Gäubodenvolksfest

Für Terrorangst ist hier kein Platz


Eine komplette Abriegelung des Straubinger Volksfestgeländes gibt es nicht. Stattdessen wird der Besucherzustrom an einigen Stellen eingeschränkt. Hierzu wurden unter anderem zusätzliche Zäune aufgestellt.

Eine komplette Abriegelung des Straubinger Volksfestgeländes gibt es nicht. Stattdessen wird der Besucherzustrom an einigen Stellen eingeschränkt. Hierzu wurden unter anderem zusätzliche Zäune aufgestellt.

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

Berlin, Würzburg, Ansbach: Der Terror ist auch in Deutschland längst zur allgegenwärtigen Gefahr geworden. Eine Gefahr, die man nie zu 100 Prozent in den Griff bekommen kann, so der Tenor von führenden Politikern, Polizei und Veranstaltern. Was aber haben diese Anschläge in den Köpfen der Bürger bewirkt? Wie geht man damit um? Wir haben bei Besuchern am Gäubodenvolksfest in Straubing ein Stimmungsbild eingefangen.

Rund 1,4 Millionen Menschen strömen jährlich auf das "Trumm vom Paradies" am Festplatz Am Hagen. Eine Menschenmenge, bei der man unmöglich jeden Einzelnen im Blick haben kann. "Eine hunderprozentige Sicherheit hat man nie", betont deshalb auch Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr. Trotzdem hat sich auch der Rathauschef gegen eine hermetische Abriegelung des Festplatzes entschieden. Damit geht man bewusst einen anderen Weg, als beim Oktoberfest in München. "Wir wollen den Charakter als offenes Fest wahren", betont Pannermayr.

Dennoch hat man auch in Straubing die Konsequenzen aus den Anschlägen in Deutschland gezogen. Die Polizeipräsenz wurde nochmals deutlich aufgestockt, es werden verstärkte Kontrollen durchgeführt, der Festplatz und das Stadtgebiet werden heuer erstmals mit 15 Videokameras überwacht. Und noch eine Neuerung: als Reaktion auf den Lkw-Anschlag von Berlin im Dezember 2016 wurden diesmal beim Gäubodenvolksfest erstmals Betonpoller an einigen Zufahrtsbereichen zum Festplatz aufgestellt.

"Wir glauben weiter an das Gute im Menschen"

Die Betonpoller sollen den Besuchern ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit geben. Dabei haben entsprechende Dekra-Tests längst ergeben, dass auch Betonpoller einen Lastwagen nicht abhalten könnten. Das wissen freilich auch die Behörden. Vielmehr geht es offenbar darum, den Besuchern ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, ihnen zu zeigen: "Wir sind da." Und das scheint gut zu funktionieren. Denn auch 2017 strömen die Besucher wieder in Massen aufs Gäubodenvolksfest. Die Feierlaune ist ungebrochen, von Angst keine Spur.

Das Würzburger Ehepaar Anita und Walter Stauder beispielsweise fährt seit fünf Jahren zum Gäubodenvolksfest nach Straubing. Obwohl sie in Würzburg einen Terroranschlag praktisch "direkt vor der Haustür" hatten, hat dies nichts an ihrer Lebenseinstellung geändert. "Sonst bräuchten wir ja gar nicht mehr fortgehen. Genau das wollen die Terroristen ja", betont die 67-jährige Anita Stauder. Und ihr 72-jähriger Ehemann Walter ergänzt: "Wir glauben weiter an das Gute im Menschen."

Wie andere Volksfestbesucher mit der Terrorgefahr umgehen, lesen Sie in der Bildergalerie dieses Artikels.

Auch die Menschen, die tagtäglich über den Festplatz Am Hagen patrouillieren, um für Sicherheit zu sorgen, sind sich natürlich der Gefahren bewusst. "Man hat das schon im Hinterkopf und ist sensibilisiert dafür, aber ich würde mich deswegen niemals verstecken und einen Einsatz auf so einer Großveranstaltung ablehnen", berichtet der 25-jährige Michael Kiefl, der als Einsatzleiter vom Reisinger Festzelt beim Sicherheitsdienst DBS arbeitet. Auch, was den Sicherheitsdienst anbelangt, wurde dieses Jahr seitens der Veranstalter noch einmal deutlich mehr Personal angefordert. Kiefl: "Wir arbeiten da Hand in der Hand mit der Polizei zusammen. Jeden Tag findet eine Lagebesprechung statt. Das klappt gut." Und das 24 Stunden am Tag. "Die Eingänge zum Festplatz sind 24 Stunden lang besetzt", berichtet Kiefl. Für den absoluten Ernstfall eines Anschlags sei man vorbereitet. "Jeder weiß, was er dann zu tun hätte", bekräftigt Michael Kiefl, doch auch er räumt ein: "Hunderprozentige Sicherheit kann niemand gewährleisten."

Mehr zum Thema "Sicherheit auf Großveranstaltungen" lesen Sie im Artikel .

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Das Ehepaar Anita und Walter Stauder aus Würzburg. Sie sind seit fünf Jahren begeisterte Besucher des Gäubodenvolksfestes. Sie sagen: "Durch die Terroranschläge hat sich bei uns absolut nichts geändert. Wir gehen nach wie vor da hin, wo wir wollen und haben Spaß. Wir lassen uns nicht einschränken. Die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Gäubodenvolksfest geben uns ein zuätzliches Sicherheitsgefühl."

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Der 79-jährige Kurt Gattung aus Straubing geht seit rund 50 Jahren aufs Gäubodenvolksfest. Er sagt: "Die Zeiten haben sich geändert. Früher war das viel Entspannter hier, nicht so viele Menschen. Angst vor Terror habe ich nicht. Was kann der Einzelne schon dagegen tun?"

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Die 28-jährige Maria Mehringer (li.) und Rebecca Mühlbauer (30) aus Regensburg gehen gerne aufs Gäubodenvolksfest. Verändert hat sich durch die Terroranschläge für sie nichts in ihrem Lebensgefühl. Allerdings räumt Rebecca Mühlbauer ein: "Letztes Jahr war das Gefühl nach den ganzen Anschlägen schon was anderes. Da war das schon präsent. Allerdings glaube ich nicht, dass hier in Straubing etwas passieren würde. Straubing ist ein Dorf."

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Der 66-jährige Heinrich Albert Pommer aus Dingolfing. Er geht seit mittlerweile 25 Jahren aufs Gäubodenvolksfest und sagt: "Die Absperrungen sind super. Ich fühle mich völlig sicher. Ich hab' keine Angst vor den Terroristen."

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Tobias Hermann Klaedtke (28) aus Dingolfing. Das Thema Terrorgefahr geisterte ihm zwischendurch bei seinem Volksfestbesuch im Kopf herum: "Wir haben uns da im Festzelt am Biertisch drüber unterhalten, weil plötzlich auch einer gemeint hat, dass man bei der Menge an Menschen nichts dagegen machen könnte, wenn darunter einer dieser Wahnsinnigen wäre. Es wäre dann wohl Schicksal. Aber einschränken lasse ich mich davon bestimmt nicht. Ich gehe hin, wo ich will und ich habe Spaß, wo ich will."