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Bruderkampf: Travis Kelce gegen Jason Kelce im Super Bowl

Erstmals in der NFL-Geschichte stehen sich in einem Super Bowl zwei Brüder gegenüber. Travis Kelce,Star der Kansas City Chiefs, trifft auf Jason Kelceund die Philadelphia Eagles: "Es ist irgendwie krank."


Trikottausch: Kansas-City-Star Travis Kelce (l.) und Bruder Jason von den Eagles - jeweils mit dem Jersey des Bruders.

Trikottausch: Kansas-City-Star Travis Kelce (l.) und Bruder Jason von den Eagles - jeweils mit dem Jersey des Bruders.

Von Matthias Kerber

Geschrei, Schläge, Wutanfälle, blaue Flecken und Augen, kaputte Fensterscheiben - so sah er fast aus, der Alltag im Hause Kelce in Cleveland Heights in Ohio. Jason und der genau 23 Monate später geborene Travis, die Söhne von Ed, einem Stahlarbeiter, und Donna, einer Bankangestellten, zofften sich stetig und gewaltig.

"Ich erinnere mich an sehr viele Streitereien, sehr viele Prügeleien zwischen den beiden. Sie waren bei jeder Gelegenheit im Wettkampf miteinander. Jeder Anlass - egal wie belanglos - wurde ausgelassen, zum Kräftemessen genutzt. Beide wollten immer gewinnen, beide konnten nicht verlieren. Und wann immer einer verlor, hat er seinen Frust am anderen ausgelassen", sagt Donna.

In der Nacht auf Montag wird einer verlieren - und der andere gewinnen. Dann stehen sich die Streithansl-Brüder im Super Bowl (ab 22.25 Uhr, ProSieben) in Glendale gegenüber. Noch nie in der Geschichte der NFL standen sich im größten Football-Spiel des Jahres zwei Brüder gegenüber. Jason (35) ist Center bei den Philadelphia Eagles, Trevis ist einer der Superstars der Kansas City Chiefs, viele sehen in ihm den vielleicht besten Tight End aller Zeiten. "Im Halbfinale gegen Cincinnati hatte ich drei Stunden das Trikot der Chiefs an, damit war meine Fanphase aber beendet", sagt Jason, "jetzt geht es nur noch um die Eagles - und den Sieg."

Was es bedeutet, diesen Sieg zu holen, wissen beide genau. Jason war 2018 mit den Eagles im Super Bowl erfolgreich, zwei Jahre später machte es ihm - wie so oft zuvor - sein Bruder nach, er triumphierte mit Kansas City. "Selber zu gewinnen, ist das größte überhaupt. Aber zuzusehen, wie der kleine Bruder es auch schafft, war vielleicht emotional sogar noch erfüllender", sagte Jason.

Er, der große Bruder, der immer ein wachsames Auge auf und eine schützende Hand über seinem Bruder hatte. "Er konnte einem als Kind schon sehr auf den Sack gehen. Er hat immer alles dafür getan, damit er am Ende gewinnt. Ich war sicher irgendwo sein Vorbild, nur hat er das sehr gut verstecken können", sagt Jason lachend. Und Mama Donna meinte: "Trevis war eigentlich immer der, der den Streit angefangen hat, er buhlte immer und mit allen Mitteln um Jasons Aufmerksamkeit."

"Der große Bruder
hat mich gerettet"

Beide spielten zusammen an der Universität in Cincinnati Football. Jason, der etwas zu klein geratene Offensive-Lineman, und der extrem athletische Travis, dem die Football-Welt schon damals fast zu Füßen lag.

Weil Travis es aber mit Regeln nie so richtig ernst nahm, wäre seine Karriere fast vorbeigewesen, bevor sie richtig gewonnen hatte. Wenn es da nicht den großen Bruder gegeben hätte. Travis wurde suspendiert und aus dem Team geworfen, weil er in einem Test auf illegale Substanzen (wohl Marihuana) durchfiel. Auch der Rauswurf von der Uni stand im Raum.

Doch Jason nahm den kleinen Bruder unter seine Fittiche, er holte ihn zu sich ins Haus "um ihn unter Kontrolle zu kriegen". Er redete solange auf den Coach ein, bis Travis wieder spielen durfte. "Ich weiß bis heute nicht, wie er das gemacht hat, was er ihm gesagt hat. Aber er hat es geschafft, der große Bruder hat mich gerettet", sagte Travis: "Er ist mein Held."

Den er besonders ehrt. Mit seiner Rückennummer 87, die Travis immer getragen hat. "Es ist das Geburtsjahr meines Bruders: 1987. Damit fing die Erfolgsgeschichte der Kelces an. Ich glaube nicht, dass ich ohne ihn so erfolgreich wäre", sagte Travis: "Es ist traurig und irgendwie krank, dass der Traum, zusammen im Super Bowl zu stehen, wahr wurde, aber einer der Verlierer sein muss. Aber egal, wer verliert, er wird sich auf jeden Fall für den anderen freuen." Brüder eben.