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Im Land der Indianer und Trapper


Mein "Großvater" Albert Landstorfer und Heinz-Peter in meiner Volksfestkluft.

Mein "Großvater" Albert Landstorfer und Heinz-Peter in meiner Volksfestkluft.

Von Heinz-Peter Sagstetter

"Zum Volksfest 2009 bin ich wieder da", versprach ich meiner Familie und den Freunden, als wir uns am 21. August 2008 nach einem gemeinsamen Frühstück auf den Weg zum Flughafen in München machten. Erschöpft kam ich in Edmonton an, wo ich meine Gasteltern, Linda und Eldon Dumkee zum ersten Mal sah. Von Anfang an waren sie sehr freundlich und

immer hilfsbereit, so dass ich mich rasch wie daheim fühlte.

Lindas Vater, Albert Landstorfer, ein gebürtiger Further aus meinem Heimatdorf, wanderte in den späten Fünfzigern nach Kanada aus und er arrangierte auf Anfrage meiner Familie den einjährigen Aufenthalt bei seiner Tochter, die wie er in Wetaskiwin, einer Kleinstadt von der Größe Bogens, lebt. Er wurde in diesem Jahr zu meinem "Grandpa". Vom Flughafen wurde ich in einem Pick-up-Truck abgeholt. Es war das erste Mal, dass ich in so einem Gefährt saß! Der Kofferraum ist riesig!

Das Essen
Zum Essen kochten meine Gasteltern Linda und Eldon normalerweise sehr fleischreiche Gerichte oder es gab auch einfach nur Fastfood. Dies ist zwar nicht gesund, aber es geht schnell und macht keine Arbeit. Überhaupt sieht man viele Dinge lockerer als bei uns. Wenn gar keine Zeit zum Kochen zur Verfügung stand, gab es auch noch sehr viele zu empfehlende Restaurants wie Huckleberry, welches vorzügliche Ribs anbietet, und Boston Pizza. Albert überraschte mich manchmal, wenn er aus Edmonton frische Brezen und Weißwürste mitbrachte, damit ich die bayerische Küche nicht zu sehr vermisse.

Die Schule
In meinem Städtchen besuchte ich von September an die "Wetaskiwin Composite High-School", eine Art Gesamtschule, wo ich in kurzer Zeit genügend Freunde fand, so dass mir nicht langweilig wurde. Das kanadische Schulsystem ist mir um einiges leichter gefallen als unseres. Jedem Schüler ist selbst freigestellt, wie er seinen Stundenplan gestaltet, nur die Fächer Englisch, Mathe und Sozialkunde sowie ein naturwissenschaftliches Fach sind einmal im Jahr vorgeschrieben. Der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Fächer ist wählbar, wodurch eine intensivere Vorbereitung möglich ist. Auch Sport wird täglich angeboten und besteht nicht aus sinnloser Leichtathletik, sondern aus Mannschaftssportarten wie Fußball, Baseball oder Hockey, die die Schüler zusammenschweißen.

Die Landschaft
Die Prärielandschaft der Provinz Alberta ist sehr flach, aber von Ost nach West nahezu unmerklich ansteigend, bis sich weit im Westen die mächtigen Rocky Mountains erheben. Die Berge sind von weitem bereits sichtbar, doch es dauert immer noch zwei Fahrstunden, bis man sie erreicht. Albertas Landschaftsbild besteht aus großen Getreide- und Rapsfeldern. Manchmal sind kleine Seen und Baumgruppen eingestreut.

Der Winter
Der Herbst zeigte sich anfangs von seiner milden Seite, vergleichbar mit unserem Altweibersommer, bescherte nochmals herrliche warme Tage. Anfang November aber bedeckte eine Schneeschicht Alberta, die tiefe Minustemperaturen mit brachte. Da das Land nach Norden hin offen ist, können die arktischen Winde ungehindert hineinwehen. Sie sind ein Grund für das kalte, aber trockene Winterwetter. Zwischendurch gibt es mit dem Chinook, unserem Föhn vergleichbar, auch warme Wetterlagen, die den Schnee wegfressen und Plustemperaturen bringen. Trotzdem brach im Winter manches Auto zusammen bei Temperaturen bis zu -30 Grad.

Dies alles konnte auch positiv genutzt werden. Fast jedes Wochenende verbrachte ich mit Freunden beim Snowboarden auf einem der Hügel nahe dem Städtchen. Zweimal unternahmen wir einen Trip in die Rocky Mountains, vorbei an Calgary, zu dem Touristenort Banff. Der Ort ist berühmt für seine heißen Quellen und natürlich für seine wunderschöne Landschaft. Von Banff aus 20 Minuten entfernt liegt das Skiparadies Sunshine. Ein Skigebiet, das vier Berge umfasst mit zahlreichen Liften und haufenweise Pisten. Man sollte halt doch die Farbkategorien der Pisten kennen. Naiverweise fing ich mit schwarz an. Irgendwie kam ich schon unten an, meistens jedoch nicht balancierend auf dem Snowboard.

Aufgrund der niedrigen Temperaturen konnte man auch nachmittags noch Pulverschnee finden. Der kanadische Winter ist zäh und kommt immer wieder zurück. Den letzten Schneeeinbruch hatten wir am 21. Mai, als keiner mehr damit rechnete. Denn das ganze Wochenende verbrachten wir beim Campen und am letzten Tag hatten wir zu unserer Überraschung knapp zehn Zentimeter Neuschnee.

Eishockey in Kanada
Der kanadische Lieblingssport ist auf jeden Fall Eishockey, gefolgt von Football. Es treten sowohl kanadische Teams wie die der Provinzen gegeneinander an, um am Ende den Stanley Cup auszuspielen. Ich besuchte zwei Spiele der Edmonton Oilers, die dieses Jahr nicht so gut abschnitten. Das Spielfeld ist etwas kleiner als in unseren Stadien, dafür ist das Spiel schneller. Ein Match live anzuschauen ist fast so wie es im Fernsehen zu sehen. Das ganze Stadion ist mit komfortablen Sitzen ausgestattet und die Fans kleben an ihnen, bis ein Tor erzielt wird. Die Ticketpreise sind angemessen, aber Essen und Getränke sind überteuert. Leider war die Stimmung bei weitem nicht so gut wie bei den Straubing Tigers.

Die Zeit verging ziemlich schnell, und der Abschied fiel mir nicht leicht. Ich hatte es mit meiner Gastfamilie sehr gut getroffen, auch wenn ich mich gleichzeitig wieder auf zu Hause freute. Aber rechtzeitig zum Volksfestbeginn war ich wieder hier in Bayern.

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So präsentieren sich die Rocky Mountains im Winter.

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Kurz vor Ende seines Aufenthaltes flog Heinz-Peter nach Kewlona in der Nähe von Vancouver. Hier zeigt sich Kanada von seiner Schokoladenseite. Kaum zu glauben, aber hier gedeihen sogar Pfirsiche.

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Blick auf das größte kanadische Skigebiet in Banff