Cham

Die Party ist vorbei


300 Partygäste feierten am Wochenende in der Hütte bei Gutmaning. Für 15 Euro konnten sie sich ein Armband kaufen - und durften im Gegenzug trinken bis zum Abwinken.

300 Partygäste feierten am Wochenende in der Hütte bei Gutmaning. Für 15 Euro konnten sie sich ein Armband kaufen - und durften im Gegenzug trinken bis zum Abwinken.

Die Hüttenbetreiber in Gutmaning haben den behördlichen Vertrauensvorschuss verspielt.

Es ist die perfekte Idylle. Ein schnuckeliges, grünes Fleckchen oberhalb von Gutmaning haben sich die Jugendlichen herausgepickt, um ihre Hütte zu errichten. Zwar ohne baurechtliche Genehmigung, aber zumindest mit dem Vertrauensvorschuss der Behörden. Als das jugendliche Bauteam im August 2015 auf Standortsuche war, haben sie sowohl von Landrat Franz Löffler als auch Bürgermeisterin Karin Bucher Unterstützung bekommen. Doch aus dem anfänglichen kleinen Dorftreff wurde über die Monate ein Partyhotspot! Bis zum unrühmlichen Höhepunkt am vergangenen Wochenende, als 300 Gäste zur Flatrate-Party kamen.

Tage nach der Fete zeigt sich die Bürgermeisterin "sehr enttäuscht" darüber, dass die Hüttenbetreiber das in sie gesetzte Vertrauen nicht erwidert haben. Bucher: "Ich hatte den Eindruck, den Jugendlichen ist die Hütte so viel wert, dass sie darauf achten, nicht über die Stränge zu schlagen." Im Vorfeld hat sie der Gruppe noch ins Gewissen geredet. "Ich habe den Jugendlichen dringend empfohlen, sich die Hütte nicht durch auswärtige 'Gäste' kaputt machen zu lassen. Sie sollte nur für die örtlichen Jugendlichen ein Treffpunkt sein. Insbesondere habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Anwohner keinen Anlass haben dürfen, sich über Ruhestörung zu beschweren."

Der Rat der Bürgermeisterin verhallte offenbar ungehört. Denn am Sonntag nach Mitternacht riefen Nachbarn die Polizei zu Hilfe. Als die Beamten anrückten, fanden sie 300 teils stark alkoholisierte Partygäste vor. Ein jeder trug ein Armband, für das er zuvor 15 Euro bezahlt hatte. Im Gegenzug durften die Gäste trinken bis zum Abwinken. Flatrate-Saufen eben!

300 zahlende Gäste? Spätestens da kommen die Hüttenbetreiber mit dem Gesetz in Konflikt. "Das klingt nach unangemeldetem Gaststättenbetrieb", wundert sich Friedrich Schuhbauer, Pressesprecher des Landratsamtes, über die professionelle Organisation der vermeintlichen Geburtstagsparty. Auf Nachfrage der Polizei hatte das fröhliche Partyteam die Feier zunächst noch als Geburtstagsfete deklariert. Nur: Ein Jubilar ließ sich unter den Gästen nicht finden. Dafür könnte den Organisatoren jetzt ein Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen das Gaststättengesetz ins Haus flattern. Ob der Jugendschutz eingehalten wurde, muss erst noch geklärt werden. "Sollte der Ausschank von Alkohol an Jugendliche festgestellt werden, wird das Landratsamt Cham dies verfolgen und gegenüber den Verantwortlichen auch ahnden", kündigte Schuhbauer an.

In Gutmaning ist es nicht der erste Jugendtreff. Vor etwa einem Jahr schlug das Thema erstmals bei den Behörden auf. Das Landratsamt Cham hatte festgestellt, dass sich auf einem städtischen Grundstück im Außenbereich zwischen den Ortsteilen Gutmaning und Kühberg eine ungenehmigte Hütte befindet. "Das Baurecht bietet keinerlei Rechtsgrundlage für Freizeithütten jeglicher Größe im Außenbereich", weiß Schuhbauer. Und das Gesetz kennt auch keine Ausnahmen: Also ordnete die Behörde an, die Hütte zu beseitigen. Die Stadt war gefordert, die Anordnung durchzusetzen. "Da wir von der Hütte nichts wussten und deren Erbauer nicht kannten, habe ich in einem Schreiben, das an die Hütte gehängt wurde, die damals unbekannten Erbauer aufgefordert, sich zu melden. Ansonsten würde der städtische Bauhof die Hütte entfernen", erinnert sich die Rathauschefin an das damalige Vorgehen. In den Tagen darauf wurden mehrere Jugendliche aus dem Raum Gutmaning bei ihr vorstellig.

Bei der Bürgermeisterin fanden sie ein offenes Ohr, denn: "Grundsätzlich habe ich Verständnis dafür, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene das Bedürfnis nach einem Treffpunkt außerhalb von Gaststätten haben. Auch in meiner eigenen Jugend auf dem Dorf gab es so etwas."
Also traf sie sich mit der Gruppe zu einer Ortsbesichtigung, um Alternativstandorte auszuloten. Fündig wurden sie neben einem landwirtschaftlichen Anwesen. Der Vorteil des neuen Standorts: Im Ortsinnenbereich sind solche kleine Bauten mit einem maximalen Raumvolumen von 75 Kubikmetern ohne Baugenehmigung zulässig.

Die Odyssee schien damit ein gutes Ende gefunden zu haben. Im Herbst 2015 besichtigte Bucher die neue Hütte sogar. Ihr Eindruck war positiv: "Im Gegensatz zu vielen anderen Jugendhütten ist diese handwerklich sehr gut und sauber gefertigt. Der erste Standort wurde auch sauber geräumt."
Doch nach dem Partyexzess des vergangenen Wochenendes scheinen bei Bucher Toleranz und Vertrauensvorschuss ausgereizt. "Ich erwarte etwas Disziplin von den Verantwortlichen dieser Hütten. Wenn man es übertreibt, ist das der Anfang vom Ende. Das muss den jungen Leuten bewusst sein. Es gibt hierfür ein gutes Sprichwort: Wer nicht hören will, muss fühlen."

Aus dem Landratsamt droht sogar weiteres Ungemach: Auch wenn die Hütte genehmigungsfrei ist, müssen Regelungen wie die Abstandsflächen und die Brandschutzvorschriften eingehalten werden, betont Schuhbauer. Aber: "Eine gestern durchgeführte Baukontrolle hat ergeben, dass die errichtete Hütte dem damaligen Vorschlag nicht entspricht."

Junge Leute wollen Rückzugsräume und Treffpunkte. "Das ist dem Landratsamt wohl bewusst", schreibt Friedrich Schuhbauer in einer Stellungnahme der Behörde, "aber das kann nicht ohne jegliche Beachtung gesetzlicher Vorgaben und schon gar nicht ohne ein gewisses Mindestmaß an Sicherheit stattfinden." Freizeithütten seien im Außenbereich nicht genehmigungsfähig. "Neben der rein baurechtlichen Unzulässigkeit geht es aber auch um fehlenden Lärmschutz, um Jugendschutz und vor allem um den Brandschutz. Erst im Februar 2015 ist eine Jugendhütte im Further Ortsteil Ösbühl völlig ausgebrannt.

In diesem Zusammenhang appelliert das Landratsamt Cham an die Eltern von Kindern und Jugendlichen, auch ihre Verantwortung wahrzunehmen. Es geht gemeinsam um das Wohl der jungen Leute. In jeder Gemeinde gibt es eine Vielzahl von Vereinen mit Angeboten für Kinder und Jugendliche, alleine in Cham sind das 92 Vereine. Fast jeder Verein hat Treffpunkte (Vereinsheime), die auch von den Jugendlichen genutzt werden können. In Cham gibt es zudem ein Jugendzentrum und ein städtisches Vereins-Jugendheim. Hier können sich die Jugendlichen selbst an der Gestaltung beteiligen."