Fahranfänger

Unfallfrei: Freistunde hat den Selbstversuch im Fahrsicherheitstraining gewagt


Sophia hat den Selbstversuch gemacht und war beim Fahrsicherheitstraining.

Sophia hat den Selbstversuch gemacht und war beim Fahrsicherheitstraining.

Von Sophia Häns

"Machst du heute Fahrer?" Am Wochenende wechselt man sich unter Freunden meistens ab, wer die Gruppe sicher nach Hause bringt. Mit einem vollen Auto hat der Fahrer volle Verantwortung. Ich habe immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich an der Reihe bin. Daher mache ich heute ein Fahrsicherheitstraining.

Noch fahren die acht Autos im ersten Gang, der Pförtner winkt jedes Fahrzeug einzeln durch die Schranke zur Gäubodenkaserne in Mitterharthausen. Normalerweise finden hier Sanitätsübungen für Soldaten statt. 2015 wurde auf dem Gelände kurzzeitig ein Zeltlager für Asylsuchende eingerichtet. An diesem Samstag geht es auf dem Rollfeld der Kaserne im Landkreis Straubing-Bogen um etwas anderes.

Im Hintergrund Hallen für Militärflugzeuge und Panzer der Bundeswehr. Über dem Rollfeld blauer Himmel, daneben Wiesen. Die jungen Fahrer haben ihre Autos auf dem Rollfeld abgestellt, jeweils vier in einer Reihe. Unser Familien-Van, ein Renault, steht ganz vorne. Davor parken Patrick Herlan und seine Kollegen Stefan Schmidt und Mirko Wenzl ihre Fahrschulautos. Patrick Herlan leitet heute das Fahrsicherheitstraining.

Erste Aufgabe

Patrick gibt uns ein Szenario vor: Ein Unfall, ein Mensch liegt schwerverletzt im Straßengraben. Die Aufgabe: Warnblinkanlage anschalten, Warnweste anziehen, den Unfallort mit dem Warndreieck absichern - innerorts in etwa 50 Metern Entfernung, auf Landstraßen in etwa 100 Metern, auf der Autobahn in mindestens 150 Metern Entfernung - und den Verbandskasten suchen. Danach den Krankenwagen anrufen und dem Verletzten mit einem Druckverband helfen. Gut, dass ich ungefähr weiß, wo ich alles finde. Ein Teilnehmer scheitert daran: "Dein Verletzter wäre schon tot!". Drei Minuten dauert es ungefähr, bis ein Mensch mit einer großen Wunde bewusstlos wird.

Zweite Aufgabe

Ein Kreisverkehr aus Pylonen. Ein Kreis außen, ein Kreis innen. Stefan steht im kleineren Kreis in der Mitte. Auf der Fläche dazwischen soll ich fahren. Aber nicht gemütlich und langsam, sondern schnell. Also das Gas immer weiter durchdrücken bis die Reifen quietschen, und: "Immer lächeln!". Auf das Kommando "Halt!" mache ich eine Gefahrenbremsung. Danach zittern meine Knie. Anschließend mit einem vollbesetzten Auto. Im Vergleich spüre ich die veränderte Gewichtsverteilung deutlich. Der Bremsweg ist länger. "Man merkt schon einen Kasten Wasser im Kofferraum.", sagt Stefan.

Dritte Aufgabe

Slalom aus Pylonen. Nacheinander fährt jeder Teilnehmer so schnell wie möglich zwischen den Hütchen durch. Ich schalte vom ersten Gang in den zweiten, in den dritten, in den vierten. Irgendwann wird der Motor der meisten Autos automatisch gedrosselt. Dafür ist das "Elektronische Stabilisierungsprogramm (ESP)" verantwortlich: Es hält das Auto in Kurven stabil und verhindert ein Ausbrechen.

Ein Hütchen ist umgefallen. Am Ende des Parkours fahre ich im Rückwärtsgang am Rand des Rollfelds zurück. Abwechselnd mit Blicken in die Seitenspiegel, den Rückspiegel und über die Schulter.

Vierte Aufgabe

Gefahrenbremsung. Zuerst bei 70 Kilometern pro Stunde, dann bei der Höchstgeschwindigkeit des Autos. Am Ende der Strecke stehen Patrick und Stefan. Am Anfang der Strecke stehe ich. Angeschnallt, Fenster zu, Radio aus, Konzentration. Ich drücke aufs Gas, das Auto wird schneller. Handzeichen von Patrick. Ich mache den "Bremsschlag", das heißt, ich trete so fest ich kann auf die Bremse und halte sie, bis mein Körper kurz nach vorne und wieder zurückschnellt. Erst dann steht das Auto. Bei so einer starken Bremsung gehen bei den meisten Fahrzeugen automatisch Warnblinkanlage und Bremslichter an und das "Antiblockiersystem (ABS)" wird aktiviert. Das ABS verhindert ein Blockieren der Reifen. So kann man das Auto während einer Gefahrenbremsung manövrieren.

Fünfte Aufgabe

Ein Hindernis. Ich gebe auf einer längeren Strecke Gas, bis ich eine Geschwindigkeit von 40 Kilometern pro Stunde erreicht habe. Das Hindernis liegt vor mir. Auf ein Zeichen von Patrick reiße ich das Lenkrad nach links, meine Hände bleiben dabei an der gleichen Stelle, ich überkreuze nur die Arme. Jetzt das Gleiche nach rechts. Beide Male drehe ich das Lenkrad um 180 Grad. So schnell wie möglich. "Schau mit den Augen immer dahin, wohin du fahren willst", ruft mir Patrick durchs Fenster zu, als ich ein paar Pylonen umfahre. Beim dritten Versuch klappt's. Ich weiß, wie ich reagieren muss.

Dann mit doppelter Geschwindigkeit und einer Vollbremsung auf Patricks Zeichen vor dem Ausweichen. Ich schaffe es. Als ich aussteige, zittern dieses Mal auch meine Hände. Aber ich grinse, denn Spaß gemacht hat es. Finanziell rentiert sich der Samstag für Patrick, Stefan und Mirko nicht. Sie sind ehrenamtlich hier. "Aber wir retten damit Leben", ist Stefan überzeugt.

Formeln und Fakten

Umrechnung von Kilometern pro Stunde in Meter pro Sekunde: Geschwindigkeit in km/h:10 x 3

Reaktionsweg: Geschwindigkeit in km/h:10 x 3

Bremsweg in Metern: Geschwindigkeit in km/h:10 x Geschwindigkeit in km/h:10

Gefahrenbremsung: Bremsweg geteilt durch 2

Anhalteweg: Reaktionsweg + Bremsweg = Anhalteweg

Ab 65 Kilometern pro Stunde ist ein Zusammenstoß mit einem Auto für einen Menschen hundertprozentig tödlich.

Ein Mensch mit 60 Kilogramm Körpergewicht entwickelt bei einem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde ein Gewicht von 3,5 Tonnen.

Personen auf der Rückbank müssen sich unbedingt anschnallen, da sie bei einem Aufprall nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Menschen auf den Vordersitzen sehr gefährlich werden.

"WOLKEN"

W wie "Wasser": Kühlflüssigkeit und Scheibenwaschmittel aufgefüllt (im Winter ab sieben Grad und kälter Frostschutzmittel zum Scheibenwaschmittel)?

O wie "Öl": Ist die richtige Menge Motoröl eingefüllt?

L wie "Luft": Ist der Luftdruck in den Reifen ausreichend?

K wie "Kraftstoff": Ist ausreichend Kraftstoff im Tank?

E wie "Elektronik": Funktionieren alle elektronischen Anlagen?

N wie "Notfallset": Sind Verbandskasten, Warndreieck und Warnweste im Auto und leicht zu finden?

Diese sechs Dinge sollte der Fahrer bei jeder zweiten Tankfüllung, vor längeren Fahrten und bei fremden Autos testen. Fahrer und Halter sind für die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs verantwortlich. Also, in welchem Zustand sich das Fahrzeug befindet.

Selbst teilnehmen

Das Fahrsicherheitstraining "Könner durch Er-fahrung" wird von der Kreisverkehrswacht Straubing veranstaltet und ist kostenlos. Anmelden kannst du dich über ein Buchungsprogramm im Internet auf www.kreisverkehrswacht-straubing.de. 2017 findet es noch am 15. Juli statt.

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Bis die Reifen quietschen: Mit hohem Tempo fährt Sophia durch einen Kreisverkehr aus Pylonen.

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Sophia beim Aufbauen des Warndreiecks.

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Die Fahrlehrer Patrick Herlan (links) und Stefan Schmidt.