Landau/Eichendorf

Clever: Wie Evelin Binieck einen Telefonbetrüger durchschaute


Evelin Binieck aus Eichendorf wäre beinahe das Opfer eines Telefonbetrügers geworden. Doch sie durchschaute die Masche.

Evelin Binieck aus Eichendorf wäre beinahe das Opfer eines Telefonbetrügers geworden. Doch sie durchschaute die Masche.

Evelin Binieck kann es nicht fassen. Um ein Haar wäre die 59-Jährige vorige Woche das Opfer eines ausgefeilten Telefonbetrugs geworden: Unter dem Namen einer real existierenden Münchner Bank hat ihr ein Betrüger einen Kredit angeboten und sie zur Bezahlung einer Absicherungsgebühr genötigt. Gerade noch rechtzeitig hat Evelin Binieck Lunte gerochen.

Die Bank bestätigte ihr, dass sie nicht das erste Opfer dieser Abzocke gewesen wäre. Mittlerweile hat Evelin Binieck den Fall zur Anzeige gebracht und sich bewusst an die Zeitung gewandt: "Ich will andere Leute warnen. Gerade in der Weihnachtszeit könnte man auf diese perfide Masche hereinfallen."

Die Betrüger sind äußerst geschickt vorgegangen. Es war vergangenen Dienstag, als Biniecks Privattelefon - sie lebt in Eichendorf - klingelte. Nummer unbekannt. Am anderen Ende meldete sich eine Frau, die sich als Mitarbeiterin der in München sitzenden Deutschen Kontor Privatbank ausgab. Sie würde Binieck gerne einen Kredit anbieten, schließlich habe diese sich ja im Internet danach kundig gemacht. "Das stimmt auch", erklärt Binieck. "Ich habe zwei Wochen zuvor über die Homepage Finanzcheck24 Kreditangebote für eine Freundin recherchiert. Dadurch müssen die wohl irgendwie meinen Namen und meine Kontaktdaten abgefischt haben."

Binieck hat zu Beginn des Telefonats aber noch keinen Verdacht geschöpft und der Mitarbeiterin erklärt, dass sie sich im Falle des Falles für eine Kreditsumme von 20.000 Euro interessiere. Das werde nun geprüft, erklärte die Frau am Telefon. Zehn Minuten später ein erneuter Anruf. Angeblich wieder von der besagten Münchner Bank. Dieses Mal wurde Evelin Binieck zum ersten Mal stutzig. "Mein Telefon hat mir eine Potsdamer Nummer angezeigt. Ich stamme aus Berlin und kenne die Vorwahl daher. Auf meine Nachfrage hat der Mann - er nannte sich Sven Günther - dann gemeint, er rufe aus der Potsdamer Filiale an." Er nannte Binieck ein Kreditangebot über 20.000 Euro, 72 Monate Laufzeit, Raten von 299 Euro, effektiver Jahreszins 2,49 Prozent. Als besondere Kondition hinsichtlich Weihnachten dürfe sie mit der Rückzahlung der Raten auch erst im Februar beginnen. Binieck stutzte zum ersten Mal: Hatte die Mitarbeiterin beim ersten Anruf nicht etwas von März gesagt? "Oh, stimmt, ich habe mich verschaut", lenkte der Anrufer auf ihre Nachfrage ein. Biniecks Mann recherchierte parallel zum Telefonat am Computer. "Die Angaben waren realistisch. Es gibt Kredite zu diesen Konditionen, sonst wäre ich schon misstrauischer gewesen", so die Reisebüroinhaberin im Nachhinein.

Endgültig Lunte gerochen hat sie allerdings, als ihr der angebliche Bankmitarbeiter am Telefon sagte, sie müsse eine Absicherungsgebühr leisten - und zwar im Voraus. "Das ist völlig unüblich. Das weiß ich von meinem Autokredit her. Er versprach mir, dass ich einen Barscheck über 20.000 Euro bekomme, sobald ich in Form von Pay-Safe-Scheinen 200 Euro hinterlegt habe. Der Mann konnte mir sogar sagen, in welchen Geschäften in und um Eichendorf man diese Scheine kaufen kann. Ab da hab ich ihm nicht mehr geglaubt." Es ging aber noch weiter. Binieck beschloss, sich dumm zu stellen, um die Masche zu durchblicken. Der angebliche Mitarbeiter hat ihr dann zugesichert, dass ein DHL-Fahrer den Barscheck bringen würde, nebst sämtlicher Unterlagen für die Kreditabwicklung - sobald die 200 Euro eingegangen sind. "Es hieß sogar, der DHL-Mitarbeiter sei angewiesen, 20 Minuten zu warten, bis ich alle Papiere geprüft hätte. Wo gibt es denn so etwas?", erzählt Binieck kopfschüttelnd.

Nach dem ominösen Kreditangebot hat sie im Internet nach der Deutschen Kontor Privatbank recherchiert. Es gibt sie wirklich, der Betrüger hatte sogar die richtige Adresse angegeben. Als Binieck dort anrief, wurde sie sofort in die Rechtsabteilung durchgestellt: Wie man ihr mitteilte, ist sie nicht die Erste, die mit dieser Masche abgezockt werden sollte. Der Betrüger hat sich offensichtlich den Namen dieser Bank für seine Geschäfte ausgesucht. "Bislang haben sich die Fälle aber hauptsächlich in Berlin und München abgespielt. Die waren erstaunt, dass die Betrüger mittlerweile offensichtlich auch in Niederbayern agieren." Binieck ging daraufhin zur Polizei und erstattete Anzeige. Dort hat man ihr allerdings wenig Hoffnung gemacht. "Man kann diese Sache im Prinzip schwer verfolgen. Das Wichtigste wäre, dass niemand drauf reinfällt", so Evelin Biniecks Erfahrung.

Dass sie beinahe einem Betrüger aufgesessen wäre, bestätigte sich ihr eine Stunde später übrigens auf eindrucksvolle Art und Weise. Wieder läutete das Telefon. Dieses Mal eine Kölner Nummer. Angeblich ein DHL-Mitarbeiter, der laut Binieck einen leichten Berliner Akzent vorzutäuschen versuchte. Wo denn die 200 Euro blieben, wollte er wissen. Schließlich könne er nur dann den Barscheck ausliefern. Binieck ist daraufhin der Kragen geplatzt. Lautstark stellte sie den Herrn zur Rede. "Und siehe da: Auf einmal ist er umgeschwenkt in tiefes Kölnerisch, hat sich furchtbar aufgeregt und mich eine saudumme Kuh genannt. Was mir einfiele, da Anzeige zu erstatten. Ob mir jemand einen Besenstiel in den Hintern geschoben hätte - so unflätig war seine Ausdrucksweise." Evelin Binieck hat das nur in ihrer Annahme bestätigt, das Richtige getan zu haben. "Es wäre schlimm, wenn gerade jetzt zu Weihnachten jemand Opfer eines solchen Betrügers werden würde." Die Polizei rät dazu, niemals die Anweisungen für Geldzahlungen oder Überweisungen am Telefon zu befolgen. Evelin Binieck weiß jetzt, warum.