Halbzeit im Münchner Rathaus

CSU rechnet mit Grün-Rot ab

Zu wenig Sozialwohnungen, zu viel Träumerei beim ÖPNV - das ist die Halbzeitbilanz der Opposition. Auch neue Ideen bringt sie auf.


Von Christina Hertel

München - Zerstritten, planlos, zu ideologisch - das sind die Adjektive, mit denen die beiden CSU-Chefs Georg Eisenreich, Justizminister und der erste Mann im Münchner Bezirksverband, und Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, das Münchner Rathaus beschreiben.

Der Anlass für diese Abrechnung: Vor etwa drei Jahren taten sich Grüne und SPD nach der Kommunalwahl zusammen, um München zu regieren. Es ist also Halbzeit im Rathaus.

"Die Versprechen von Grün-Rot sind wie Seifenblasen zerplatzt", sagt Pretzl. Beispiele, bei denen es aus seiner Sicht besonders schlecht läuft, hat er deshalb zusammengetragen.

Problem 1: der Wohnungsbau. Im Koalitionsvertrag haben sich Grüne und SPD das Ziel gesetzt, dass jährlich 4000 geförderte Wohnungen fertig werden. 2021 wurden aber nur 1344 Sozialwohnungen gebaut. Das Problem wird sich verschärfen, glaubt Pretzl. Denn Baurecht wurde 2020 nur für 100 und 2021 nur für 228 Wohnungen geschaffen. Ohne Baurecht werden auch keine Wohnungen gebaut.

"Solche Zahlen kennen wir seit Jahrzehnten nicht", sagte Pretzl. Zum Vergleich: 2018 waren es noch rund 6900 Baurechtschaffungen. Schuld ist aus seiner Sicht die Reform der Sozialgerechten Bodennutzung (Sobon). Sie verpflichtet Bauträger, auch Sozialwohnungen zu bauen. Allerdings hätten Grüne und SPD die privaten Immobilienvertreter zuletzt nicht einbezogen. Das soll die Stadt nun nachholen. Die CSU schlägt einen Immobiliengipfel vor, bei dem alle relevanten Akteure zu Wort kommen. Außerdem soll die Stadt zur Sobon von 2017 zurückkehren, fordert die CSU.

Auch bei den eigenen Wohnungsbaugesellschaften hinkt die Stadt hinterher. Vorgenommen hat sich die Rathauskoalition, dass die Gesellschaften GWG und Gewofag ihre Zahlen von 1250 auf 2000 steigern. 2021 schafften sie aber nur 1252 neue Wohnungen. Die Fusion der Gesellschaften dürfe OB Dieter Reiter (SPD) nicht länger seiner Stellvertreterin überlassen, beantragt die CSU. Sie müsse Chefsache werden.

Unzufrieden ist die CSU mit dem Sozialreferat. Es sei überlastet, schilderte Pretzl. Er ist überzeugt, dass Kinder eine stärkere Lobby brauchen. Seine Forderung: ein neues Kinder- und Jugendreferat. Mehr Personal müsse die Stadt nicht einstellen, meint Pretzl. Dafür hätten die Anliegen von Kindern mehr Gewicht.

"Mehr Realismus" fordert die CSU beim Trambahn-Ausbau. Fünf neue Linien versprachen Grüne und SPD im Koalitionsvertrag, höchstens ein Abschnitt der Tram-Nordtangente nach Johanneskirchen werde 2025 fertig. Die CSU fordert deshalb, sich auf zwei Linien zu konzentrieren: die Tram-Y-Nord zur Bayernkaserne und die Tram nach Ramersdorf-Perlach.

Zurückstehen sollte laut CSU die Tram-Westtangente. Im Abschnitt vom Romanplatz bis zum Waldfriedhof könnte die Tram laut MVG zwischen 2025 und 2027 fahren. Doch eine Teilinbetriebnahme lehnt die CSU ab. Denn das bringe keinen verkehrlichen Nutzen, dafür jede Menge Nachteile, glaubt Pretzl: Parkplätze und Fahrspuren fallen weg. "Das ist eine reine Show-Tram", findet Pretzl.

Auch mit dem Dieselverbot rechnete die CSU ab. "Es ist ein Märchen, dass es zwingend war", sagte Justizminister Georg Eisenreich. Schließlich habe kein Gericht die Stadt dazu gezwungen, es sei eine politische Entscheidung gewesen.

Christina Hertel