Jung-Unternehmer bangen um Existenz

Coronavirus stürzt Start-ups in die Krise


V.l.: Bernd Storm van's Gravesande, Andreas Bruckschlögl und Felix Haas bei Bits and Pretzels. F

V.l.: Bernd Storm van's Gravesande, Andreas Bruckschlögl und Felix Haas bei Bits and Pretzels. F

Von Bernhard Lackner

Viele junge Gründer sind wegen Corona verunsichert - manche bangen um die Existenz, andere haben plötzlich riesige Aufträge.

München - Eigentlich sollten es gute Zeiten für "IDnow" sein. Die Firma, die es ermöglicht per Video die Identität bestätigen zu lassen (zum Beispiel bei der Eröffnung eines Bankkontos) hat plötzlich unglaublich viele Aufträge. Doch das ist nicht nur positiv.

"Sowas kann ein Start-up auch überfordern", erzählt Felix Haas. Der Münchner ist Mitgründer von "IDnow" und investiert in verschiedene Start-ups. Zusammen mit Andreas Bruckschlögl und Bernd Storm van's Gravesande leitet er die Münchner Start-up-Konferenz "Bits and Pretzels". In der AZ sprechen die drei über die Sorgen und Möglichkeiten von Start-ups in der Corona-Krise - und darüber, was sie sich von der Politik wünschen.

"Es wird auf jeden Fall eine Bereinigung geben"

"Es ist ein sehr einschneidendes Erlebnis für uns alle", sagt Bruckschlögl. "Ich hatte letzte Woche ein Dutzend Telefonate mit Start-ups, viele waren verunsichert", fügt Haas hinzu. Prinzipiell stünden die meisten Unternehmen gerade vor zwei sehr verschiedene Situationen. "Bei manchen geht es geschäftlich gerade rund", so Haas. "Bei anderen geht es um die Existenz." Dass sich in Zeiten von Ausgangssperren das Leben ins Internet verlagert, bringt manchen Start-ups plötzlich unerwartet große Aufträge. Doch wie soll man damit umgehen, wenn Mitarbeiter krankgeschrieben sind, unter Quarantäne stehen, und nicht genug Kapital zur Verfügung steht, um schnell zu expandieren?

Bei anderen Start-ups fällt plötzlich die gesamte Existenzgrundlage weg. Haas erzählt von einer Münchner Firma, die Campingwägen vermietet. "Das ist jetzt natürlich unmöglich." Wann das Geschäft wieder anlaufen kann, ist unklar.

Anders als große Unternehmen haben die meisten Start-ups kaum Rücklagen gebildet. "Viele haben nur wenige Monate Kapital auf der hohen Kante", sagt Haas. Storm van's Gravesande schätzt, dass viele Unternehmen in der Krise pleite gehen könnten: "Es wird auf jeden Fall eine Bereinigung geben."

Kann das Coronavirus auch Vorteile haben?

Dennoch - in manchen Bereichen könnten Start-ups in der Corona-Krise Vorteile haben: "Homeoffice ist für viele kein Neuland", sagt Storm van's Gravesande. Sich schnell auf neue Situationen einzustellen, läge für viele in der Natur. "In Deutschland braucht man oft lange, um sich umzustellen. Das ist manchmal auch gar nicht so schlecht. In der Krise muss man aber schnell reagieren", sagt Bruckschlögl.

Haas lobt vor allem die Kurzarbeitsmaßnahmen der Regierung. "Kurzarbeit ist für viele jetzt eine große Hilfe, sie ist eines der wichtigsten Instrumente für viele Start-ups." Das sei natürlich eine große Belastung für Mitarbeiter, die bei vielen Start-ups oft nicht viel verdienen. Doch es sei für viele der einzige Weg, die Krise zu überleben. Der Unternehmer würde sich dennoch wünschen, dass Hilfsmaßnahmen der Regierung auch verstärkt für kleine Firmen zur Verfügung gestellt würden.

Die Corona-Krise schweißt Start-ups zusammen

Weil Haas, Bruckschlögl und Storm van's Gravesande in letzter Zeit so viele Anfragen zu Corona erreicht haben, haben sie beschlossen, ein "virtuelles Frühstück" abzuhalten. Hier sollen sich Gründer besprechen können, es sollen häufig gestellte Fragen beantwortet werden (Zum Beispiel: "Wie beantrage ich Kurzarbeit?") und es werden verschiedene Experten sprechen, von Rennfahrer Nico Rosberg bis zu Start-up-Experte Frank Thelen.

"Wir wollen Mut machen. Wir wollen uns positiv aber nicht naiv austauschen", sagt Storm van's Gravesande. Das Interesse gerade in Krisen zusammenzuarbeiten sei groß: "Es ist beeindruckend, wie schnell sich die deutsche Start-up-Szene vernetzt hat", sagt Bruckschlögl. Die Krise sei für alle eine harte Herausforderung - da sei Solidarität besonders wichtig.

Das virtuelle Frühstück findet auf Englisch am Sonntag um 10 Uhr statt, Teilnahme kostenlos, Anmeldungen unter www.bitsandpretzels.com/virtualfoundersbreakfast