Wirtschaft

Seltene Erden: Ein heiß begehrtes Gut

Sie werden für erstaunlich viele Dinge gebraucht und sind wichtige Rohstoffe: Seltene Erden. Was man über sie wissen sollte.


Hier werden Seltene Erden abgebaut: ein mit Löchern übersäter Steinbruch im Gebiet von Xinfeng im Osten von China.

Hier werden Seltene Erden abgebaut: ein mit Löchern übersäter Steinbruch im Gebiet von Xinfeng im Osten von China.

Von Martina Scheffler

Sie werden für erstaunlich viele Dinge gebraucht und sind wichtige Rohstoffe: Seltene Erden. Was man über sie wissen sollte

Im Januar ist ein Vorkommen an Seltenen Erden in Schweden entdeckt worden (AZ berichtete). Doch ist das wirklich eine bahnbrechende Entdeckung? Ein paar Fakten.

/ Was sind Seltene Erden eigentlich? Eine Gruppe von 15 verschiedenen Elementen, sagt Harald Elsner, Rohstoffexperte und Wirtschaftsgeologe an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover, der AZ.

/ Wofür werden Seltene Erden verwendet? 20 Prozent davon gingen 2020 laut Elsner in Katalysatoren, 29 Prozent werden für Magnete verwendet, die auch in Windkraftanlagen verwendet wurden. Je acht Prozent werden für Batterien und Legierungen verwendet, 14 Prozent für Poliermittel, acht Prozent als Glaszusatz etwa zum Ein- oder Entfärben. "Gerade bei der letztgenannten Anwendung ist Deutschland ein großer Kunde, weil man mit Hilfe von Seltenen Erden eisenreiche Quarzsande entfärben kann, damit sie wirklich farblos sind."

Auch für Leuchtmittel sind Seltene Erden wichtig. Was wohl fast jeder bei sich hat: "Das rote Leuchtmittel im Handy oder Computer verdanken wir Europium", sagt Elsner. Der Rest gehe etwa in Bereiche wie Spezialkeramik, Farbstoffe, medizinische Anwendungen und Laser.

/ Wo begegnen einem Seltene Erden am häufigsten? "Seltene Erden begegnen uns zum Beispiel auch im Auto, dort in Form von Magneten, die für die Sitzverstellung oder elektrische Fensterheber benötigt werden", sagt Elsner. Eine weitere Begegnung gibt's beim Tanken: "Die ganzen Treibstoffe, Benzin, Diesel werden hergestellt mit Hilfe von Seltenen Erden. Seltene Erden sind überall drin, sie sind sehr weit verbreitet."

/ Wo kommen die Seltenen Erden her, die hierzulande verwendet werden? 2021 hat Deutschland 5717 Tonnen Seltene Erden importiert. "Diese Menge setzt sich aus sehr vielen Einzelbestandteilen zusammen, das sind zum Großteil Chemikalien, aber auch Metallverbindungen, auch schon in Vormagnetform", sagt Elsner.

Dabei sei etwa Cer, das für Katalysatoren verwendet werde. "Das geht in Erdölraffinerien und zu chemischen Großbetrieben, etwa BASF." Ungefähr zwei Drittel kommen laut dem Wirtschaftsgeologen aus China. Außerdem beziehe Deutschland noch Material aus Estland. In Österreich gebe es einen bedeutenden Zwischenhändler, "der auch einen Großteil aus China bezieht". Auch aus Malaysia werde Material bezogen, von einer australischen Firma.

/ Kann man nach dem Fund in Schweden noch mehr Vorkommen in Europa vermuten? "Nach dem Preisanstieg 2011 haben praktisch alle Länder weltweit und alle Firmen gesucht, wo noch Seltene Erden liegen", sagt Elsner. "Ein kanadischer Kollege hat mitgezählt und kam auf 440 Vorkommen, die gefunden worden sind."

Es sei auch in Deutschland ein Vorkommen untersucht worden, in Storkwitz bei Delitzsch in Sachsen. Ein Vulkanschlot in etwa 500 Meter Tiefe. "So tief müsste in diesem Fall gebohrt werden, um in einem Bergwerk die Seltenen Erden abzubauen."

Allerdings seien die dort vorkommenden Konzentrationen und Mengen gering gewesen, so dass die dort aktive Firma die Untersuchungsrechte an das Oberbergamt in Sachsen zurückgegeben habe. "Seit der Zeit passiert in Deutschland in Bezug auf die Erkundung von Seltenen Erden wenig."

Es gab Elsner zufolge auch Untersuchungen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, dabei handele es sich aber um ganz geringe Mengen. Weitaus größere Vorkommen, und das sei schon lange bekannt, gebe es in Skandinavien, die größten in Grönland. Weltweit seien neben China Vorkommen auch in Russland, Kanada, Afrika und Australien bekannt.

/ War der Fund in Schweden eine Überraschung? Der Fund habe eher die Öffentlichkeit überrascht, sagt Elsner, aber nicht die Fachleute, die sich mit Seltenen Erden beschäftigen. Aus der Dominanz von China werde man sich dadurch nicht befreien. "Kurz- und mittelfristig hilft uns das leider nicht weiter."

/ Sind bestimmte Bedingungen für den Abbau nötig? Eine besondere Bodenbeschaffenheit für den Abbau ist nicht nötig. "Das kann auch ein Tiefbauunternehmen in München." Dann werden die Seltenerdmineralien abgetrennt, danach aus ihnen ein Seltenerdkonzentrat hergestellt.

Bei Aufbereitung der Seltenen Erden fallen zudem Uran und Thorium an. Sind die Seltenen Erden abgetrennt, hat man immer erst nur eine Mischform von den 15 verschiedenen Erden. Die müsse man danach hochrein trennen, "dass es wirklich fast reine Elemente sind". Dafür seien viele Zwischenstufen erforderlich. "Man redet über eine Milliarde Dollar, die benötigt wird - vom Bergwerk bis zum fertigen Produkt. Man braucht auch sehr viel Knowhow." Das sei bisher nur in wenigen Ländern vertreten, so zum Beispiel in Europa nur in Frankreich bei einer Firma.

"Das Knowhow für die Aufbereitung besonders der sogenannten Schweren Seltenen Erden liegt vollständig bei den Chinesen."

Dies sei der entscheidende Faktor für die Abhängigkeit von China, weniger die Zahl der Vorkommen.