Cham

Von der Kuh zur Milch(tankstelle)


Die fotogene Berta ist eine der rund 70 Kühe auf dem Hof der Familie Irrgang.

Die fotogene Berta ist eine der rund 70 Kühe auf dem Hof der Familie Irrgang.

Von Jakob Dreher

"Wo kommt das eigentlich her? Wer hat das produziert? Und kann ich das mit gutem Gewissen essen?" Diese Fragen stellen sich immer mehr Menschen. Die wenigsten haben Zeit, die Bauern zu besuchen, die am Anfang der Kette stehen, um sich selbst ein Bild zu machen. Deshalb machen wir das für Sie. Die Chamer Zeitung/idowa stellt in den nächsten Wochen Direktvermarkter aus der Region vor und begleitet den Weg vom Feld oder Stall bis ins Verkaufsregal.

Die Familie Irrgang aus Vilzing bei Cham verkauft rund zehn Prozent ihrer Milch über ihre Milchtankstelle. Die steht praktischerweise in einem Supermarkt. Der Chamer Zeitung/idowa haben sie den Weg von der Kuh bis zur Milchtankstelle erklärt.

"Soweit man das bis jetzt sagen kann, sind wir zufrieden", sagt Josef Irrgang. Vor knapp drei Monaten hat seine Tochter Lena die Milchtankstelle in Cham eröffnet. Seitdem fährt sie jeden Tag (außer Sonntag) in den Supermarkt, putzt den Automaten und füllt ihn mit frisch pasteurisierter Milch. Eine Stunde braucht sie dazu, unter der Woche steht sie jeden morgen um 6.30 Uhr im Laden. "Viele Kunden sind ganz neugierig, wollen wissen, wo die Milch herkommt und wie der Automat funktioniert", sagt sie lächelnd. Zum Erklären hat Lena aber nur begrenzt Zeit, immerhin lernt sie neben der Hofarbeit noch für ihren Abschluss zur staatlich geprüften Wirtschafterin für Landbau und schreibt ihre Meisterarbeit. Deshalb haben wir uns mit ihr getroffen und den Weg von der Kuh bis in den Milchautomaten verfolgt.

Natürlich ist das nicht die einzige Milchtankstelle im Landkreis Cham. Wir haben für Sie alle (uns bekannten) Milchtankstellen auf einer interaktiven Karte gesammelt. Sollten wir Milchtankstellen vergessen haben, können Sie uns gerne in den Kommentaren darauf aufmerksam machen.

Drücken Sie auf die Kuhsymbole der Karte, um mehr über die jeweilige Tankstelle zu erfahren.

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Der Stall auf dem Hof von Familie Irrgang sieht etwas anders aus, als die meisten (älteren) Kuhställe. "Wir haben uns vor 16 Jahren für einen Kaltstall entschieden. Damals haben noch alle gelacht", erzählt Mutter Claudia Irrgang. Im Kaltstall ist es, gerade im Winter, kalt. Die Kühe stört das aber nicht. "Die bekommen im Herbst ein richtig dickes Fell. In den alten Ställen war es im Winter immer richtig feucht, da wurden die Kühen viel öfter krank", erklärt die Bäuerin.

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Wenn die "Fenster" geöffnet sind, haben die Kühe einen super Ausblick. Im Stall können sie sich frei bewegen, es ist ein sogenannter Laufstall. Nach draußen können die Kühe aber nicht - zumindest noch: "Ich möchte gern einen Laufhof für die Kühe bauen", sagt Lena Irrgang. Dann können sich die Kühe im Regen nach draußen stellen, denn das machen sie besonders gern.

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"Berta ist unsere fotogenste Kuh. Sobald jemand mit einer Kamera in den Stall kommt, drängelt sie sich nach vorn", erzählt Lena Irrgang. Zwischen 65 und 75 Kühe stehen im Stall der Familie Irrgang. Alle davon haben einen Namen.

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Eine Wissenschaft für sich ist das Futter. Bei der Zusammensetzung unterstützt ein Berater die Familie. "Wir produzieren das meiste Futter selbst, nur das Kraftfutter kaufen wir zu", erklärt Lena Irrgang. Kraftfutter, dass könnte Soja sein. Familie Irrgang setzt aber auf Raps, denn der wird in der Region produziert.

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Neben Kraftfutter landen Heu und Stroh, Maissilage und Grassilage und Mineralfutter im Futtermischer (die rote Maschine im Hintergrund). "Dort wird alles gut gemischt. Sonst fressen die Kühe nur das Kraftfutter und werden immer dicker", lacht Lena Irrgang. Wie kleine Kinder muss man den Kühen also zur gesunden Ernährung etwas nach helfen.

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Damit die Kühe optimal mit Nährstoffen versorgt werden, berät ein Futterberater die Familie. "Etwa alle acht Wochen kommt er zu uns auf den Hof, nimmt Proben von den Silos und berechnet die optimale Zusammensetzung, abgestimmt auf unsere Kühe, unser Futter und unseren Stall", erklärt Lena Irrgang.

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Zum Melken gehen die Kühe in den Melkstand. Das machen sie ganz freiwillig. Einmal, weil sie gemolken werden wollen und außerdem, weil nach dem Melkstand frisches Futter auf sie wartet. Der Melkstand ist ein gemauertes Zimmer im Stall. Dort muss geheizt werden, sonst frieren im Winter die Leitungen ein.

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Im Melkstand werden die Kühe mit der Maschine gemolken. Die Milch landet dann direkt über Rohrleitungen in einem Tank im Nebenraum.

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Vom Tank wird sie dann entweder in den Michlaster gepumpt und zur Molkerei gefahren oder aber von Lena Irrgang abgezapft und direkt daneben pasteurisiert. Im sogenannten Pasteur wird die Milch für kurze Zeit (15 bis 30 Sekunden) auf ungefähr 75 Grad erhitzt und so haltbar gemacht.

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Vom Pasteur zapft Lena die Milch in zwei 50-Liter-Kannen ab. Die fährt sie dann in den Supermarkt und packt sie in den Automaten.

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Der Automat ist im Prinzip ein großer Kühlschrank, die Temperatur liegt immer zwischen vier und sechs Grad Celsius. Bei dieser Temperatur hält die Milch fünf bis acht Tage. Zusätzlich wird die Milch andauernd umgerührt. "Wir homogenisieren unsere Milch nicht und deshalb setzt sich nach einer Zeit der Rahm oben ab", erklärt die 22-Jährige. Im Automaten muss deshalb gerührt werden, zu Hause kann man einfach einmal gut schütteln, bevor man sich Milch einschenkt.

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Neben dem Automaten hat Lena Irrgang ein Tablet mit einem Erklär-Video angebracht. "Manche schreckt der Automat ab, sie haben Angst, etwas falsch zu machen. Dagegen soll das Video helfen", erklärt die 22-Jährige.

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An der kleinen Hütte, in der der Automat untergebracht ist, hat Lena Irrgang Bilder von ihren Kühen aufgehängt.

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Lena Irrgang neben ihrem Automaten. Das die Milch aus dem Automaten gut angenommen wird, bestätigt auch Andreas Bortar, der Geschäftsführer des Rewe-Markts in Cham. Für ihn ist die Milch ein Alleinstellungsmerkmal. "Ich verdiene an der Milch aus dem Automaten nicht so viel, wie an der Milch im Tetrapack", sagt Bortar. Vor allem junge Familien holen sich hier am Wochenende frische Milch.