Bayern

Strom oder Fisch - oder vielleicht doch beides?


Wasserkraftwerke produzieren umweltfreundlichen Strom, machen mitunter aber auch den Fischen das Leben schwer.

Wasserkraftwerke produzieren umweltfreundlichen Strom, machen mitunter aber auch den Fischen das Leben schwer.

Die Aufregung hat sich seit dem vergangenen Sommer etwas gelegt, aber Freunde sind sie noch lange nicht, die organisierten bayerischen Fischer und die Kraftwerksbetreiber.

Im Juni erstattete der Landesfischereiverband Anzeige gegen fünf Kraftwerksbetreiber, weil diese viel mehr Wasser als erlaubt durch ihre Turbinen jagten und die Fische auf dem Trockenen ließen. Jetzt trafen die Kontrahenten bei einem Fachgespräch der SPD-Landtagsfraktion in München wieder aufeinander.

Während sich die Wasserqualität der rund 100.000 Kilometer langen Fließgewässer im Freistaat in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert hat, steht es um den Fischbestand weiterhin schlecht. Von den noch vorhandenen etwas mehr als 80 Fischarten stünden 85 Prozent auf der Roten Liste der bedrohten Arten, sagte der Präsident des Landesfischereiverbands Bayern und frühere Chef des staatlichen Landesamts für Wasserwirtschaft, Albert Göttle.

Fischereiverband und Bund Naturschutz (BN) machen dafür auch die mehr als 4.200 Wasserkraftwerke verantwortlich. Fische, die zu ihren Laichgründen flussaufwärts wandern, scheiterten oft an den zahlreichen Querbauwerken, beim Flussabwärtswandern gerieten immer noch zu viele in die Kraftwerksturbinen. Jeder dritte bis vierte Fisch, der eine Turbine durchquert, stirbt, hatte der BN bereits früher festgestellt.

Zweifel an Sinn von kleinen Kraftwerken

Das müsste nicht sein, sagte Göttle. Selbst wenn es nicht gelingen sollte, die Fische flussabwärts durch geeignete Einbauten von den Turbinen fernzuhalten, könne man heute etwa mit langsam drehenden Turbinen Schuppenträger und Aale schonen. Fischer und Umweltschützer halten die hohe Wertschätzung, die in Zeiten der Energiewende den kleinen und kleinsten Wasserkraftwerken entgegengebracht wird, für übertrieben. Die 210 größten Wasserkraftanlagen an bayerischen Flüssen produzieren nach BN-Angaben 92 Prozent des Wasserkraftstromes, die 4.000 Kleinwasserkraftanlagen lediglich acht Prozent.

Die Kraftwerksbetreiber wehren sich vehement gegen den Verdacht der Fischmetzelei. Nicht die Kraftwerke hinderten die Fische am Wandern, sondern 20.000 Wehre und sonstige "Querbauwerke" in den Fließgewässern, protestierte Hans-Peter Lang, Geschäftsführer des Landesverbands bayerischer Wasserkraftwerke: "Selbst wenn wir die Wasserkraft komplett abschaffen, bleiben die Querbauwerke", sagte Lang. Die Kraftwerksbesitzer hätten inzwischen allesamt "Fischaufstiegshilfen" wie "Fischtreppen" eingebaut, weil sie deswegen eine höhere Stromeinspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhielten.

Manche dieser Fischaufstiegshilfen taugten allerdings nur für ein nettes Einweihungsfoto in der Lokalzeitung, seien aber für die Fische "nicht durchwanderbar", meinte BN-Landesvorstand Günter Krell. BN-Wasserexperte Sebastian Schönauer pochte auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, wenn die Kraftwerksbetreiber eine erhöhte EEG-Vergütung erhielten.

Vor allem aber streiten Naturschützer und Fischer einerseits und Kraftwerksbetreiber andererseits um die Restwassermenge. Denn die Menge Wasser, die Kraftwerke durch die Turbinen leiten dürfen, ist jeweils begrenzt. Damit die Fische nicht völlig auf dem Trockenen sitzen, ist jeweils eine "Restwassermenge" vorgegeben. Bei Kontrollen der Behörden im Jahr 2014 sei festgestellt worden, dass 13 Prozent der Kraftwerke diese Restwassermenge deutlich unterschritten hätten, teilte der SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn mit. Das sei nicht wenig, zumal die Kontrollen angemeldet gewesen seien.

Weitere Kraftwerke für besseren Tierschutz

Um den Fischen das Leben und Wandern in den bayerischen Flüssen leichter zu machen, trugen beide Seiten unterschiedliche Ideen vor. Dietmar Franzke, Präsident des Fischereiverbands Niederbayern, forderte eine "Beweislastumkehr" für die Fisch-Durchgängigkeit eines Gewässers. Wenn die Kraftwerksbetreiber alles tun, um dies zu gewährleisten, sollte dies kein Problem sein.

Kraftwerksvertreter Lang hingegen schlug vor, die 20 000 Wehre für eine Nutzung als Kraftwerk freizugeben. Dann erhielten diese für die Fische oft unüberwindlichen Hürden eine ordentliche Fischtreppe.