Exklusiv: Alois Rainer (CSU) im Interview

Grenzschließungen sind eine "Option"


Der Straubinger Bundestagsabgeordnete Alois Rainer erwartet von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik.

Der Straubinger Bundestagsabgeordnete Alois Rainer erwartet von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik.

Seit Wochen hält die Flüchtlingskrise die Politik in Atem. Auch Alois Rainer (CSU), Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Straubing, bekommt das täglich im Kontakt mit den Bürgern zu spüren.

Noch sei die Situation beherrschbar, sagt Rainer im Interview mit unserer Zeitung. Allerdings dürfe auch die Politik die Toleranz der Menschen hierzulande nicht überstrapazieren. Daher kann sich Rainer auch eine Schließung der deutschen Grenzen vorstellen.

Herr Rainer, die Flüchtlingskrise hält Deutschland in Atem. Was bekommen Sie von Ihren Wählern im Wahlkreis für Rückmeldungen?

Rainer: Dieses Thema beschäftigt die Menschen sehr. Zwei Dinge dominieren dabei: Zum einen die Angst, dass unter den nicht-Registrierten der eine oder andere dabei sein könnte, der nicht die besten Absichten hegt. Ich versuche das immer zu entkräften, denn bisher gibt es da keinerlei Hinweise - das sagen mir auch Ehren- und Hauptamtliche in den Einrichtungen. Ich weiß auch, dass viele, die sich nicht registrieren lassen, nicht hier bleiben wollen, sondern die skandinavischen Länder als Ziel haben. Zum anderen sorgen sich viele um die Frage "schaffen wir das?" Da geht es weniger um die augenblickliche Lage, sondern um die Zukunft, denn die Aufgabe der Integration steht uns erst noch bevor. Da muss man immer deutlich sagen, sowohl den Bürgern hier als auch den Flüchtlingen: Bei uns zählt das Grundgesetz und nicht die Scharia oder irgendetwas anderes.

Nach wie vor appellieren auch Politiker an die Toleranz der Bevölkerung. Wie groß schätzen Sie die Toleranzreserven noch ein?

Rainer: Die Toleranz ist sehr groß und wird sicher noch eine Weile anhalten. Aber nicht ewig. Wir müssen dringend weiterarbeiten, auch nach dem nun beschlossenen Asylpaket, um die Toleranz der Menschen nicht überzustrapazieren.

Sie haben das Asylpaket angesprochen, was muss aus Ihrer Sicht noch folgen?

Rainer: Wir müssen weiter daran arbeiten, dass wir das Landgrenzenverfahren einführen können. Das bedeutet den Aufenthalt an den Grenzen in Transitzonen, die auch an den Grenzen eingerichtet werden. Momentan geht es auch nicht um solche Zonen im Landesinneren. Hier wird eine Vorauswahl getroffen: Wer könnte einen Asylanspruch haben und wer nicht. Wer den nicht hat, weil er zum Beispiel aus sicheren Herkunftsländern kommt, wird innerhalb kürzester Zeit zurückgeschickt. Das ist keine Inhaftierung. Wer Aussicht auf Asyl hat, kann weiterhin in Deutschland sein. Zudem müssen wir den Familiennachzug begrenzen. Das würde uns auf Dauer überfordern. Auch ansonsten sollte es keine Denkverbote geben. So sollte man prüfen, ob das Taschengeld in dieser Höhe gerechtfertigt ist, oder man noch mehr in Richtung Sachleistung gehen kann.

Können Sie sich dann auch die Schließung der Grenzen vorstellen?

Rainer: Das kann ich mir vorstellen. Zumindest über einen begrenzten Zeitraum wäre das sicher denkbar. Denn bei aller Hilfsbereitschaft müssen wir im Auge haben, dass wir die Leute, die hier ankommen ordentlich unterbringen und versorgen müssen. Aber auch die Bürger hierzulande dürfen wir nicht überfordern. Wobei ich weiterhin ein Gegner von Grenzzäunen bin. Aber als Option sollte man Grenzschließungen im Hinterkopf behalten.

"Im Kopf der Kanzlerin muss ein Umdenken stattfinden"


Bisher hat die Kanzlerin immer gesagt "wir schaffen das". Muss Angela Merkel nicht langsam Farbe bekennen wie das funktionieren soll?

Rainer: Bis jetzt schaffen wir es ja noch, weil wir unglaublich engagierte ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter haben. Aber ich denke, auch im Kopf der Kanzlerin muss ein Umdenken stattfinden. Wenn wir den Zustrom an Flüchtlingen verringern, werden wir es auch weiterhin schaffen. Aber mit dieser Masse geht es an die Belastungsgrenze.

Bisher sind Steuererhöhungen ausgeschlossen. Wir das aus Ihrer Sicht so bleiben?

Rainer: Derzeit befinden wir uns in einer wirtschaftlich sehr guten Situation. Wir haben Steuereinnahmen in Rekordhöhe. Als Mitglied des Haushaltsausschusses kann ich feststellen, wir sind gerade bei der Aufstellung des Etats für 2016. Trotz der großen Aufgaben ist in keiner Weise eine Steuererhöhung geplant und wir wollen den nächsten Haushalt auch ohne neue Schulden schaffen.

In den aktuellen Umfragen haben die Unionsparteien tendenziell verloren. Wie sehr sorgt Sie dieser wegbrechende Rückhalt in der Bevölkerung?

Rainer: Darüber macht man sich schon seine Gedanken. Auf Bundesebene sind CDU und CSU von bislang recht stabilen 42 bis 43 Prozent auf 37 Prozent gefallen. Vor allem muss man sich darüber Gedanken machen, wo diese verlorenen Stimmen dann hingehen. Die anderen Parteien im Bundestag sind nicht die Profiteure, sondern nur eine bestimmte Partei, die wir so alle nicht wollen.

Sie haben diese Partei jetzt nicht beim Namen genannt, Sie meinen aber die AfD. Wie kann man mit diesem Phänomen umgehen? Sie profitiert ja nicht von eigenen Inhalten, sondern der Politik der etablierten Parteien.

Rainer: Ihre Analyse stimmt. Bisher habe ich die mit Nichtbeachtung gestraft. Die Parolen dieser Partei sind in meinen Augen unmöglich. Aber man treibt der AfD leider die besorgten Wähler zu, die sich nicht mit all deren Inhalten und Personen auseinandergesetzt haben. Mit einem vorsichtigen Kurswechsel muss es jetzt darum gehen, die AfD wieder zurückzudrängen. Kein Mensch will sie in einem Parlament sitzen haben. Denn sie bietet keine Lösung und agiert nur mit reinem Populismus. Diese Partei ist nicht regierungsfähig, sondern schürt nur Angst.

CSU-Chef Horst Seehofer hat in den vergangenen Wochen die Politik der Bundesregierung hart angegriffen. Wie ist denn derzeit das Verhältnis von CDU und CSU?

Rainer: Ich kann keine großen Differenzen feststellen. Der eine oder andere CDU-Kollege hat schon mal gefragt: "Musste das denn so scharf sein?" Ich muss dann immer entgegenhalten, selbstverständlich steht es dem bayerischen Ministerpräsidenten zu, die Sorgen der Bayern zu schildern. Die CSU spricht eben die klarere Sprache. Immerhin hat Bayern derzeit die größte Last zu tragen. Das muss man auch klar und deutlich aussprechen.