Jeder Tag zählt

Tischtennis-König Ovtcharov hat China im Fokus


Dimitrij Ovtcharov sicherte sich den EM-Titel.

Dimitrij Ovtcharov sicherte sich den EM-Titel.

Die Party von Dimitrij Ovtcharov nach dem grandiosen EM-Finale in Jekaterinburg verlief vergleichsweise verhalten. Mit Pizza, zwei, drei Bier und einer Runde für die Kollegen feierte der Tischtennis-Profi am späten Sonntagabend seinen zweiten Einzel-Titel im Mannschaftshotel - fünf Stunden später startete bereits der Rückflug von der Stadt am Ural über Moskau nach Düsseldorf.

Die besten Chinesen als Maßstab

"Am Dienstagnachmittag beginne ich wieder mit dem Training. Jeder Tag zählt", sagte Europas Bester. Sein Maßstab sind die besten Chinesen. "Und die arbeiten sauhart. Sie sind noch stärker", erklärte der Weltranglisten-Fünfte. Vor ihm liegen noch vier Chinesen, die er 2016 bei der Team-WM in Kuala Lumpur und bei Olympia in Rio angreifen möchte. "Ich habe dieses Jahr die EM, die European Games und das Europa-Top-Turnier gewonnen. Darauf bin ich stolz. Die Ambitionen sind aber höher", erklärte der ehrgeizige Angriffsspieler.

Bundestrainer Jörg Roßkopf gefällt Ovtcharovs Fähigkeit, sich total auf ein Ziel konzentrieren zu können. "Dima hat sein bestes Tischtennis im EM-Finale gezeigt. Das zeichnet einen Champion aus", sagte der Europameister von 1992. "Für mich ist er der beste Spieler Europas. Einer der wenigen, die ihn schlagen können, musste bei der EM wegen einer Knie-Operation passen", fügte der Coach mit dem Verweis auf den verletzten Rekord-Europameister Timo Boll hinzu.

Große Klappe, viel dahinter

Ovtcharov strotzte in Jekaterinburg vor Selbstvertrauen. Mehrfach erklärte er, dass es schwer sein würde, ihn zu schlagen, und dass er der beste Spieler des Turniers sei. Das könnte man auch als Überheblichkeit auslegen. Doch bei ihm steckt hinter einer großen Klappe auch viel dahinter. "Nach zwei Jahren Nummer eins in Europa kann ich solch ein Selbstbewusstsein wohl haben", argumentierte der Olympia-Dritte.

In 14 Partien war er stets der Gejagte, kein Jäger konnte ihn stellen, obwohl er mehrere knifflige Situationen überstehen musste. Der Österreicher Stefan Fegerl hatte einen Matchball gegen ihn. Der Portugiese Marcos Freitas zog im dritten Satz des Endspiels mit irrwitzigen Bällen auf 7:4 davon. Doch "Dima" konnte stets den Schalter nochmals umlegen. "Einige Spieler haben gegen mich über ihrem Level gespielt. Das will ich bei Olympia gegen die Chinesen auch probieren, dafür trainiere ich", erklärte Ovtcharov.

Tendenz zur Vertragsverlängerung

Bei der Abschluss-Pressekonferenz bedankte er sich im perfekten Russisch bei seinen russischen Fans für die Unterstützung. Der in Kiew geborene und in Hameln aufgewachsene Profi verdient beim Spitzenclub Fakel Orenburg in Russland gutes Geld. Er tendiert dazu, den im Sommer auslaufenden Vertrag zu verlängern. Einige Orenburger waren extra mit dem Flugzeug nach Jekaterinburg gejettet, um ihn anzufeuern. "Ich habe dem Verein schon einige Titel geschenkt, da können die auch mal was für mich tun", scherzte Ovtcharov - auf Deutsch.