51-Jährige das aber schnell vergessen und wurde Bankkaufmann, erarbeitete sich eine Führungsposition, machte Karriere. Erst als er 2004 ein Set zum Bierbrauen geschenkt bekam, nahm das Schicksal seinen Lauf: "Ich hab's ausprobiert und es kam ein grässlicher Sud heraus. Das konnte man gar nicht trinken", erinnert er sich lachend. Trotz des Misserfolgs hat er Blut geleckt und nicht mehr aufgehört, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Irgendwie muss doch ein trinkbares Bier entstehen, so seine Motivation, die ihn letztlich sogar zu einer Biersommelier-Ausbildung in Gräfelfing führte. Er experimentierte und experimentierte. Irgendwann kam Bier heraus - genießbares und gutes Bier. 2008 meldete Steinbeißer ein Gewerbe an, eröffnete mit der Produktion des Vilstaler Steinbräus seine eigene kleine Hobbybrauerei.

Aus Elternhaus wird Gaststube

Und dann kam eines zum anderen. Eines Tages ging Steinbeißer durch die leeren Räumen seines Elternhauses in Pöcking. Nach dem Tod des Vaters stand es leer, die Geschwister wussten nicht, was daraus werden sollte. Verkaufen oder vermieten wollten sie nicht. "Ich stand plötzlich hier drin und dann hat es Klick in meinem Kopf gemacht: Mit einem Mal hab' ich im Wohnzimmer eine Gaststube gesehen, im Esszimmer eine Schenke, im Wintergarten Raum für die Gäste und draußen einen Biergarten." Während Gerhard Steinbeißer erzählt, sitzt er auf der Bank vor dem wärmenden Ölofen - und blickt auf all das, was er gerade beschreibt: Eine kleine gemütliche Gaststube mit 45 Sitzplätzen, dazu eine Theke, hinter der die Bierflaschen aus aller Welt funkeln. Nach gut einem Jahr Vorplanung hat er im November 2010 seine Visionen in die Realität umgesetzt. Er nannte die Gaststube Aloisius-Schänke, nach seinem verstorbenen Vater Alois.

Steinbeißer reduziert seinen Bankjob


Den Job in der Bank hat er auf drei Tage die Woche reduziert. Und den Chef vorab gefragt, ob er die Nebentätigkeit genehmigt. "Wirtshausbruder und Prokurist, passt das zusammen? Anfangs hatte ich schon ein wenig Bedenken, dass das bei den Kunden vielleicht nicht so gut ankommen könnte", resümiert Steinbeißer. Diese Zweifel haben sich mittlerweile aufgelöst. Kunden und so mancher Bankkollege schauen mittlerweile gerne bei ihm vorbei. Denn Gerhard Steinbeißer schenkt nicht nur sein eigenes Bier aus. Bei einer Menge von 150 Litern pro Monat hätte er nicht genügend Bier im Angebot. Deswegen hat er angefangen, Biere aus aller Welt vorrätig zu halten. "Biervielfalt lautet die Devise", berichtet er. Schon sein Ausbilder in Gräfelfing hat ihm dahingehend einen Trend prognostiziert. Biere von allen Kontinenten sollte sein "Haus der 99 Biere" umfassen. Mit 33 unterschiedlichen Sorten hat er angefangen. "Mittlerweile gibt es viele Internetshops, die internationale Biere anbieten. Anfangs war es schwierig", erinnert sich der Sommelier. "Da hab' ich zum Teil sämtliche Asiamärkte abgeklappert, um dort eine einzige Flasche Bier zu finden." Heute führt er Biere aus Kanada, aus Mexiko, aus Grönland, aus Belgien, aus China, aus Neuseeland - und freilich auch viele Sorten aus Bayern: "Auf's Probieren sind die Gäste wild - aber wirklich trinken tun sie dann doch lieber unser gutes Bier."

Das Reinheitsgebot schränkt ein

Ob das wohl am Reinheitsgebot liegt, das dieser Tage seinen 500. Geburtstag feiert? Gerhard Steinbeißer ist sich nicht ganz sicher: "Ich finde, das Reinheitsgebot schränkt die deutschen Brauer schon recht ein. Wenn man bedenkt, aus welcher Zeit es stammt und warum es damals eingeführt wurde, ist es meines Erachtens nicht mehr hundertprozentig zeitgemäß. Was würde dagegen sprechen, neben den Grundzutaten noch andere naturbelassene Stoffe zu erlauben?" Ganz über den Haufen werde würde Steinbeißer das Reinheitsgebot aber nicht: "Nur ein wenig lockern." Für den Privatgebrauch hat er es manches Mal schon außer Acht gelassen: "Das Ergebnis war mal so, mal so."

Gerhard Steinbeißer wird weiter experimentieren. Seine Gaststube und seine Hobbybrauerei wird er führen, solange es ihm Spaß macht. Ab dem Vatertag hat er jeden Donnerstag geöffnet und auf Anfrage. Damit hat er die Zeiten schon etwas reduziert: "Das Ganze sollte ja ein Hobby darstellen und nicht zu viel Arbeit. Ich will außerdem immer Zeit für neue Ideen haben."