Niki Lauda wird 70

Sieben Leben: Die bewegte Geschichte der Formel-1-Legende


Wie man ihn kennt: Der Blick geht bei Niki Lauda auch nach vielen Schicksalsschlägen immer nach vorne.

Wie man ihn kennt: Der Blick geht bei Niki Lauda auch nach vielen Schicksalsschlägen immer nach vorne.

Von Bernhard Lackner

Er ging durch die Flammenhölle - und wurde dreimal Formel-1-Weltmeister. Trotz dreier Spenderorgane und einigen Operationen kämpft Niki Lauda erneut ums Comeback. Am Freitag wird die Rennlegende 70 Jahre alt.

Die ganz große Party wird Niki Lauda trotz seines runden Geburtstages wohl nicht feiern. Dafür ist die ehemalige Formel-1-Legende viel zu beschäftigt. Er arbeitet mal wieder an einem Comeback. Nach einer Lungentransplantation im Sommer 2018 steht Rehabilitation auf dem Programm. Aber immerhin: "Es geht bergauf. Er ist hart am Arbeiten", sagte sein Sohn Mathias Lauda vor dem 70. Geburtstag des Vaters. "Er kämpft wie ein Löwe."

Dass da fürs Feiern wenig Zeit bleibt, ist kein Problem, meint der einstige Fahrerkollege und Wegbegleiter Hans Joachim Stuck. "Der Niki hat nie rasende Feste gefeiert", sagte der deutsche Ex-Formel-1-Pilot der AZ. "Er brauchte den Trubel nicht, auch keine Beachtung, die hat er sowieso immer genossen."

Dabei hätte kaum einer so viel Anlass, das Leben zu feiern, wie Lauda. Schließlich hatte er schon dem Tod ins Auge geblickt. 55 schreckliche Sekunden lang. Sein Ferrari wurde zur Falle an diesem 1. August 1976 am Nürburgring, 800 Grad Hitze umschlossen ihn, das Auto begann zu schmelzen, Dämpfe verätzten seine Lunge.

"Ich kam damals an den Unfallort, als es schon passiert war", erinnerte sich Stuck. "Hubert Ertl und Arturo Merzario hatten Niki da schon aus dem Auto gezogen. Da war er eigentlich noch gut ansprechbar, es sah ja alles gar nicht so schlimm aus." Auf Stucks Anweisung fuhr der Rettungswagen damals nicht die vorgesehene Strecke, sondern entgegen der Rennrichtung zur nächsten Ausfahrt. So kam Lauda deutlich schneller ins Krankenhaus, "was ja auch gut war, so konnte man schneller mit dem Absaugen der Lunge beginnen", sagte Stuck.

Stuck: "Lauda ist nicht immer nur auf Gegenliebe gestoßen"

Es war eine Ironie des Schicksals, dass es ausgerechnet Lauda an diesem schwülen Sommertag erwischte. "Da gab es ja eine Vorgeschichte", erzählt Stuck. "Das Thema Sicherheit kochte schon seit Wochen. Und Niki hat sich immer besonders für uns Fahrer stark gemacht. Damit ist er natürlich nicht immer nur auf Gegenliebe gestoßen." Einige Piloten waren dagegen, am Nürburgring anzutreten, weil er eben nicht mehr den neuesten Sicherheitsstandards entsprach. "Und Niki war da einer der Rädelsführer", erzählte Stuck: "Aber die Teamchefs haben klar gesagt, wenn ihr nicht fahrt, schmeißen wir euch raus. So war das damals eben."

Aber Lauda war nicht unterzukriegen. Nur 42 Tage nach der Flammenhölle zwängte er sich wieder in den Rennwagen. Das Gesicht entstellt, der Kopf blutig. "Da hatte keiner von uns gedacht, dass er das schafft", sagte Stuck: "Aber man sieht einfach, mit welchem Enthusiasmus er alles angeht." Fast hätte Lauda sogar noch seinen WM-Titel aus dem Vorjahr verteidigt.

Beim letzten Saisonrennen in Fuji aber steuerte er seinen Ferrari im monsunartigen Regen freiwillig an die Box und überließ seinem britischen Rivalen James Hunt den Titel. "Ich wollte mich nicht ein zweites Mal umbringen", sagte er später.

Sein größter Sieg sei es schließlich gewesen, die Formel 1 überlebt zu haben, sagte Lauda einmal. Und in der Tat war der Tod ständiger Begleiter, als Lauda und Stuck Rennen fuhren. "Wir waren getrieben von dem Wahnsinn, den wir selbst gemacht haben. Beinahe in jedem Jahr ist einer von uns gestorben", sagte Lauda einmal.

Lauda entkam dem Wahnsinn - als dreimaliger Weltmeister. Als Stehaufmännchen galt er schon immer, als Kämpfer, der sich seine Triumphe hart erarbeitet hat. Er hatte nie das Talent eines Ayrton Senna oder das Charisma eines James Hunt. Aber aufgeben gab es für Lauda nicht. Er tüftelte an seinen Wagen, trieb seine Mechaniker in den Wahnsinn - und holte so mehr heraus als alle anderen.

Lauda: "Wenn schlimme Dinge passieren, musst du dir neue Ziele setzen"

Nur dank dieser Mentalität überstand er weitere Schicksalsschläge. Wie den Absturz von Lauda-Air-Flug 004. Damals, 1991, verunglückte eine der Maschinen seiner eigenen Fluggesellschaft in Thailand - es gab 223 Todesopfer. Andere wären daran zerbrochen. "Aber der Niki hat sich damals reingekniet", erzählt Stuck, "bis er herausgefunden hat, dass kein Pilotenfehler, sondern ein technisches Problem Schuld an dem Absturz war." Letztlich, meint Stuck, habe die "Akribie, diese Verbissenheit" dazu geführt, "dass Lauda vielleicht vielen anderen Passagieren danach das Leben gerettet hat".

Und Lauda kämpft immer weiter. Durch die vielen Medikamente, die er infolge des Unfalls einnehmen musste, begannen seine Organe zu versagen. 1995 spendete ihm sein Bruder die erste Niere, 1997 seine damalige Frau die zweite. Trotzdem kehrte er in die Formel 1 zurück, war Experte beim TV-Sender RTL, Teamchef des damaligen Jaguar-Rennstalls oder Aufsichtsratschef bei Mercedes. "Alles, was er gemacht hat, hat er 1000-prozentig gemacht, das ist eben seine Art", sagt Stuck.

Vielleicht waren es ein paar Prozent zu viel. Im vergangenen Sommer machte Laudas Lunge nach einer Erkältung nicht mehr mit, es folgte eine Lungentransplantation, von der er sich nun langsam wieder erholt. Kurz vorher war er erst wieder ins Luftfahrtgeschäft eingestiegen. Bei Mercedes hält er immer noch Anteile. Lauda scheint unkaputtbar, wie eine Katze, von der man sagt, sie hätte sieben Leben. "Aber ich habe ihm auch geschrieben", sagt Stuck, "er soll jetzt mal ein bisschen auf sich aufpassen. Wir brauchen ihn ja noch."

Unwahrscheinlich, dass Lauda diesen Ratschlag berücksichtigt. "Wenn schlimme Dinge passieren, musst du dir neue Ziele setzen", sagte er. Das Stehaufmännchen hat auch mit bald 70 Jahren noch nicht genug. Nur große Feste, die wird er wohl nie feiern.