Heftige Kritik am DFL-Konzept

Vieles spricht gegen eine Fan-Rückkehr in der Bundesliga


Keine Studie, keine Fans! Professor Fritz Sörgel sieht den DFL-Plan zu einer Rückkehr der Zuschauer in die Stadien kritisch.

Keine Studie, keine Fans! Professor Fritz Sörgel sieht den DFL-Plan zu einer Rückkehr der Zuschauer in die Stadien kritisch.

Von Tabitha Nagy

Am DFL-Konzept für eine Rückkehr der Zuschauer gibt es heftige Kritik: Wissenschaftler bemängeln die fehlenden Untersuchungen, die Anhänger fühlen sich bevormundet - und auch die Politik ist skeptisch.

München - Als die Corona-Pandemie im Frühjahr den Spielbetrieb auf Eis legte, arbeitete die Deutsche Fußball Liga (DFL) unter Hochdruck an einem Hygienekonzept - und das zahlte sich aus. Die Politiker waren angetan von der Strategie der DFL und segneten die Pläne zur Wiederaufnahme ab, als erste große Liga in Europa legte die Bundesliga wieder los.

Das 51-seitige Papier wurde für viele Ligen und Sportverbände in Europa und der Welt gar zur Blaupause für die eigenen Re-Start-Pläne. Made in Germany!

Einen ähnlichen Verlauf erhofft sich der Profifußball nun auch in der Debatte um die Rückkehr der Fans. Um mit einem bestmöglichen Konzept vorbereitet zu sein, werden die Vertreter der 36 Klubs am Dienstag bei einer virtuellen Mitgliederversammlung deshalb Leitplanken für Spiele mit Publikum setzen.

Nachdem die DFL bereits Mitte Juli einen ersten Leitfaden verschickt hatte, wird nun explizit über vier Punkte abgestimmt, die das Präsidium erarbeitet hat: Keine Gästefans bis Jahresende, kein Alkohol bis mindestens 31. Oktober, keine Stehplätze bis 31. Oktober und eine Nachverfolgung möglicher Infektionen. Das ist die Antwort der DFL auf die wichtige Fan-Frage.

Musikszene: Untersuchung des Risikos von Hallen-Veranstaltungen

Zahlreiche Experten, darunter der Nürnberger Professor Fritz Sörgel, begrüßen grundsätzlich diesen Maßnahmenkatalog, allerdings gibt es laut dem bekannten Pharmakologen einen gewaltigen Haken. Dem Konzept fehle, so Sörgel, schlichtweg die wissenschaftliche Grundlage, sprich eine Untersuchung über die Risiken einer Rückkehr der Fans in die Stadien. Gerade auch mit Blick auf die "schwierigen Bedingungen im Herbst", wenn sinkende Temperaturen das Infektionsrisiko erhöhen könnten.

Zeit hätte die DFL dafür genug gehabt, schließlich hatte Sörgel bereits in einem AZ-Interview Anfang April auf die Notwendigkeit solch einer Studie hingewiesen. Warum DFL-Boss Christian Seifert und Co. so eine Untersuchung nicht schon längst in Auftrag gegeben haben, ist Sörgel unerklärlich. Zumal andere Branchen - und auch solche, die weitaus weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen - längst reagiert haben.

In der Musikszene wird gerade mittels einer großangelegten Studie der Universität Leipzig das Risiko von Hallen-Veranstaltungen analysiert. Rund eine Million Euro kostet das Verfahren. Für den Fußball, so schätzt Sörgel, könnten die Kosten locker auf das Zehnfache ansteigen, aber selbst solche Summen sollten für die milliardenschwere Bundesliga ja eigentlich kein Problem sein. Oder, wie es Sörgel formuliert: "Dass ausgerechnet die DFL, die finanziell am besten aufgestellte Organisation im Sport- und Unterhaltungswesen in Deutschland, keine eigene Studie entwickelt hat, ist inakzeptabel."

DFL-Pläne: Politik und Fans nicht überzeugt

Gegenwind erhalten die DFL-Pläne auch von Fan-Seite. Die Anhänger fühlen sich mit Blick auf die Maßnahmen von den Fußball-Bossen teilweise bevormundet und nicht wertgeschätzt. Vor allem das Verbot von Gästefans und Alkohol sorgt für Ärger und Frust.

"Es darf zu keiner Ungleichbehandlung von Fans kommen, weshalb wir uns für die Zulassung von Gästefans aussprechen", heißt es zum Beispiel im Manifest der neugegründeten Fan-Organisation "Unsere Kurve". Und weiter: "Wenn man Gästefans, Alkohol und Stehplätze verbieten will, zeugt das von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber Fußballfans."

Schwerer wiegt für die DFL, dass auch die Politik nicht sonderlich von dem neuen Konzept überzeugt scheint. "Geisterspiele ja, Stadien mit 25.000 Zuschauern halte ich aber für sehr schwer vorstellbar", hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gerade erst in einem "BamS"-Interview erklärt.

Er bezweifle auch, dass bei der nächsten Gesprächsrunde von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten im August überhaupt "weitere Lockerungen beschlossen werden. Daher bin ich auch als Fußballfan sehr skeptisch zum Start der Bundesliga". Da ist er nicht der Einzige.

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