Ski-WM in Are

Die Uhr tickt: Felix' letzte Chance auf eine WM-Medaille


Viel Zeit für Erfolge hat Felix Neureuther nicht mehr, Are ist seine letzte WM.

Viel Zeit für Erfolge hat Felix Neureuther nicht mehr, Are ist seine letzte WM.

Von André Wagner

Felix Neureuther steht am Sonntag vor seinem vielleicht letzten großen Rennen: dem WM-Slalom. Danach will er noch die Weltcupsaison zu Ende fahren und dann bekannt geben, ob es mit dem Rennläufer Neureuther weitergeht.

München/Are - Wie eine WM-Medaille in Are ausschaut, das weiß Felix Neureuther auf jeden Fall schon mal, spätestens seit Donnerstagabend. Da schaute am Tisch im Party-Haus "Tirolberg", an dem er mit seiner Frau Miriam, Mutter Rosi und Vater Christian saß, eine vergnügte Viktoria Rebensburg vorbei. Felix Neureuther umarmte die Vicky, die ihr Silber längst mit erkennbarer Freude um den Hals trug, sekundenlang so fest, als wolle er auch die Medaille festhalten, die er sich am Sonntag selbst so gerne um den Hals hängen würde. Ganz egal, ob Gold, Silber oder Bronze. Es könnte die letzte Chance sein.

Der Garmischer steht am Sonntag vor seinem vielleicht letzten großen Rennen: dem WM-Slalom. Danach will er noch die Weltcupsaison zu Ende fahren und dann bekannt geben, ob es mit dem Rennläufer Neureuther weitergeht. Tendenz: eher nicht so. Könnte also sein, dass er in Are das letzte Mal die Skier anschnallt.

Neureuther ist ein emotionaler Mensch, nah am Wasser gebaut, wie unlängst in Schladming zu sehen war, als er sich, sichtlich gerührt vom Jubel der 50.000 Österreicher, mehr oder weniger verabschiedet hatte. Und sollte ihm bei der WM tatsächlich nochmal eine Fahrt aufs Podest glücken, könnte es auch ganz schnell vorbei sein.

"In Are müsste noch eine Medaille liegen"

Derzeit will er diese Gedanken aber erst gar nicht an sich heranlassen, spricht lieber über den schwedischen WM-Ort: "Der hat Flair", sagt er, "die Menschen sind alle extrem entspannt." Seine Erinnerungen an Are? Geht so: "2007 lag ich im WM-Slalom nach dem ersten Durchgang auf Medaillenkurs, ehe ich im Finale leider eingefädelt habe." Irgendwo, scherzt er jetzt, müsste ja auch noch so eine Medaille "im Schnee liegen", die er vor zwölf Jahren weggeschmissen hatte.

Doch auch wenn sich Neureuther jetzt wieder "als Athlet und nicht mehr als fahrendes Wrack" fühlt: Nie scheint er beim Kampf um die drei Hauptpreise so chancenlos gewesen zu sein wie diesmal. Der Kreuzbandriss im November 2017, danach Daumenbruch und Schleudertrauma - wegen der vielen Trainingspausen ist Neureuther auf dem Weg nach Are arg in Verzug geraten. Er hat deshalb einen Notfallplan entwickelt: Für sein wohl letztes Medaillenrennen greift er zurück auf altbewährtes Material, weil ihm die Zeit zum Ausprobieren des neuen davongerannt ist.

Auf der atemlosen Suche nach dem "jungen alten Neureuther" ist der 34-Jährige im Training allerdings nicht recht weitergekommen. Am Donnerstag hat es ihn bei einem Sturz sogar derart heftig "aufgestellt", dass Beobachter am Rande der Piste erschrocken zusammenzuckten. Kurz darauf knallte sich der verärgerte Neureuther beim Beladen seines Autos auch noch den Kofferraumdeckel auf den Kopf - Beule. "Nicht mein Tag", sagte er mit einem Seufzer, leicht fatalistisch ergänzte er: "Ich sperr' mich besser bis Sonntag im Zimmer ein."

Neureuther will "ein Wörtchen mitreden"

Doch die Gedanken dürften immer um diese eine Sache kreisen: eine Medaille. Eine noch. Are 2019 ist die neunte WM für Neureuther nach dem Debüt 2003 in St. Moritz. Er hat seitdem Gold gewonnen (2005 mit der Mannschaft), er ist aber ein paar Mal zum Teil grandios gescheitert beim Versuch, eine Einzelmedaille zu gewinnen. Erst in Schladming 2013 gelang mit Silber (plus Mannschafts-Bronze) der Durchbruch, gefolgt von Bronze 2015 in Beaver Creek und Bronze 2017 in St. Moritz.

Im Gegensatz zu den Olympischen Winterspielen, bei denen er bislang stets leer ausging, liegen dem 34-Jährigen ganz offensichtlich Weltmeisterschaften eher. Auch heuer? "Favoriten sind sicher die anderen, aber ein Wörtchen mitreden will ich schon", versichert Neureuther. "Man kann schon noch ein Stück weit mit mir rechnen."

Aber eben: nur ein Stück weit. Und wohl auch nicht mehr lange. Die Uhr tickt.