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"Einfach menschlich": Wenn die Suchtspirale kein Ende nimmt


Die Macher der Ausstellung und ihre Ehrengäste: Siegfried Zistler, Schulleiter der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham, Stefan Wittmann von der DAK-Gesundheit in Cham, Dr. Karl Sauer, Vorsitzender der Sieglinde-Nothacker-Stiftung Regensburg, stellvertretende Landrätin Dr. Johanna Etti, Wolfgang Rießelmann, Geschäftsführer der PSAG Cham, Jugendsozialarbeiterin Petra Hierl, Projektleiterin Freia von Hennings, Siegfried Urbas von der Sucht- und Drogenberatung am Gesundheitsamt Cham und Ulrich Fischer, stellvertretender Schulleiter der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham (von links).

Die Macher der Ausstellung und ihre Ehrengäste: Siegfried Zistler, Schulleiter der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham, Stefan Wittmann von der DAK-Gesundheit in Cham, Dr. Karl Sauer, Vorsitzender der Sieglinde-Nothacker-Stiftung Regensburg, stellvertretende Landrätin Dr. Johanna Etti, Wolfgang Rießelmann, Geschäftsführer der PSAG Cham, Jugendsozialarbeiterin Petra Hierl, Projektleiterin Freia von Hennings, Siegfried Urbas von der Sucht- und Drogenberatung am Gesundheitsamt Cham und Ulrich Fischer, stellvertretender Schulleiter der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham (von links).

Ein Baum mit vielen verzweigten Ästen und auf jedem Ast steht eine Sucht: Alkoholsucht, Magersucht oder Eifersucht, um nur drei Beispiele zu nennen. Die Liste lässt sich allerdings beliebig verlängern. Die Wanderausstellung "Einfach menschlich" nimmt sich dieses Themas an. Seit Montag gastiert die Schau in der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham.

Schon der Name deutet darauf hin, dass bei der Ausstellung nicht Verbote und der erhobene Zeigefinger im Fokus stehen. Der Besucher soll vielmehr am eigenen Leibe erfahren, wie schnell eine Suchtfalle für jeden zuschnappen kann. So erzählen ehemalige Süchtige per Video von ihrem Weg in den Teufelskreis, sprechen aber auch über ihre Genesung. Eine begehbare Suchtspirale mit immer enger werdenden Wegen stellt dar, wie beklemmend Sucht ist und wie schwer der Ausweg zu finden ist. Weitere Stationen laden auf dem Rundgang zum Mitmachen ein. Es geht dabei nicht nur um harte Drogen wie Alkohol oder Heroin. Von Esssucht über Fernsehsucht bis zur Eifersucht wird das Thema in all seinen Erscheinungsformen behandelt. Der Besucher ist eingeladen, auch über das eigene Verhalten nachzudenken. Der Verein Suchtprävention und Genesung aus Regensburg hat die Ausstellung entwickelt. Unterstützt wird er von der DAK-Gesundheit, dem Gesundheitsamt und der Sieglinde-Nothacker-Stiftung in Regensburg. Die Ausstellung richtet sich an junge Menschen ab 16 Jahren, aber auch an Erwachsene.

Wolfgang Rießelmann, Moderator und Geschäftsführer der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) im Landkreis Cham, weiß, dass für Jugendliche Sucht kein neues Thema ist. Sie würden auf Bahnhöfen, auf der Straße oder in Diskotheken damit konfrontiert. Drogen oder Alkohol hätten viele bereits ausprobiert. "Trinken bis zur Bewusstlosigkeit oder sogar Pillen schlucken, um von Freitag bis Sonntag durchzutanzen, ist häufig fester Bestandteil ihres Wochenendes", so Rießelmann im Rahmen der Vernissage. Er hofft bei der Ausstellung auf viele neue Erkenntnisse sowie gute Gespräche, um neue Brücken zu bauen und Grenzen zu überwinden.
"Wenn du einen Schneck behauchst, schrumpft er ins Gehäuse. Wenn du ihn in Cognac tauchst, sieht er weiße Mäuse." Mit diesem Gedicht von Schriftsteller Joachim Ringelnatz erklärte stellvertretende Landrätin Dr. Johanna Etti das oftmalige Verkennen der Realität. "Eine Schnecke zieht sich in ihr Haus zurück, findet dort Sicherheit und Geborgenheit", sagte sie. Das Fehlen dieser Gefühle sei für viele Menschen die Ursache für eine Sucht. Der Weg, aus dieser zu entkommen, sei steinig und schwer.

Siegfried Zistler, Schulleiter der Werner-von-Siemens-Berufsschule Cham, zeigte sich überzeugt davon, dass die Suchtprävention auch eine Aufgabe im Schulalltag sei. "Denn die Zielgruppen sitzen hier in den Klassen und wir als Schule sollten zahlreiche Aufklärungsmöglichkeiten nutzen, um das Thema nicht außer Acht zu lassen", betonte Zistler. Zusammen mit Siegfried Urbas von der Sucht- und Drogenberatung sowie Rießelmann habe er sich darum bemüht, die Ausstellung nach Cham zu holen - nach den Stationen Osnabrück, Landshut, Rosenheim und Wasserburg. Die Schau, die sich auf fast 200 Quadratmeter verteilt, sei bereits restlos ausgebucht.
Stefan Wittmann von der DAK-Gesundheit freute sich, diese Ausstellung in Cham anbieten zu können. "Eine Erfahrungsausstellung - von Menschen gemacht, die erlebt haben, wie es ist, süchtig zu werden, die erfahren haben, wie es sich anfühlt, süchtig zu sein, und die Wege gefunden haben, das Ausleben ihrer Sucht zu beenden", sagte er. "Wir möchten die Menschen nicht belehren, sondern realistisch dieses Thema beleuchten und in gewisser Weise wachrütteln", so Freia von Hennings, die die Ausstellung vor rund 18 Jahren ins Leben gerufen hat. Man solle sich in manchen Situationen wiederfinden, um zu erkennen, mit welcher Sensibilität das Thema behandelt werden soll. Die Ausstellung werde deshalb so geschätzt, da es "nicht den Fingerzeig gibt", sondern eine Wegweisung darstellt. "Wir wollen nicht nur den direkt Betroffenen oder den für Sucht anfälligen Menschen an die Hand nehmen, sondern auch den Angehörigen zeigen, was Sucht bedeutet und wie dieser Teufelskreis zu durchbrechen ist", sagte von Hennings.

Die üblichen Warnungen vor gesundheitlichen Schäden seien sinnlos. Doch "Einfach menschlich" sei anders, denn nach der Runde durch die Ausstellung folge ein Gespräch mit ehemals Süchtigen. Deren persönliche Erfahrungen berührten die Jugendlichen viel mehr, als Plakate oder Broschüren es je könnten, sagte von Hennings.

Die Ausstellung "Einfach menschlich" ist bis Freitag, 22. Juli, in den Räumen der Werner-von-Siemens-Berufsschule zu sehen. Für die Öffentlichkeit ist sie täglich von 15.30 bis 17 Uhr zugänglich. Führungen sind nach Absprache möglich.