AZ-Interview

Tennisstar Gojowczyk: "Djokovic? Da fehlen einem wirklich die Worte“


Peter Gojowczyk in Aktion bei der DTB-Turnierserie German Men's Series beim TC Großhesselohe am 9. Juni 2020.

Peter Gojowczyk in Aktion bei der DTB-Turnierserie German Men's Series beim TC Großhesselohe am 9. Juni 2020.

Von Agnes Kohtz

Münchens Tennis-Ass Gojowczyk spricht über das Adria-Tour-Desaster, Kochkünste und Yoga.

Der 30-jährige Peter Gojowczyk ist in Dachau geboren und derzeit die Nummer 125 der Tennisweltrangliste.

AZ: Herr Gojowczyk, Novak Djokovic, seine Adria-Tour und die positiven Corona-Befunde: Fällt Ihnen dazu noch etwas ein?
PETER GOJOWCZYK: (lacht) Da fehlen einem wirklich die Worte. Ich dachte mir: 'Wo sind wir denn eigentlich?' Mit Ballkindern, Linienrichtern, allem drum und dran. Die offizielle Genehmigung von den Behörden haben sie ja, glaube ich, bekommen, aber trotzdem... Als wäre nichts gewesen. Das ist schon ein bisschen traurig.

Am 2. März in Indian Wells haben Sie Ihr bislang letztes Match bestritten. Wie haben Sie den Lockdown erlebt?
Eine schwierige Zeit für alle. Aber für mich war es recht angenehm. Seit 14 Jahren mache ich den Job ununterbrochen: Reisen, Check-in, Flughafen, Hotel, Sport - und dann das komplette Gegenteil: Nur daheim sein, mal Zeit für andere Dinge haben. Ich habe zum Beispiel Inlineskaten für mich entdeckt. Und viel gekocht.

Ihr großes Hobby.
So viel gekocht habe ich schon lange nicht. Ich hab' meine Rezepte ein bisschen verbessert.

Wie sehr hat Ihnen Tennis gefehlt in der Zeit?
Das Problem war, dass man so gar kein Ziel hat. Warum trainiere ich dann? Da ist es echt schwer, sich zu motivieren. Aber jetzt ist ja Gott sei Dank wieder ein Ziel da, auch dank der DTB-Turnierserie, bei der ich hier auf der Anlage des TC Großhesselohe mitspiele und Matchpraxis sammele.

SV Haimhausen: Trainerstunden mit Peter Gojowczyk buchbar

Patrik Kühnen hat sich in Niederösterreich auf einem Supermarkt-Parkplatz eine Wand gesucht, um zumindest ein paar Bälle zu schlagen.
Die erste Zeit habe ich gar nichts gemacht, außer mich körperlich fit zu halten. Irgendwann mag man aber wieder spielen, und dann hat mir mein Papa so ein Tennisnetz aus Holz gebaut, und wir haben auf der Straße gespielt, Kleinfeld, Rundlauf, alles. Das war super. Damit man wenigstens ein bisschen das Gefühl hatte, Tennis zu spielen. Ganz ohne geht's halt auch nicht.

Seit kurzem kann man unter tennismitpeter@gmail.com Trainerstunden mit der Nummer 125 der Welt buchen - beim SV Haimhausen, richtig?
Ich will nicht acht Stunden am Tag Kurse geben, aber das ist bei mir ums Eck, und ich bin echt happy, wenn Anfragen reinkommen. Ich finde das witzig, dachte mir in dieser Corona-Zeit: 'Wo hat man schon die Chance, mit einem wie mir zu spielen?' Es wird auch ganz gut angenommen. Ein 16-Jähriger hat so ein Bewerbungsschreiben gemacht - und war ganz erstaunt, dass er genommen wird. Süß, oder?

Von Haimhausen wird es im August dann in die USA gehen: Washington, New York.
Ich hoffe, dass ich da reinrutsche. Letztes Jahr habe ich in Washington Halbfinale gespielt. Bei den ersten zwei Turnieren gibt es Qualis, bei den US Open ja nicht. Das Ranking, das ich habe, ist etwas kniffelig: schwer einzuschätzen, ob ich ins Feld reinkomme oder nicht. Und das, ohne vorab ein einziges Wettkampfmatch auf Hardcourt gespielt zu haben.

Außer den drei US-Turnieren sind nur noch vier weitere Turniere in Europa geplant.
Ich hoffe, dass es Challenger geben wird. Gerade die in der Weltrangliste weiter hinten Platzierten so wie ich mit Rang 125 haben überhaupt keine Turniere. Wie sollen die Geld verdienen? Trainer, Physiotherapeut, Fitnesstrainer bezahlen? Ich habe zum Glück meine Sponsoren, die mir treu sind.

Vor zwei Jahren waren Sie die Nummer 39 der Welt - dabei spielen Sie jetzt nicht wirklich schlechter Tennis, oder?
Es sind Nuancen. Ob man körperlich fit ist, welche Turniere man spielt, ob der Rücken mal zwickt. Ich mache jetzt Yoga, was mir sehr guttut, in der Vorbereitung und auch abends. Am Anfang habe ich mich geweigert: 'Das ist doch so ein Frauen-Ding.' Aber jetzt muss ich sagen: Für meine Muskulatur ist es echt gut.

Sie werden 31, denkt man in diesen Zeiten daran, mal was ganz Anderes zu machen?
Erst mal möchte ich das noch durchziehen. Vielleicht ist das mit dem Tennisstunden-Geben was für nach der Karriere. Schon lustig, was da für Leute kommen. Eine Schweizerin wollte genau wissen, wie es mit dem Roger Federer so ist, wenn man gegen den spielt. Schön, dass die Leute die Geschichten auch wertschätzen.

Lesen Sie auch: "Was anderes als Tennisbälle im Kopf?" - Ton wird schärfer